: Comeback für Spix-Ara und Buckelwal

von Mark Hugo
29.12.2022 | 06:37 Uhr
Das Artensterben schreitet voran. Trotzdem gab es 2022 auch Gewinner in der Tierwelt, so eine WWF-Bilanz. Zu ihnen zählen etwa der Spix-Ara, das Banteng-Wildrind und der Tiger.
55 Spix-Aras wurden Anfang der 2000er noch gezählt, kein einziger davon in freier Wildbahn. Nun gibt es wieder 290 Exemplare.Quelle: dpa
Zum Jahreswechsel blickt die Naturschutzorganisation WWF auf die Gewinner und Verlierer des Jahres 2022 unter den Tieren. Von Entwarnung kann angesichts des dramatischen Rückgangs von Biodiversität keine Rede sein. Trotzdem zeigt die Bilanz auch: Ambitionierte Maßnahmen machen einen Unterschied.

Tiger

Dass sich Tierschutz auszahlen kann, dafür ist der Tiger ein Beispiel. Besondere Erfolge gibt es in Nepal: Dort leben laut WWF wieder 355 Exemplare der stark gefährdeten Großkatzen - fast dreimal mehr als noch 2009 geschätzt wurden. Auch die Bestände in Bhutan, Russland, China und Indien erholen sich.
Wilderei und illegaler Handel seien aber "ein Dauerproblem" und könnten die jüngsten Erfolge aufs Spiel setzen, warnt WWF-Experte Dr. Arnulf Köhncke.
Tiger werden ganz gehandelt, ihre Felle als Bettvorleger und Luxusobjekte benutzt, ihre Knochen, Klauen und Zähne zu vermeintlicher Medizin oder Amuletten verarbeitet, oder sie landen lebend in privaten Sammlungen oder Zuchtfarmen.
Arnulf Köhncke, WWF
Auf der Roten Liste der bedrohten Arten: Der Tiger.Quelle: REUTERS/Yves Herman

Spix-Ara

Der kleine, blaue Papagei - bekannt etwa aus dem Hollywood-Animationsfilm "Rio" - galt bereits als ausgestorben. Gerade mal 55 Spix-Aras wurden Anfang der 2000er noch gezählt, kein einziger davon in freier Wildbahn. Die Zerstörung seines Lebensraums in Brasilien und illegaler Handel hatten ihn nahezu ausgerottet.
Dank des Nachzuchtprogrammes eines deutschen Geschäftsmannes und des Artenschutzvereins ACTP aus der Nähe von Berlin gibt es mittlerweile wieder etwa 290 Tiere, von denen einige bereits erfolgreich ausgewildert worden sind. Das Comeback des Jahres.
Es braucht mehr davon. Der Mensch verursacht nicht nur das Problem, sondern hält auch den Schlüssel für die Lösung in den Händen.
Rebecca Gerigk, WWF
Im Film "Rio" (2011) übrigens drehte sich die Handlung noch um die letzten beiden noch lebenden Spix-Aras.

Hai und Rochen

Etwa ein Drittel der über 1.200 Hai- und Rochenarten sind laut WWF bedroht, vor allem durch Überfischung. Im November hat nun die Weltartenschutzkonferenz CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) den besseren Schutz von Grundhaien, Hammerhaien und Geigenrochen beschlossen.

Artensterben insgesamt dramatisch

Quelle: imago
Trotz einiger Lichtblicke: Das Artensterben ist so dramatisch wie nie. Nach Daten des Weltbiodiversitätsrates IPBES sind bis zu eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht, viele davon schon in den nächsten Jahrzehnten. Die Internationale Rote Liste verbucht mittlerweile mehr als 42.100 Tier- und Pflanzenarten als bedroht. Das betrifft knapp 30 Prozent aller dort erfassten Spezies.

Das sind laut WWF-Jahresbilanz die größten Verlierer

Auch die WWF-Jahresbilanz stimmt insgesamt wenig optimistisch. Zu den größten Verlierern zählt sie:

  • Rentiere
  • Breitmaul-Nashörner
  • Schwebfliegen
  • die Fische in der Oder.

"Wenn wir unsere Natur weiter in dem Tempo zerstören, gehören wir Menschen auch zu den großen Verlierern", so WWF-Vorstand Christoph Heinrich. "Denn von sauberer Luft über Trinkwasser und Nahrung bis zu einer funktionierenden Wirtschaft: Wir brauchen die gesunde Natur zum Überleben." Hoffnung auf einen Stopp der Artenkrise mache das im Dezember verabschiedete Weltnaturschutzabkommen. Nun müsse aber auch dessen Umsetzung klappen.

Erlaubt ist internationaler Handel nur noch, wenn ihre Bestände dadurch nicht gefährdet werden. Das betrifft über 90 Prozent aller gehandelten Hai- und Rochenarten.
Das ist eine historische Entscheidung, von der alles Leben unter Wasser profitiert.
Arnulf Köhncke, WWF
"Denn Haie und Rochen sind unverzichtbare Schlüsselarten: Sie halten die Ökosysteme im Meer intakt", erklärt Köhncke.

Banteng

Dass die Vernetzung von Lebensräumen hilft, zeigt das Beispiel der Bantengs in Thailand. Die Wildrinder sind stark gefährdet und kommen in Südostasien nur noch in kleinen, verstreuten Beständen vor. In den 1970ern waren die Wildrinder auch im Mae Wong Nationalpark ausgerottet. Der WWF konnten nun nachweisen, dass sie aus einem benachbarten Gebiet dorthin zurückgekehrt sind und sich nun sogar fortpflanzen.
Ein Banteng-Kalb mit seinen Eltern. In freier Wildbahn sind die asiatischen Rinder selten geworden.Quelle: dpa/ henning kaiser

Buckelwal

Ein Lichtblick 2022 ist auch der Bestand der Buckelwale vor den Küste Australiens. Die Meeressäuger konnten von der dortigen Liste der bedrohten Arten gestrichen werden.
Die Buckelwal-Population hat sich erholt.Quelle: pr/Knesebeck Verlag
Ihre Zahl ist von ehemals 1.500 auf inzwischen wieder 40.000 bis 65.000 gestiegen. Dennoch sind Buckelwale, so der WWF, weiter durch Schifffahrt, Fischerei und Umweltverschmutzung gefährdet.  

Unechte Karettschildkröte

Klar zu den Gewinnern 2022 gehört die Unechte Karettschildkröte. In den USA und auf den Kapverdischen Inseln wurden zuletzt so viele Nester der Meeresschildkröten gefunden, wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Die Population der Unechten Karettschildkröte erholt sich derzeit.Quelle: dpa
Alleine auf den Kapverden habe sich die Anzahl seit 2015 etwa verzwanzigfacht, so der WWF. Die Bestände erholen sich zwar, allerdings könnte der Trend durch den fortschreitenden Klimawandel wieder gestoppt werden, fürchten die Naturschützer.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.