: Die bedrohten "Bauklötze" des Lebens
Den Wandernden Monarchfalter hat die Weltnaturschutzunion (IUCN) diesmal in den Fokus gesetzt. Der orange Schmetterling flattert einmal im Jahr 4.000 Kilometer weit von Mexiko und Kalifornien aus in den Norden, um sich dort im Sommer zu vermehren. Ein Naturphänomen.
Sein Bestand ist inzwischen stark gefährdet. Vor allem die westlichen Populationen gingen seit den 1980ern von rund zehn Millionen Exemplaren auf nicht mal 2.000 zurück. Die Gründe sind menschengemacht: Durch Abholzung, die Ausweitung von Agrarflächen und den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden wird sein Lebensraum zerstört. Dazu kommen extremes Wetter und Waldbrände.
Biologische Vielfalt schwindet
Das Beispiel alarmiert - auch deshalb, weil es ein hübsches und damit sympathisches Tier ist, das da gerettet werden will. Es täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es bei der Roten Liste um weit mehr geht, nämlich den Blick auf die weltweit schwindende biologische Vielfalt. "Man muss sich dieses System wie einen Turm aus Bauklötzen vorstellen“, so erklärt es die WWF-Artenschutz-Expertin Anne Hanschke.
Jeder Stein ist eine Tier- oder Pflanzenart. Nur wenn dieser Turm des Lebens stehen bleibt, können wir Menschen gesund und sicher leben.

Jeden Tag töten Wilderer in Südafrika mindestens ein Nashorn. Ihr Horn ist auf dem Schwarzmarkt heiß begehrt, es ist mehr wert als Gold. Die Tiere sind tot mehr wert als lebendig.
02.01.2022 | 28:42 minDazu gehört der orange Schmetterling, aber eben auch weniger hübsche Tiere wie der Glatt-Stör, der noch vor wenigen Jahren in der Donau schwamm. Jetzt hat ihn die IUNC für ausgestorben erklärt - ebenso wie den chinesischen Schwertstör und etwa 900 weitere Spezies. Andere Störartige gelten als akut gefährdet, weil es zu wenige freifließende Flüsse gibt und Störe wegen ihres Fleisches und Kaviar illegal gefischt werden.
Instabiler Turm des Lebens
Je mehr Steine herausgeschlagen werden, desto instabiler wird der Turm, sagt die WWF-Expertin. Und desto mehr geraten auch etwa Ernährung, Gesundheit der Menschen und die Wirtschaft in Gefahr. Betroffen sind Tier- und Pflanzenarten auf der ganzen Welt. Auf der Roten Listen stehen auch 255, die in Deutschland beheimatet sind. Dazu gehören Kegelrobben, Rebhühner und Schweinswale.
Weltnaturschutzunion IUCN
Die 1948 gegründete IUCN ist die älteste und größte Naturschutzorganisation der Welt. Seit 1999 hat sie Beobachterstatus bei der UNO-Generalversammlung. Hauptsitz ist das schweizerische Gland. Die IUCN hat mehr als 1400 Mitglieder, darunter sowohl Staaten als auch Regierungs- und zivile Organisationen. Dazu zählen unter anderem das Bundesumweltministerium, das Bundesamt für Naturschutz, der Naturschutzbund Deutschland und der WWF.
Rote Liste
Die Rote Liste der Weltnaturschutzunion erhebt nicht den Anspruch, ein komplettes Bild der weltweiten Biodiversität widerzugeben. Beobachtet werden derzeit fast 150.000 Arten, also bei weitem nicht alle bekannten. Laut IUCN sei die Liste aber ein „Gesundheitscheck des Planeten“ und ein „nützlicher Schnappschuss“ davon, was mit den Arten gerade passiert. Und „sie hebt hervor, wie dringend Schutzmaßnahmen gebraucht werden“. Seit 2006 hat die Zahl der bedrohten Arten stetig zugenommen, allerdings eben auch die Zahl der beobachteten Arten.
"Um die reiche Vielfalt der Natur zu bewahren, brauchen wir effektive, gerecht verwaltete Schutzgebiete", fordert daher IUCN-Generaldirektor Bruno Oberle. "Daneben entschiedene Maßnahmen zum Kampf gegen den Klimawandel und zur Wiederherstellung von Ökosystemen." Das neue Update der Roten Liste zeige, wie zerbrechlich die Wunder der Natur geworden seien.
Wieder mehr Tiger
Wenn sie könnten, würden das die höchstens 5.600 Tiger, die es weltweit in freier Wildbahn noch gibt, wohl bestätigen. Die größte Wildkatze der Welt lebte früher in fast ganz Asien. Das ist Geschichte. Laut WWF hat sich ihr Verbreitungsgebiet allein seit 1994 mehr als halbiert. Wilderei, Lebensraumverlust und der Rückgang von Beutetieren sind dafür verantwortlich.
Trotzdem gibt es auch ein wenig Hoffnung: Laut IUCN hat der Bestand durch Schutzprogramme seit 2015 um 40 Prozent zugenommen. Das zeige, dass Artenschutz funktionieren kann, so die Organisation. Als "gefährdet" wird der Tiger allerdings immer noch eingestuft. "Im chinesischen Jahr des Tigers zeigt die Rote Liste, dass für den Tiger noch lange keine Entwarnung gegeben werden kann", sagt Anne Hanschke.
Hoffnung für den Monarchfalter?
Auch in die Rettung des Wandernden Monarchfalters könnte Bewegung kommen. "So viele Menschen und Organisationen haben zusammengefunden und versuchen nun, diesen Schmetterling und seinen Lebensraum zu bewahren", freut sich Umweltschützerin Anna Walker von der New Mexico BioPark Society. Ein Zeichen der Hoffnung sei das. Ob es für den reiselustigen Flattermann reicht, werden weitere Updates der Roten Liste zeigen.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion