In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Über Atomkraft kann man viel streiten, und wir tun es schon seit Jahrzehnten. Einerseits wird argumentiert, dass sie zu langsam und zu teuer ist; das Risiko für Störfälle zu hoch und die Frage nach Endlagern für den entstehenden
Atommüll zu ungeklärt ist. Andererseits kann Atomstrom erzeugt werden, ohne die Atmosphäre mit noch mehr CO2 zu belasten.
Wie bei allen Streitfragen kann auch hier der Versuch helfen, sie in eine andere Perspektive zu bringen: Die Frage ist dann nicht "Atomkraft: nein, danke oder ja, bitte", sondern "Woher und zu welchem Preis für Mensch und Klima soll unsere Energie kommen?" Und in einer Sache sind wir uns sicher einig: Wir wollen zuverlässigen Strom, dessen Erzeugung uns und unseren Kindern möglichst wenig Probleme bereitet.
Hat Chile den heiligen Gral des nachhaltigen Stroms gefunden? Mitten in der Atacama-Wüste liefert die Solarthermieanlage Cerro Dominador erneuerbare Energie die ganz Lateinamerika versorgen könnte.
28.05.2021 | 04:53 min
Risiken nur schwer abzuschätzen
Gut, unsere neu formulierte Frage wirft viele Unsicherheiten auf. Nachteile oder Risiken lassen sich nur schwer gegeneinander aufwiegen. Unser Gehirn kommt mit Wahrscheinlichkeiten ohnehin schon nicht gut klar! Trotzdem sollen wir die Auswirkungen einer eventuellen Kernschmelze mit denen des CO2-Ausstoßes eines Kohlekraftwerks vergleichen - unter Berücksichtigung der kraftwerknahen Flusstemperatur und den Vor- und Nachteilen neu ausgebauter Alternativenergie? Es hat Züge einer Lose-lose-Situation, da muss man ehrlich sein.
Klare Lösungen gibt es nur wenige, dafür umso mehr klare Stellungnahmen. Die
Europäische Kommission hat dieses Jahr für viel Wirbel gesorgt, als sie die Atomenergie mit in die sogenannte
Taxonomie-Verordnung aufnahm und sich dafür aussprach, bestimmte Elemente der Atomkraft als nachhaltige Energiegewinnung zu fördern. Das war auch innerhalb des EU-Parlaments umstritten.
Insa Thiele-Eich beschreibt beim Aufstieg den Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland.
25.09.2022 | 02:33 min
Starkes Bedürfnis nach sauberer Energie
Psychologisch besteht ein starkes Bedürfnis nach neuen Lösungen. Vielleicht etwas, in das wir schon heute investieren können und das uns ab morgen mit sauberer Energie versorgt. Genau in diese Kerbe schlägt die Hoffnung auf
Fusionsenergie! Rein wissenschaftlich ist die Fusionskraft ein spannendes Projekt, das noch ein paar Hürden aus dem Weg räumen muss, bevor es - vielleicht, irgendwann -, den gleichen Mechanismus wie unsere Sonne nutzen kann, um Energie zu erzeugen. Noch sind wir da nicht so weit.
Einen ersten "funktionierenden"
Fusionsreaktor - also einen, der mehr Energie erzeugen kann als man zuvor hineingesteckt hat - erwarten manche früher, andere später. Aber: In letzter Zeit hat's spannende Entwicklungen gegeben. Vor kurzem konnte ein
Fusions-"Puls" für fünf Sekunden aufrechterhalten werden. Allerdings musste auch dafür zunächst mehr Energie eingespeist werden als nachher herauskam - es war also noch keine Energiegewinnung, sondern vor allem eine Demonstration. Immerhin!
Fortschritte führen zu Rausch bei Fusionsenergie
Fortschritte wie dieser haben dennoch zu einem sogenannten "Fusions-Rausch" geführt: Dutzende Privatfirmen investieren Milliardenbeträge, um auf verschiedenen technischen Wegen zu dem lang erhofften "Plus" am Ende der Fusionsgleichung zu kommen.
Aus der Industrie hört man, es solle in etwa zehn Jahren soweit sein. In der öffentlich geförderten Forschung sind manche skeptisch: Die Timeline sei zu optimistisch und die Angaben wenig verlässlich, denn schließlich müssten die Firmen ihre Investor*innen bei der Stange halten.
Könnte ein Fusionskraftwerk künstliche Sterne erschaffen und damit unsere Energieprobleme lösen? Die Antwort erhoffen sich Forscher vom Forschungsreaktor Wendelstein 7-x in Greifswald.
04.10.2019 | 08:07 min
Gemeinsam an Fusionskraft forschen - privat und öffentlich
Andererseits: Diese Situation erinnert uns daran, wie es vor rund 20 Jahren bei der
Sequenzierung des menschlichen Genoms ausgesehen hat. Damals arbeiteten Forschende im privaten und öffentlichen Bereich mit unterschiedlichen Methoden und mit einem klaren "heiligen Gral" vor Augen: die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts. Das erhoffte Ziel wurde früher als geplant erreicht, als die verschiedenen Verfahrensweisen zu den gleichen Resultaten führten. Dennoch haben sich die damit verbundenen Hoffnungen bei Weitem nicht erfüllt – alles erweist sich als viel komplexer als gedacht.
Wird es bei der
Fusionskraft zum glorreichen Durchbruch kommen? Naja, es gibt ausreichend Grund zur Skepsis, auch wenn die Entwicklung sehr dynamisch ist. Das Thema hat sowohl die öffentliche als auch die private Forschungsgemeinde elektrisiert.
Senkung des Energieverbrauchs als eine Teil-Lösung
Wo stehen wir also? Können und sollen wir unsere Hoffnung in den womöglich kommenden Fusionsstrom setzen? Denken wir dafür zurück an die umformulierte Frage vom Anfang: "Woher soll unsere Energie kommen?"
In ihr versteckt sich eine Teillösung, die viel mehr Sinn ergibt, als nur auf die Rettung durch die Fusionskraft zu warten: Je weniger
Energie wir benötigen, desto weniger brisant ist das Problem. Daher sollten wir das Möglichste tun, um unseren Verbrauch zu reduzieren, ganz unabhängig von den spannenden technischen Entwicklungen in der Kernphysik.
Für die Energiewende brauchen wir nicht nur erneuerbare Energien – wir müssen sie auch dann abrufen können, wenn sie gebraucht werden. Welche neuen Methoden können so viel Energie speichern?
04.05.2021 | 28:22 min
… die Show und der
Instagram-Kanal mit Chemikerin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim widmen sich der Wissensvermittlung mit Humor. Das Team von
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