: "Arcturus"-Variante: Zu früh für Corona-Alarm

von Jan Schneider
22.03.2023 | 15:14 Uhr
In Indien breitet sich eine neue Untervariante des Coronavirus aus. "Arcturus" lässt Virologen weltweit aufhorchen, es sei jedoch zu früh für "Alarmstimmung".
Corona-Test in IndienQuelle: Reuters
Die Corona-Pandemie ist nach drei Jahren am Ausklingen. Die Fallzahlen sind weltweit stark rückläufig, mit lediglich 34.000 gemeldeten Infektionen am gestrigen Dienstag laut der WHO. Die Verläufe der Infektion sind durch den Aufgebauten Immunschutz der Bevölkerung auch milder geworden. Doch das Virus entwickelt sich konstant weiter und eine in Indien entdeckte Variante lässt Virologen aufhorchen: In Indien steigt die Zahl der Covid-Fälle erneut an, höchstwahrscheinlich aufgrund der neu entdeckten Virusmutation XBB.1.16, auch bekannt als "Arcturus"-Variante.
Der plötzliche Anstieg der Fälle hat Spekulationen geweckt, dass die neue Variante zu einer neuen Covid-Welle führen könnte. Allerdings sind die absoluten Zahlen aktuell noch gering. Heute wurden im bevölkerungsreichen Indien mit seinen 1,408 Milliarden Menschen nur 1.134 neue Infektionen gemeldet. 7.026 Menschen werden als aktive Covid-19-Fälle gezählt (Stand 23. März).
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Was wir über XBB.1.16 wissen

In den vergangenen drei Jahren hat sich das Coronavirus Sars-CoV-2 durch verschiedene genetischer Variationen weiterentwickelt. Die neue Omikron-Variante XBB.1.16 wurde bereits in mindestens 16 Ländern nachgewiesen. Die meisten Fälle wurden dabei in Indien gezählt, gefolgt von den USA, Brunei, Singapur und Großbritannien. In Indien gab es in den vergangenen Wochen einen Anstieg der Fälle um 281 Prozent und einen Anstieg der Todesfälle um 17 Prozent, schreibt der indische WHO-Experte Vipin Vashishtha.
Die Aussagekraft dieses Anstiegs ist jedoch begrenzt, da es sich in absoluten Zahlen nur um einige Hundert Infektionen handelt. In einem Beitrag bei Twitter hatte Vashishtha gewarnt, dass "sich die Welt ernsthaft Sorgen machen" müsse, sollte es "Arcturus" schaffen, die robuste Bevölkerungsimmunität in Indien zu durchbrechender. Mittlerweile hat der Gesundheitsexperte diese Warnung allerdings gelöscht.
XBB.1.16 weist zahlreiche Mutationen auf, die auch bei der weit verbreiteten Virusvariante XBB.1.5 zu finden sind, hinzu kommen aber noch weitere Schlüsselmutationen innerhalb des Spike-Proteins, welches entscheidend für die Infektion eines Menschen mit dem Virus ist.
Die neue Variante scheint anhand der nachgewiesenen Mutationen eine zu sein, die sich äußerst effektiv verbreiten kann, meint der Virologe Martin Stürmer auf Anfrage von ZDFheute. Vermutlich verfüge sie auch über zusätzliche Mechanismen, die die Immunantwort des Körpers blockieren und so zu mehr Infektionen führen kann.
Es wird also wichtig sein zu sehen, ob bzw. wie sich diese Variante im Kontext der bestehenden Grundimmunität weiter ausbreiten kann.
Martin Stürmer, Virologe
Bisher wurden weltweit noch keine Todesfälle aufgrund der "Arcturus"-Variante gemeldet.

Virologe Stürmer: zu früh für "Alarmstimmung"

In Deutschland wurden bisher lediglich vier Fälle der Variante registriert, zwei in Bayern, und je einer in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Diese niedrige Zahl kann jedoch auch damit zusammenhängen, dass nicht mehr alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen, der für die Sequenzierung der Variante nötig ist.
Insgesamt sei es zu früh, um "in Alarmstimmung zu verfallen", meint Stürmer, aber man müsse die Entwicklung in Indien sehr genau beobachten.
Da es auch schon Fälle in Deutschland gibt, wäre auch hier ein breiteres Monitoring wieder sinnvoll, jedoch haben wir kaum noch Test- und entsprechend Varianten-Analyse-Ergebnisse.
Martin Stürmer, Virologe
Inwieweit die Variante klinisch aggressiver ist und zu mehr Patienten in Krankenhäusern oder sogar Todesfällen führen kann, lasse sich aus den doch noch relativ niedrigen Infektionen mit XBB.1.16 noch nicht abschließend bewerten, so Stürmer.

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