: Welcher Corona-Impfstoff passt zu mir?
"Die Sommerwelle flacht ab", hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gesagt, doch "die Dunkelziffer steigt". Auch das RKI mahnt, trotz sinkender Coronazahlen bleibe die Infektionsgefahr hoch. Und wenn sich die Menschen ab Herbst wieder mehr in Innenräumen aufhalten, erwartet man erneut eine Zunahme der Corona-Infektionen.
Eine weitere Nachricht des Ministers: Im Herbst gibt es angepasste Impfstoffe. Was heißt das?
Welche Fortschritte macht Biontech bei der Weiterentwicklung seines Impfstoffs?
Das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer arbeiten seit vergangenem November an neuen Versionen ihres mRNA-Impfstoffs Comirnaty:
- einem reinen Omikron BA.1-Impfstoff (monovalent)
- einem Impfstoff gegen den Wuhan-Stamm und gegen die Omikron BA.1-Variante (bivalent)
- einem Impfstoff gegen die Omikron-Subtypen BA.4/BA.5 (bivalent)
Klinische Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit laufen seit Januar für die beiden erstgenannten Impfstoffe. Biontech teilt mit, dass in diesem Monat eine klinische Studie zu dem an die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 angepassten Impfstoff beginnen werde.
Außerdem arbeiten Biontech/Pfizer an einem weiteren bivalenten Impfstoff. Dieser soll einen besseren Schutz vor verschiedenen Sars-Cov-2-Varianten bieten.

mRNA-Impfstoffe sind Hoffnungsträger im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Ihr Potenzial geht weit darüber hinaus. Das Wirkprinzip soll der Medizin neue Behandlungsmethoden eröffnen.
03.02.2022 | 44:02 minKann Moderna in der Weiterentwicklung mitziehen?
Zur gleichen Zeit begann der US-Konzern Moderna seinen mRNA-Impfstoff Spikevax an die Omikron-Variante anzupassen, durch:
- einen Omikron BA.1-adaptierten Impfstoff (monovalent)
- einen bivalenten Impfstoff (Wuhan und BA.1)
Moderna entwickelt ebenso wie Biontech/Pfizer einen bivalenten-Impfstoff mit Wuhan- und Omikron BA.4/BA.5-Komponenten, zu dem es noch keine Studien gibt.
Welche Rolle spielt Novavax noch?
Der Impfstoff Nuvavoxid von Novavax spielte in Deutschland kaum eine Rolle. Obwohl viele Experten ihre Hoffnung in diesen proteinbasierten Impfstoff setzten und hofften, Skeptiker der neuen mRNA-Technologie mit dem Vakzin von Novavax zu überzeugen, erreichte er nie die Bedeutung der Impfstoffe von Biontech und Moderna. Als es Berichte über vermehrte Herzmuskelentzündungen gab, brach die Nachfrage ein.
Nun arbeitet Novavax an:
- einem monovalenten Impfstoff gegen Omikron BA.1
- einem bivalenten Impfstoff mit Omikron BA.1- und Wuhan-Komponenten
Im vierten Quartal will Novavax zudem einen angepassten Impfstoff gegen Omikron BA.5 in einer Studie erproben.
Welche Impfstoffe wird die EMA zulassen?
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) strebt die Zulassung eines an die Omikron-Variante angepassten Corona-Impfstoffs von Biontech für Herbst an. Am 9. August hat sie mit der fortlaufenden Überprüfung begonnen. Dabei bewertet die EMA die Daten, sobald sie verfügbar sind, und setzt den Prozess fort, bis genügend Daten für einen formellen Zulassungsantrag vorliegen.
Am 10. August teilte die EMA mit, man "erwarte einen Antrag für den von Pfizer/Biontech entwickelten an BA.4/BA.5 angepassten Impfstoff, der für eine mögliche rasche Zulassung im Herbst bewertet werden wird".
Zudem werde vorher die Zulassung von zwei anderen angepassten Corona-Impfstoffen von Biontech und Moderna erwartet, die auf die ursprüngliche Variante des Coronavirus und die frühere Omikron-Variante BA.1 abzielen, erklärte die EMA. Biontech und Moderna hatten laut EMA am 22. Juli die Zulassungsanträge gestellt.
Als erstes Land hat Großbritannien am 15. August einem Omikron-Impfstoff die Zulassung erteilt, nämlich dem von Moderna.
Wann werden die Impfstoffe ausgeliefert?
Der Bundesgesundheitsminister hat sich optimistisch gezeigt, dass die Impfstoffe gegen die Omikron-Varianten BA.1 und BA.5 direkt nach der Zulassung bereits im September ausgeliefert werden könnten. Biontech und Moderna hatten schon seit dem Frühjahr reichlich Dosen vorproduziert. "Wir haben so viel angepassten Omikron-Impfstoff bestellt, dass er für alle reicht", sagte Lauterbach dem Nachrichtenportal t-online am Freitag. Natürlich könnten aber nicht am ersten Tag alle Interessierten auf einmal geimpft werden.
Ein Auslieferungsdatum von Moderna für die EU, die sich am 9. August zusätzliche 15 Mllionen Dosen des angepassten Vakzins gesichert hat, gibt es aber bisher noch nicht.
1. Anpassung des Impfstoffs
Der Hersteller passt seinen Impfstoff im Labor an die neue Variante an. Im Fall von mRNA- und Vektorviren-Impfstoffen wird dafür einfach der RNA- bzw. DNA-Abschnitt, der die Bauanleitung für das Spikeprotein (oder ein Stück davon) darstellt, gegen einen entsprechenden Abschnitt für das Spikeprotein der Variante ausgetauscht.
