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: Was man aus Portugals Corona-Weg lernen kann

von Laura Loch und Lukas Wagner
23.06.2022 | 12:20 Uhr
Während hierzulande die Corona-Sommerwelle erst Fahrt aufnimmt, flacht in Portugal die BA.5-Welle ab. Was Deutschland aus Portugals Corona-Weg lernen kann und was Experten raten.
Nur in öffentlichen Verkehrsmitteln, wie hier in einer Lissabonner Straßenbahn, und in medizinischen Einrichtungen gilt in Portugal aktuell die Maskenpflicht.Quelle: dpa/Ágata Xavier
Die Corona-Zahlen ziehen in Deutschland wieder an. Grund dafür ist die Omikron-Untervariante BA.5, die sich hierzulande immer mehr durchsetzt. In Portugal hat diese besonders ansteckende Omikron-Sublinie bereits im Mai für eine Explosion der Infektionszahlen gesorgt. Doch seit Mitte Juni flacht die Welle dort ab. Was kann Deutschland aus dem Beispiel Portugal lernen?

Die Corona-Infektionszahlen steigen wieder an, vor allem wegen der neuen Varianten BA.5 und BA.4. Wie reagieren die EU-Länder auf die Corona-Welle? Ein Blick nach Italien und Frankreich.

21.06.2022 | 02:44 min

So fallen die Varianten- und Infektionszahlen in Portugal aus

In Portugal ist die Omikron-Sublinie BA.5 mit einem Anteil an den Infektionen von 84 Prozent (Stand: 5. Juni) mittlerweile die vorherrschende Variante. Auch in Deutschland steigt der Anteil an BA.5 laut dem RKI stetig an und hat sich wöchentlich von fünf auf 11,5 und zuletzt 23,7 Prozent (RKI-Wochenbericht vom 16. Juni) erhöht.
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Seit rund zwei Monaten waren die Corona-Zahlen in Portugal stark angestiegen. Anfang Juni gab es noch fast 2.000 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Mittlerweile hat sich die 7-Tage-Inzidenz mit 1.111 Corona-Infektionen fast halbiert, wie aus einem aktuellen Bericht des portugiesischen Gesundheitsministeriums hervorgeht.
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Auslastungen der Intensivstationen rückläufig

Die Zahl der Patienten, die auf einer Intensivstation im Krankenhaus behandelt werden müssen, ist in Portugal ebenfalls rückläufig. Es herrscht auf den Intensivstationen eine Auslastung von 34,8 Prozent, wobei ab 75 Prozent die Alarmstufe ausgerufen wird. Diese Auslastung wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt der neuen Corona-Welle erreicht.
Das Verhältnis zwischen der Zahl der hospitalisierten Fälle und der von infizierten Personen lag bei 0,10. Laut der Gesundheitsbehörde ist das verglichen mit früheren Wellen ein niedriger Wert.

Höhere Gesamtsterblichkeit in Portugal als erwartet

Dennoch ist Vorsicht geboten: Zwar verlangsame sich der Aufwärtstrend der Sterblichkeit bei Covid-19-Erkrankten, doch die Gesamtsterblichkeit in Portugal liege über dem für die Jahreszeit erwarteten Wert, so die portugiesische Gesundheitsbehörde in ihrem Bericht.
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Dieser Anstieg wird, zumindest zu einem Teil, auf Covid-19 zurückgeführt. Als harmlos kann also die vorherrschende Covid-Welle nicht bezeichnen werden - sie wird aber deutlich harmloser als die vorausgegangene Wellen eingestuft.
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Portugal bei der Impfquote Deutschland deutlich voraus

Ein Faktor, der Deutschland von Portugal unterscheidet: Die portugiesische Bevölkerung ist impfwilliger als die deutsche, nach den Zahlen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) haben dort 86,2 Prozent mindestens zwei Impfungen erhalten - in Deutschland sind es laut RKI 76,2 Prozent. Bei Booster-Impfungen liegt man hierzulande immerhin mit 61,6 nur knapp drei Prozent darunter.
Auch bei der besonders vulnerablen Altersgruppe über 60 Jahren liegt Portugal vorne, dort haben fast 100 Prozent zwei Impfungen und 96,5 Prozent einen Booster erhalten. In Deutschland sind in diesem Altersbereich aktuell 91,2 doppelt und 85,5 Prozent dreifach geimpft. Für den Immunologen Carsten Watzl ist die dritte Impfung "essenziell". Bei zwei Impfungen und einer Infektion sei von einem vergleichbaren Schutz auszugehen.
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Welche Maßnahmen hat die portugiesische Regierung ergriffen?

Die Corona-Maßnahmen sind in Portugal größtenteils aufgehoben: Seit dem 21. April gilt dort in Innenräumen keine Maskenpflicht mehr. Lediglich in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie medizinischen Einrichtungen bleibt die Maskenpflicht erhalten.
Experten vermuten, dass dies den Anstieg der Fallzahlen begünstigt hat. Der Immunologe Carsten Watzl sieht darin auch einen Grund für die derzeit wieder fallenden Infektionszahlen:
Wenn einfach genügend Menschen sich das Virus mal abgeholt und danach eine Immunität haben, reinfizieren sie sich nicht so schnell wieder.
Carsten Watzl, Universität Dortmund
Auf der anderen Seite hat die portugiesische Regierung als Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie kostenlose Schnelltests in Apotheken wieder eingeführt.

Das bedeutet die BA.5-Welle in Portugal für Deutschland

Die eher milden Verläufe der neuen Omikron-Varianten, die in Portugal anhand der Hospitalisierungszahlen abzulesen sind, deuten auf eine vergleichsweise harmlos anstehende Sommerwelle in Deutschland hin. Dennoch liegt die allgemeine Sterblichkeit in Portugal über dem erwarteten Wert für das Frühjahr. Die Infektionszahlen sind trotz sinkender Zahlen weiterhin sehr hoch.
Vor allem im Vergleich der Impfquoten der beiden Ländern könnte ein Problem für Deutschland ablesbar sein. So hat Portugal insgesamt, aber auch bei den vulnerablen Gruppen wie den über 60-Jährigen, eine sehr hohe Quote, während man dabei hierzulande hinterherhinkt. Geimpfte Personen - vor allem mit drei Impfdosen - sind auch gegen die neuen Omikron-Varianten vor schweren Verläufen gut geschützt.

Was Experten beim Umgang mit der Sommerwelle raten

Thorsten Lehr sieht im Hinblick auf die Corona-Maßnahmen in diesem Sommer "eine ideale Situation nicht zu verschärfen". Dennoch liege es jetzt an jedem Einzelnen, auf sich und andere zu achten. Lehr sagt:
Wir müssen schauen, dass wir trotzdem die vulnerablen Gruppen schützen.
Thorsten Lehr, Universität des Saarlandes
Laut Carsten Watzl wird der Schutz der verletzlichen Gruppen jedoch mit steigenden Corona-Zahlen schwerer. Bei sehr hohen Inzidenzen an die 1.000, wie bei der vorherigen Omikron-Welle, "müsste man auch im Sommer gegensteuern".
Dann wäre natürlich die Maskenpflicht, gerade in Innenräumen, sinnvoll. Weil wir einfach wissen, dass die Masken wirken. Es gibt genügend wissenschaftliche Studien darüber.
Carsten Watzl, Universität Dortmund

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