: Warum der VfB Stuttgart nicht zur Ruhe kommt

von Ralf Lorenzen
18.04.2024 | 15:00 Uhr
Mitten im sportlichen Höhenflug erlebt der VfB Stuttgart eine schwere Führungskrise. Während die Mannschaft von Sieg zu Sieg eilt, ringen Gremien, Fans und Investoren um die Macht.

Trainer Sebastian Hoeneß mischt mit seinen Stuttgartern die Liga auf und steht kurz vor der Quali für die Champions League. Geichzeitig tobt im Verein ein erbitterter Machtkampf.

18.04.2024 | 14:35 min
In der letzten Woche hat Jonas Boldt einen bemerkenswerten Satz gesagt. "Nebengeräusche helfen nie", erklärte der Sportvorstand des Hamburger SV in der Sendung Bolzplatz. Erfolgreich seien Klubs, "wo alles in eine Richtung geht". Das sehe man aktuell ganz deutlich in der Bundesliga.

Die zwei Geschichten des VfB Stuttgart

Auf den VfB Stuttgart kann Boldt dabei nicht geschaut haben. Über den muss man im Moment zwei Geschichten parallel erzählen. Die von der Überraschungsmannschaft, die mit begeisterndem Offensivfußball unter Trainer Sebastian Hoeneß ihre punktemäßig beste Bundesliga-Saison spielt, reihenweise neue Nationalspieler hervorbringt und kurz vor dem Einzug in die Champions League steht.
Und die von der größten Führungskrise seit Langem. "Der VfB muss aufpassen, dass du nicht eine komplette Spaltung hast", sagt Sportjournalist Tim Ursinus von Spox und Goal in der neuen Bolzplatz-Sendung. Die augenblickliche Krise scheint sogar noch bedrohlicher als der Machtkampf zwischen Vereinspräsident Claus Vogt und dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Fußball AG Thomas Hitzlsperger, den Vogt vor zwei Jahren für sich entschied.

Die Champions League rückt näher und näher: Beim 3:0 gegen Eintracht Frankfurt reicht dem VfB Stuttgart eine starke erste Halbzeit. Der Rest wird im Verwaltungsmodus erledigt.

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Präsident Vogt und Investor Porsche im Blickpunkt

Die Vorwürfe gegen Vogt, der bis vor Kurzem in Personalunion auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der AG war, sind im Prinzip dieselben wie damals. "Diese Kritik an der Arbeitsweise, der Führungsarbeit und Gremienarbeit von Klaus Vogt hatte sich auch zum potenziellen Investor Porsche herumgesprochen", erklärt Dirk Preiß, Sportchef der Stuttgarter Nachrichten.
Deshalb habe es rund um den Einstieg von Porsche als weiteren Investor im vergangenen Sommer die Forderung gegeben, dass Claus Vogt das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden abgebe. Dem soll der komplette Aufsichtsrat, also auch Vogt, per Unterschrift zugestimmt haben.

Stuttgart hat dem BVB die Stadion-Geburtstagsfeier vermiest. Der VfB gewann das hochklassige Topspiel knapp und hat nun ebenso viele Punkte auf dem Konto wie der FC Bayern.

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Vogt selbst hält die unter Zeitdruck abgegebene Unterschrift für unverbindlich. Nachdem er seinen Posten nicht freiwillig räumte, sprach der Aufsichtsrat ihm im März das Misstrauen aus und wählte Tanja Gönner, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), zur neuen Vorsitzenden.

Stuttgarter Fanszene beklagt Wortbruch

Besondere Brisanz erhält dieser Vorgang dadurch, dass den Mitgliedern 2017 bei der Ausgliederung der Profiabteilung versprochen wurde, dass der Präsident des Vereins zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats der AG ist. Patrick Eberle vom Stuttgarter Fanprojekt sagt:
Das letzte Versprechen, was dieser Verein den Fans und seinen Mitgliedern gegeben hat, hat er ausgehöhlt.
Patrick Eberle, Mitarbeiter im Fanprojekt des VfB Stuttgart
Vor allem die aktive Fanszene hat jetzt den Eindruck, dass demokratische Prozesse durch die Hintertür ausgehebelt werden. Die Fans sehen vor allem die 50+1-Regel in Gefahr, die verhindern soll, dass externe Investoren den Kurs bestimmen.

Fans stellen klare Forderungen an den VfB

Sie haben unter anderem mit schwarzem Rauch und einem zwischenzeitlichen Stimmungsboykott beim Heimspiel gegen Heidenheim reagiert. Ihre Forderungen, die mittlerweile 244 Fangruppierungen unterschrieben haben, lauten: Sofortiger Rücktritt des Präsidiums, Rückgabe des Aufsichtsratsvorsitzes an den Präsidenten, Bekenntnis zum VfB-Leitbild und zur 50+1-Regel! Vizepräsident Christian Riethmüller ist zwar inzwischen zurückgetreten, das wird weitere Proteste aber kaum verhindern können.

Wichtiger Faktor für Stuttgarts Höhenflug ist Serhou Guirassy. Manu Thiele und weitere Experten analysieren die Rolle des Stürmers beim VfB.

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Für Patrick Eberle ist es trotzdem noch nicht zu spät, in einen offenen Diskurs zu kommen. "Alle Beteiligten sollten sich aus meiner Sicht zusammenraffen und zum Wohle dieses Vereins handeln und ihre eigenen persönlichen Belange hinten anstellen", sagt der Fanprojekt-Mitarbeiter.

Begeisterung der Fans ungebrochen

Die Freude über die sportliche Geschichte, die ihr Klub gerade schreibt, lassen sich die Fans ohnehin nicht nehmen: "Es ist ein Riesenprivileg für alle Fans, die da gerade das Glück haben, das miterleben zu dürfen", sagt Eberle.

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