: Die USA buhlen um Einfluss in Asien

von Elmar Theveßen
12.11.2022 | 07:20 Uhr
Vor dem Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping wirbt die amerikanische Regierung beim Asean-Gipfel um Bündnispartner in der Region.
In 10.000 Meter Höhe klingt Jake Sullivan fast euphorisch: "Es gibt keinen Ersatz für direkte Treffen zwischen Anführern", sagt Joe Bidens nationaler Sicherheitsberater beim Pressegespräch an Bord der Präsidentenmaschine auf dem Flug zum Asean-Gipfel in Kambodscha, "die beiden Präsidenten von Angesicht zu Angesicht - nicht nur virtuell per Bildschirm - das hebt die Konversation strategisch auf eine andere Ebene. Sie können die gegenseitigen Absichten und Prioritäten viel tiefer erforschen."
Kein Zweifel, die kleine Vorschau auf das erste direkte Zusammentreffen zwischen Joe Biden als US-Präsident und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Montag in Bali soll die Spannung erhöhen.

Biden wirbt beim Asean-Gipfel um Vertrauen für die USA

Die Teilnahme Bidens beim Asean-Gipfel ist gewissermaßen das Vorspiel, denn er wirbt hier in Phnom Penh um Vertrauen für die USA als Gegengewicht zur wirtschaftlichen Dominanz Chinas in der Region. Als "strategische Partnerschaft" bezeichnet Washington die Zusammenarbeit mit den zehn Asean-Staaten
  • Malaysia,
  • Philippinen,
  • Indonesien,
  • Kambodscha,
  • Laos,
  • Vietnam,
  • Singapur,
  • Thailand,
  • Myanmar und
  • Brunei.
Die Gemeinschaft südostasiatischer Staaten Asean wurde 1967 in Bangkok gegründet.
Biden bietet Investitionen in Infrastrukturprojekte und militärische Kooperationen an. Die Asean-Länder sind abhängig vom Handel mit der aufstrebenden Großmacht China, viele fühlen sich gleichzeitig durch die militärischen Muskelspiele der chinesischen Streitkräfte im Indopazifik bedroht.

Biden spielt Vermittler zwischen Südkorea und Japan

Ähnlich geht es anderen Staaten in der Region, wie zum Beispiel Südkorea, das als Gast am Gipfel teilnimmt. Das Land braucht die USA als militärische Schutzmacht gegen eine mögliche Aggression des kommunistischen Regimes in Nordkorea.
Aber eben diese enge Partnerschaft mit den Amerikanern sieht Peking als Provokation. Es setzt Südkorea, das vom Handel mit China abhängig ist, wirtschaftlich massiv unter Druck, und zwar so sehr, dass die Regierung in Seoul sogar bereit ist, die alte Feindschaft mit der einstigen Kolonialmacht Japan hinter sich zu lassen, um sich unabhängiger von China zu machen.
US-Präsident Biden spielt dabei den Vermittler. Deshalb trifft er sich am Rande des Asean-Gipfels zum Sechs-Augen-Gespräch mit dem japanischen Premierminister Fumio Kishida und dem südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol.  

Gründung des Indo-Pacific Economic Framework im Mai

All das ist Teil einer großangelegten Strategie der US-Regierung, bestehende Bündnisse zu unterstützen und miteinander zu vernetzen. Im Mai hatte Joe Biden bei seinem Besuch in Japan mit den Staats- und Regierungschefs von
  • Australien,
  • Brunei,
  • Indien,
  • Indonesien,
  • Japan,
  • Südkorea,
  • Malaysia,
  • Neuseeland,
  • den Philippinen,
  • Singapur,
  • Thailand und
  • Vietnam
das sogenannte Indo-Pacific Economic Framework (IPEF) ins Leben gerufen.
Gemeinsam wollen die Partner, so heißt es im Gründungsdokument, "hochgradige, integrative, freie und faire Handelsverpflichtungen" fördern, die "Transparenz, Vielfalt, Sicherheit und Nachhaltigkeit" der Lieferketten verbessern, den "Zugang zu wichtigen Rohstoffen und verarbeiteten Materialien, Halbleitern, kritischen Mineralien und sauberen Energietechnologien" sicherstellen, die "Entwicklung und den Einsatz sauberer Energietechnologien" beschleunigen und wirksame Steuer-, Geldwäsche- und Bestechungsregelungen im Kampf gegen die Korruption durchsetzen.
Nach den Worten des US-Präsidenten damals geht es um eine "Vision für einen freien Indopazifik" in einem Rahmen, der auch "für andere offen sein wird, die in Zukunft beitreten möchten." Damit ist auch und besonders China gemeint, das sich aber - wie alle anderen IPEF-Mitglieder - auf die genannten Regeln verpflichten müsste.

Bidens Sicherheitsberater: "Kein Land darf andere einschüchtern und erpressen"

Die Bühne ist also gebaut für das Gespräch zwischen Joe Biden und Xi Jinping am Montag, bei dem die US-Regierung Tacheles reden will, wie Jake Sullivan an Bord der Air Force One verspricht:
Kein Land darf andere einschüchtern und erpressen.
Jake Sullivan, Joe Bidens nationaler Sicherheitsberater
Deshalb werde Amerika weiter eine entscheidende Rolle im Indopazifik spielen. "Der Volksrepublik China", so Sullivan, "mag das nicht gefallen, aber sie nimmt es zur Kenntnis und hat es kapiert." Der nationale Sicherheitsberater freut sich offenbar auf das Gipfeltreffen der beiden Präsidenten. 

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