: So belegen Reporter Putins Kriegsverbrechen

18.03.2023 | 20:09 Uhr
Der Internationale Strafgerichtshof wirft Wladimir Putin Kriegsverbrechen vor. Von Kinderverschleppung bis zu Morden an Zivilisten konnten ZDF-Journalisten viele Beweise sammeln.
Folgen nun weitere Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs? In der ukrainischen Stadt Butscha wurden im April Hunderte Leichen entdeckt, nachdem die russische Armee abgezogen war. (Archivbild)Quelle: dpa
Den Haag macht ernst: Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehle gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen. Ihnen werden Kriegsverbrechen, hier konkret die Verschleppung ukrainischer Kinder aus den besetzen Gebieten nach Russland, vorgeworfen.
Alle 123 Staaten, die die sogenannten Rom-Statuten unterzeichnet und ratifiziert haben, sind damit verpflichtet, Putin zu verhaften und an das Gericht auszuliefern. Russland erkannte diese Statuten schon vor der Ankündigung nicht an.

Tausende Kinder verschleppt und zwangsadoptiert

Die IStGH-Ermittler, Behörden in der Ukraine, Menschenrechtsorganisationen und internationale Medien dokumentieren in der Ukraine seit über einem Jahr eine große Bandbreite mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen. Auch Journalisten des ZDF konnten zahlreiche Beweise sammeln und mit Betroffenen sprechen.

Systematisch sind ukrainische Kinder und Jugendliche nach Russland deportiert und dort von Pflegefamilien zwangsadoptiert worden. frontal ging auf die Suche nach den Kindern.

21.02.2023 | 36:58 min
Das umfasst auch die Verbringung und teilweise Zwangsadoption von mindestens 1.800 Kindern und Jugendlichen nach Russland. Die ukrainische Regierung geht von deutlich höheren Zahlen aus.
Recherchen von ZDF frontal von Februar 2023 belegten, wie russische Partnerorganisationen von SOS-Kinderdorf ukrainische Kinder zur Adoption in Russland freigeben und verschleppte Kinder für Russlands Propaganda instrumentalisiert werden - etwa bei einem Besuch der Funktionärin Lwowa-Belowa in einem SOS-Kinderdorf nahe Moskau. Auch nach ihr wird gefahndet. In Reaktion auf die Berichte stoppte die Organisation ihre Kooperation mit russischen Partnern.

Kinder müssen russische Identität annehmen

Besonders oft betroffen sind dabei Kinder aus ukrainischen Internaten und Waisenhäusern. Teils wurden sie über ganz Russland verteilt, bekamen eine russische Staatsbürgerschaft. Ihre ukrainische Identität sollen sie möglichst schnell hinter sich lassen.
Das ist immer schon eine Strategie Russlands gewesen, ob nun im bewaffneten Konflikt oder auch nach Besetzung, wenn nicht mehr gekämpft wird, möglichst viele Menschen zu Russen zu machen.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehem. Bundesjustizministerin, FDP
Das ZDF dokumentierte das Schicksal zahlreicher Kinder, die während der Besetzung von Cherson nach Russland gebracht worden waren. Nach der Rückeroberung der Stadt durch die Ukraine machten sich Freunde und Angehörige verzweifelt und oft vergeblich auf die Suche nach ihnen.

In Cherson verschwinden Kinder. Auch in anderen Orten der Ukraine werden Kinder vermisst. "ZDFzoom" zeigt, wie Russland viele von ihnen verschleppt hat und welche Strategie Putin damit verfolgt.

23.02.2023 | 43:59 min

Zivilisten gezielt von russischen Soldaten getötet

Angriffe auf zivile Ziele, die gezielte Zerstörung von Wohngebieten und lebensnotwendiger Infrastruktur durch russische Truppen dauern weiterhin an - und werden dokumentiert. Beispielhaft ist etwa ein russischer Angriff mit Streumunition auf Hunderte Zivilisten am Bahnhof der Stadt Kramatorsk im April 2022. Ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kam zu dem Ergebnis, dass es sich auch dabei um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe.
In Städten wie Butscha oder Isjum wurden nach dem russischen Rückzug die Leichen Hunderter Zivilisten gefunden, viele davon mit Folterspuren. An der Schytomyr-Autobahn nahe Kiew konnten ZDF-Reporter die Tötung von Dutzenden ukrainischen Zivilisten nachweisen - indem sie die letzten Stunden der Opfer genau rekonstruierten:

Wenige Tage nach Kriegsausbruch liefern Drohnenvideos erste Belege für ein Kriegsverbrechen auf einer Schnellstraße vor Kiew. Reporter haben Überlebende und Angehörige der Opfer ausfindig gemacht und mutmaßliche Täter identifiziert.

06.07.2022 | 44:39 min
Von Den Haag bis Kiew sammeln Experten kontinuierlich Belege, werten Videos aus und sammeln Schilderungen von Augenzeugen. Hochrangige Politiker wie Putin für Verbrechen wie Butscha zur Verantwortung zu ziehen, ist dabei laut Experten nicht einfach. Es müsse nachgewiesen werden, dass Putin in die Begehung der Taten direkt involviert war, oder dass er sie angeordnet habe, erklärt die Strafrechtsexpertin Stefanie Bock von der Universität Marburg gegenüber ZDFheute live.
Dass Den Haag weitere Haftbefehle gegen die politische und militärische Führung Russlands ausstellt, ist angesichts des vielen Beweismaterials nicht unwahrscheinlich.
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Quelle: ZDF

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