2. Technische Qualitätsprüfung
Der Impfstoff wird einer technischen Qualitätsprüfung (zur Konzentration der Inhaltsstoffe, der Reinheit und der Stabilität) unterzogen. Hingegen sind keine Wirksamkeits- und Verträglichkeitstests mit Zellkulturen oder Tieren erforderlich.
3. Zwei parallele klinische Studien
Der Varianten-Impfstoff wird in zwei parallelen Studien mit Freiwilligen mit dem ursprünglichen Impfstoff verglichen: in der einen Studie als Erstimpfung, in der anderen als Auffrisch-Impfung. Es wird im Labor gemessen, wie zuverlässig nach der Impfung genügend Antikörper gebildet werden, die die betreffende Virusvariante unschädlich machen (neutralisieren). Der Varianten-Impfstoff muss dabei besser abschneiden als der ursprüngliche. Ein Kontakt der Geimpften mit dem Virus ist nicht erforderlich; es müssen keine Erkrankungsfälle gezählt werden.
4. Prüfung und Genehmigung
Der Hersteller beantragt die Genehmigung für den Varianten-angepassten Impfstoff bei der EMA (eine sogenannte Type-II-Variation). Die EMA kann diese nach priorisierter Prüfung befürworten, die EU-Kommission sodann genehmigen.
5. Produktionsumstellung
Der Hersteller und seine Produktionspartner stellen die Großproduktion ganz oder zum Teil auf den Varianten-Impfstoff um. Das ist im Fall von mRNA- und Vektorvirenimpfstoffen einfach, da sich am Herstellungsverfahren fast nichts ändert. Die Impfstoff-Gefäße werden gekennzeichnet, um Verwechslungen mit dem alten Impfstoff zu vermeiden.
Quelle: Die forschenden Pharma-Unternehmen vfa
Welche Varianten herrschen in Deutschland vor?
Im November, als Biontech und Moderna mit der Weiterentwicklung ihrer Impfstoffe begannen, tobte gerade die Delta-Welle. Anfang Dezember mutierte das Virus und Omikron BA.1 herrschte bald vor. So fokussierten sich die Pharmahersteller auf die Weiterentwicklung ihrer Impfstoffe auf diese Variante.
Die Forschung und Erprobung eines Impfstoffs nimmt aber natürlich ein paar Monate in Anspruch. So hat das Virus schon wieder einen kleinen Vorsprung und in Deutschland ist inzwischen der Omikron-Subtyp BA.5 die vorherrschende Variante.
Bei ihren Studien behalten die Pharmahersteller aber diese Entwicklung im Blick und testen ihre neuen Vakzine auch auf die Wirksamkeit gegen neue Varianten.
ZDFheute Infografik
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Wie ist die Wirksamkeit eines Impfstoffs gegen den Subtyp BA.1 auf die Subtypen BA.4/BA.5?
Sowohl Biontech als auch Moderna bestätigen die Wirksamkeit ihres angepassten bivalenten Impfstoffs Wuhan/BA.1 gegen die Sybtypen BA.4 und BA.5. Bei Biontech heißt es, beide angepasste Impfstoffe, sowohl der monovalente gegen BA.1 als auch der bivalente Wuhan/BA.1, sind wirksam gegen die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5, allerdings in geringerem Maße.
Bei Moderna heisst es, die angepasste bivalente Variante Wuhan/BA.1 des Impfstoffs als Booster schützt besser vor Omikron-Varianten als der bisherige Impfstoff. Der Schutz gegen BA.1 ist jedoch besser als der gegen BA.4/BA.5.
Sollte man auf den BA.5-Booster warten?
Zum jetzigen Zeitpunkt halte er einen bivalenten Impfstoff aus Wuhan und Omikron BA.1 generell für die bessere Wahl, um nicht alten Varianten wieder eine Chance durch nachlassende Immunantwort zu geben, sagte Virologe Martin Stürmer gegenüber ZDFheute. "Ob Biontech oder Moderna da besser ist, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen", so Stürmer. Es werde sich sicherlich mit der Zeit herauskristallisieren, für wen welches Vakzin besser sei. Das hätten sich auch in der Vergangenheit gezeigt, wenn Empfehlungen für die ursprünglichen Impfstoffe immer wieder angepasst wurden, etwa an bestimmte Altersgruppen.
Ob man wirklich auf den BA.4/BA.5 angepassten Impfstoff warten sollte, hängt vor allem davon ab, wann dieser tatsächlich verfügbar sein wird, und davon, wie gut dieser auch gegen andere Varianten schützt.
Risikopatienten sollten die vierte Corona-Impfung bekommen, sagt Gesundheitsminister Lauterbach im ZDF. Ab Herbst könnten Frischgeimpfte drei Monate von Masken befreit werden.
09.08.2022 | 06:56 minBooster gegen Omikron für viele Deutsche noch kein Thema
Eine Impfung mit den voraussichtlich im Herbst zur Verfügung stehenden angepassten Impfstoffen ist für viele Menschen in Deutschland aber noch kein Thema. In einer YouGov-Umfrage antworteten auf eine entsprechende Frage 34 Prozent mit "nein" und 22 Prozent mit "vielleicht". 38 Prozent der Befragten bejahten die Frage. 6 Prozent machten keine Angaben oder antworteten mit "weiß nicht".
Quelle: Mit Material von "Die forschenden Pharmaunternehmen" vfa, dpa und AFP