: Sind Reinfektionen mit Corona harmlos?

von Lukas Wagner
21.06.2022 | 18:44 Uhr
Seit Ende Mai steigen die Corona-Zahlen wieder stark an. Einige Experten empfehlen, Infektionen bewusst zuzulassen. Doch wie gefährlich sind Reinfektionen für bereits Genesene?
In den letzten Wochen läuft vieles wieder im Freien ab, trotzdem steigen die Corona-Zahlen wieder stark an.
Die Corona-Infektionszahlen steigen nach einer kurzzeitigen Talfahrt seit Ende Mai erneut rapide an, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht von einer Sommerwelle. Trotzdem raten Experten wie zuletzt der Münchner Virologe Klaus Stöhr im ZDF dazu, Infektionen bewusst zuzulassen. Carsten Watzl, Professor für Immunologie an der Universität Dortmund, warnt vor einem leichtfertigen Umgang mit dem Virus - auch Genesene:
Wenn man einmal Corona durchgemacht hat - sind Reinfektionen dann harmlos? NEIN!
Carsten Watzl, Immunologe Universität Dortmund

"Auf den Intensivstationen der Krankenhäuser wird nichts Dramatisches geschehen", sagt der Virologe Klaus Stöhr mit Blick auf die von Gesundheitsminister Lauterbach beschriebene Sommer-Welle.

16.06.2022 | 04:57 min

Was haben Reinfektionen mit Autofahrten zu tun?

Um das gesundheitliche Risiko bereits Genesener durch eine erneute Infektion zu verdeutlichen, zieht Watzl in seinem Twitter-Beitrag einen Autofahrt-Vergleich.
Eine Corona-Infektion ist wie zu schnell durch eine Kurve fahren.
Carsten Watzl, Universität Dortmund
Eine Infektion könne dabei zu einem "Unfall", einer schweren Erkrankung führen, habe aber auch Trainingseffekte, den Aufbau einer gewissen Immunität gegenüber dem Coronavirus. Dieses "Training" verbessere zwar die zweite Kurvenfahrt - also die Reaktion des Körpers auf eine weitere Infektion -, dennoch komme es bei einigen Personen noch zu Unfällen.
Durch eine Trainingsrunde (erste Infektion, Anm. d. Redaktion) wird man nicht Formel1-Pilot.
Carsten Watzl, Immunologe Universität Dortmund

Jede Corona-Infektion birgt Risiko eines schweren Verlaufs

Mit jeder weiteren schnellen Kurvenfahrt und damit Ansteckung einer Person erhöhe sich das Gesundheitsrisiko. "Wir werden es wohl nie schaffen, 100 Prozent sicher zu schnell durch die Kurve zu kommen", sagt Watzl zur jeweiligen Gefahr eine Infektion. Auch Klaus Stöhr hatte im ZDF-Morgenmagazin erklärt, dass die Gesellschaft langfristig mit dem Coronavirus zu tun habe werde.
Das Virus bleibt die nächsten fünf, zehn, fünfzig, hundert Jahre noch bestehen.
Klaus Stöhr, Virologe
Anders als Stöhr, der steigende Infektionen mit der laut ihm ansteckenderen, aber weniger gefährlichen Omikron-Variante BA.5 als Weg zur post-pandemischen Lage sieht, rät Carsten Watzl von einem unbedarften Umgang ab: "Jetzt vorzuschlagen, man solle sich absichtlich infizieren, finde ich fahrlässig."

Gibt es Fallzahlen zu Reinfektionen?

Zahlen dazu, wie viele Menschen sich in Deutschland bereits mehrmals mit dem Coronavirus infiziert haben, gibt es laut Robert-Koch-Institut (RKI) aktuell noch nicht.
Auf ZDFheute-Anfrage teilt das RKI mit, dass die Gesundheitsämter zwar mittlerweile solche Daten erheben könnten, für eine eigene Analyse bisher aber ausreichende Datensätze fehlten. Eine eindeutige Aussage, ob eine Reinfektion vorliegt, ist teilweise ohnehin schwer möglich. Das RKI unterteilt deshalb mehrmalige Ansteckungen in drei Kategorien: sichere bzw. bestätigte, wahrscheinliche und mögliche Reinfektion.

Watzl: Respekt vor dem Coronavirus behalten

Trotz seiner Warnung vor einem fahrlässigen Umgang mit dem Virus, hält der Immunologe Carsten Watzl das Risiko einer schweren Erkrankung bei einer immungesunden und dreimal geimpften Person unter 60 Jahren für "sehr gering".
Auch wenn Menschen mit einem guten Immunschutz "die Angst vor dem Virus verlieren" dürften, appelliert Carsten Watzl an sie: "Den Respekt sollte man aber behalten und mit einfachen Maßnahmen die Zahl seiner Infektionen begrenzen."
Wie Sie sich gegen die neuen Omikron-Varianten schützen können:

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