: 50 Jahre Punkte sammeln in Flensburg

von Winnie Heescher
30.04.2024 | 09:47 Uhr
Das Verkehrszentralregister in Flensburg, bekannt als Verkehrssünderkartei, wird nicht geliebt, aber akzeptiert. Es steht für Staat und Strenge - und birgt so einige Geschichten.

Als Reaktion auf Zehntausende Verkehrstote wurden die Flensburger Punkte für Verkehrssünder eingeführt. Die Zahl sank: im letzten Jahr starben rund 2830 Menschen im Straßenverkehr.

01.05.2024 | 01:35 min
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort "Flensburg" hören? Fischbrötchen? Pils? Beate Uhse? Die meisten Menschen sagen: Punkte!
Bei Rot über die Ampel fahren, anderen die Vorfahrt nehmen, zu sehr aufs Gas treten - all das wird seit 50 Jahren mit Punkten bestraft, die es in Wahrheit nur virtuell gibt, aber irgendwie mussten die Verkehrsvergehen gezählt werden, die nicht nur bekommt, wer motorisiert fährt. Auch wer mit Rad, Pferd oder zu Fuß gegen Verkehrsregeln verstößt, kann Punkte sammeln.

Verkehrszentralregister: 10 Millionen registrierte Verstöße

Die Statistik des Amtes zeigt: Flensburg ist vor allem ein Thema für Männer. "Ich würde nicht bewerten, wer besser Auto fährt", sagt Stephan Immen, Pressesprecher des Kraftfahrt-Bundesamtes diplomatisch.

Am 1. Mai 1974 wurde in Deutschland das sogenannte "Mehrfachtäter-Punktesystem" eingeführt.

30.04.2024 | 01:52 min
Wir haben bei zehn Millionen Registrierten 75 Prozent Männer und 25 Prozent Frauen.
Stephan Immen, Pressesprecher des Kraftfahrt-Bundesamtes
Platz Nummer 1 der Delikte: Geschwindigkeitsverstöße. Platz Nummer 2: Bei Männer Alkohol und bei Frauen Verstoß gegen Vorfahrtsregeln. Früher waren es 18 Punkte bis zum Führerschein-Entzug, heute sind es 8, aber zu Beginn wurden auch mehr Verstöße mit Punkten geahndet, was heute ein Bußgeld ist.

Die EU will einheitliche Führerschein-Regeln einführen. Der lang debattierte Eignungstest im Alter ist von den EU-Staaten abgelehnt worden. Eine Selbstauskunft soll genügen.

04.12.2023 | 01:31 min

Punkte in Flensburg als Reaktion auf vermehrte Verkehrsunfälle

Seit 1958 hat die Behörde ihren Sitz im Norden, seitdem gibt es das Verkehrszentralregister, auch "Verkehrssünderkartei" genannt. Am 1. Mai 1974 wurde das Punktesystem eingeführt. Aus einem traurigen Grund: Ziemlich ungebremst waren in der Bundesrepublik die Zahl der PKW-Zulassungen gestiegen.
Das Auto galt schon in Wirtschaftswunderzeiten als das Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit und es machte die Deutschen mobil. Nur nahmen damit auch die Verkehrsunfälle zu.
1950 gab es ungefähr 6.000 Verkehrstote auf deutschen Straßen, zu Beginn der 70er Jahre waren es mehr als 21.000. Auch deshalb wurden 1971 Rettungsdienste und Rettungshubschrauber zugelassen, damit Verletzte schneller versorgt werden konnten. 1974 folgte das Punktesystem.

Mehr als 40 Prozent der Fahrschüler fallen bundesweit durch. Neben der Durchfallquote ist auch die Unfallgefahr durch Fahranfänger hoch.

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"Freie Fahrt für freie Bürger" - Aufschrei der Auto-Lobby

All das über die Jahre begleitet vom Aufschrei der Auto-Lobby, die nach dem Motto "freie Fahrt für freie Bürger" gegen das Verkehrszentralregister agitierte. Es gefiel vielen nicht, dass Berufskraftfahrer und sogenannte "Sonntagsfahrer" gleichbehandelt werden sollten. Der ADAC legte sogar Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, allerdings vergebens.
"Natürlich hat das damals die Frage aufgeworfen, ob man so pauschal alles über einen Kamm scheren kann und sagen kann, bei damals 18 Punkten ist jemand ungeeignet", sagt Dr. Markus Schäpe, Leiter der Juristischen Abteilung des ADAC. "Der Gesetzgeber hat nachgebessert und hat für Sonderfälle Ausnahmen ermöglicht."
Im vergangenen Jahr starben 2700 Menschen im Straßenverkehr, immer noch zu viele, aber im Vergleich zu den 70ern hat auch das Punktesystem eine Verbesserung bewirkt.

Eine Auffahrt falsch abgebogen mit dramatischen Folgen: Geisterfahrer sind auf der Autobahn in die falsche Richtung unterwegs und enden oft tödlich. Ein hoher Anteil der Fahrer sind laut einer aktuellen Studie über 75 Jahre alt.

23.08.2023 | 02:01 min

Punktestand kann digital oder vor Ort in Flensburg erfragt werden

Nur wie wird man die Punkte wieder los? Entweder sie verfallen oder man macht ein Fahreignungsseminar. Kriminelle kaufen Punkte auch auf - bis heute eine gesetzliche Lücke in Deutschland. Ab und an versuchen es Menschen auch direkt bei der Behörde:
Es kam ein älterer Herr in Tracht in unseren Service-Pavillon. Er hatte ein Beutelchen dabei und hat die Mitarbeiterin am Counter gebeten, ihm da seine Punkte reinzufüllen, er wollte sie mitnehmen.
Stephan Immen, Pressesprecher des Kraftfahrt-Bundesamtes
Wer wissen will, wie viel Punkte in Flensburg auf seinem Konto schlummern: Die Akten der Behörde sind fast alle digitalisiert und man kann auf der Web-Seite des Kraftfahrt-Bundesamts einen Antrag stellen. Die Antwort kommt dann per Post. Oder man geht direkt bei der Behörde vorbei. Das Kraftfahrt-Bundesamt steht sogar im Reiseführer!

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