: Mit Wasserstoff aus Afrika zur Energiewende

04.12.2022 | 15:21 Uhr
Deutschland braucht grünen Wasserstoff für die Energiewende. Dieser soll auch aus Namibia kommen - ein Grund, warum Wirtschaftsminister Habeck mit einer Delegation dorthin reist.
Grüner Wasserstoff soll bei der Energiewende in Deutschland helfen.Quelle: dpa
Robert Habeck (Grüne) ist wieder unterwegs, um die Energiewende voranzubringen und die deutsche Wirtschaft neu aufzustellen - diesmal im südlichen Afrika. Am Sonntag brach der Wirtschafts- und Klimaschutzminister zu einer mehrtägigen Reise auf, zunächst nach Namibia, dann nach Südafrika.
In Namibia soll die Zusammenarbeit bei grünem Wasserstoff ausgebaut werden. Vor dem Abflug sagte Habeck:
Namibia hat gemessen auch an europäischen Standorten natürlich sehr, sehr große Standortvorteile - sehr sonnenreich, sehr starke Windgebiete, gerade am Atlantik.
Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister
In Südafrika soll es auf einer deutsch-afrikanischen Konferenz vor allem darum gehen, die Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen. Das passt ins Bild. Denn erst vor kurzem war Habeck in Singapur. Die Hauptbotschaft des Grünen-Politikers dort: Deutsche Unternehmen sollen sich breiter aufstellen, damit Deutschland nicht abhängig wird von autokratischen Ländern wie China.

Schwierige Kolonialgeschichte mit Namibia

Quelle: dpa
Namibia ist für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Bundesregierung politisch kein einfaches Terrain. Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im damaligen Deutsch-Südwestafrika und schlug Aufstände brutal nieder. Während des Herero-und-Nama-Kriegs von 1904 bis 1908 kam es zu einem Massenmord, der als erster Genozid im 20. Jahrhundert gilt. Seit längerem wird über ein Aussöhnungsabkommen verhandelt.

Afrika gewinnt wirtschaftlich an Bedeutung

Habeck wird auf seiner Reise von Managern aus der Wirtschaft begleitet. "Der afrikanische Kontinent ist für uns der Kontinent der Chancen", sagte Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. "Er entwickelt sich in Teilen schneller und dynamischer als alle anderen Weltregionen und hat daher ein großes Potenzial."
Die deutsche Industrie spricht sogar von einem "Neustart". Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie, sagte:
Afrika gewinnt für Deutschland rasant an strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung.
Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung
Der Kontinent sei entscheidend, um die ausgeprägte Abhängigkeit einzelner Branchen von asiatischen Absatzmärkten zu reduzieren. "Gleichzeitig ist er Schlüssel für viele Rohstoffe und grünen Wasserstoff. Dies ermöglicht neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf Augenhöhe."

Mehr Rohstoffe aus Afrika, weniger Abhängigkeit von China

Gerade bei "kritischen" Rohstoffen will Habeck Abhängigkeiten von China verringern. Das soll die Lehre auch davon sein, dass Deutschland bis zum Ukraine-Krieg am Tropf russischer Gaslieferungen hing. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte:
Viele afrikanische Länder bieten sich als alternative Lieferanten von Rohstoffen an, die wir nicht zuletzt für die Energiewende, den Klimaschutz und die Digitalisierung brauchen.
Volker Treier, Deutsche Industrie- und Handelskammer
Projekte dazu müssten jedoch rasch vorangetrieben werden. "Denn zur gleichen Zeit baut zum Beispiel China in Afrika seine Geschäftsverbindungen mit flankierenden Lockangeboten für die afrikanischen Partner aus."

Wasserstoff ist ein unsichtbares und geruchloses Gas. Meteorologin Katja Horneffer erklärt, wie es zum klimafreundlichen Energieträger wird.

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Hoffnung auf grünen Wasserstoff

Wasserstoff gilt als grün, also klimafreundlich, wenn er mit Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind- oder Sonnenkraft hergestellt wird. Grüner Wasserstoff soll eine Schlüsselrolle dabei spielen, Klimaziele zu erreichen. Bis 2045 soll Deutschland CO2-neutral sein. Dafür müssen Produktionsprozesse etwa in der Stahl- und Chemieindustrie komplett umgestellt werden.
Schätzungsweise werde 2030 eine zweistellige Zahl von Ländern grünen Wasserstoff nach Deutschland exportieren, so das Wirtschaftsministerium. Diese Vielfalt sei wichtig, um künftige Abhängigkeiten zu vermeiden.

Grüner Wasserstoff

Quelle:
Bei der Herstellung wird in Elektrolyseuren Wasser mit Hilfe von Ökostrom in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespaltet. Das Verfahren ist erprobt und funktioniert, ist für die Massenherstellung aber noch nicht ausgereift. Da die erneuerbare Energie in Deutschland auch in Zukunft für die erforderlichen Mengen bei weitem nicht ausreicht, wird ein großer Teil in sonnen- und windreichen Ländern produziert und dann importiert werden müssen. Das Gas ist natürlich farblos und nicht wirklich „grün“. Die Farbe bezieht sich allein auf die Herstellungsart. Grauer Wasserstoff etwa wird aus Erdgas, Kohle oder Öl hergestellt.   

Einsatz von grünem Wasserstoff

Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa/Archivbild
Das klimafreundliche Gas wird vor allem die Stahl-, Chemie- und Zementindustrie künftig als Brennstoff brauchen, um Erdgas oder Kohle zu ersetzen. Es kann auch gespeichert und etwa bei Flauten oder in Dunkelphasen zur Stromerzeugung genutzt werden. Auch Busse, Bahnen, Lkw oder Flugzeuge können damit laufen. In der Regel wandelt eine Brennstoffzelle das Gas in Strom um, der dann einen E-Motor antreibt. Als Abgas entsteht dabei Wasserdampf.    

E-Fuels

Quelle: DPA
So werden synthetische Kraftstoffe genannt, die in einem weiteren Schritt aus grünem Wasserstoff produziert werden. Im Idealfall wird das dafür gebrauchte CO2 aus der Luft entnommen und später bei der Verbrennung wieder freigesetzt. E-Kerosin oder E-Diesel wären damit klimaneutral. Mit E-Fuels können normale Verbrennungsmotoren oder Triebwerke betrieben werden - auch als Beimischung zu fossilem Kraftstoff.

Namibia wirbt mit guten Voraussetzungen

Namibia will sich zu einem wichtigen Produzenten und Exporteur von Wasserstoff entwickeln. Namibias Süd- und Nordküste habe ein weitaus größeres Windenergie-Potenzial als andere mögliche Exporteure wie Australien und Südafrika, heißt es in einem Strategiepapier der namibischen Regierung. Dazu habe Namibia durchschnittlich 300 Sonnentage pro Jahr - ideal zur Erzeugung von Solarenergie.
Von den ausländischen Investitionen erhoffe man sich einen wirtschaftlichen Aufschwung und neue Arbeitsplätze, sagte Präsident Hage Geingob. Mit Deutschland gibt es bereits eine Absichtserklärung sowie die Bereitstellung von 30 Millionen Euro für vier Pilotprojekte.
Quelle: Andreas Hoenig und Kristin Palitza, dpa

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