: Am Monatsende wird’s knapp

von Anna Gürth
18.11.2022 | 13:59 Uhr
Erst Corona und Kurzarbeit, jetzt Energiekrise und Inflation. Das Leben ist teurer geworden – für viele Familien eine Herausforderung.
Durch Inflation und Energiepreis steigen die Preise - ein Problem für viele Menschen.Quelle: picture alliance / SvenSimon
"Wir wollen uns unser Leben selbst finanzieren, ohne jegliche Hilfen." Für Christoph Golly ist dieser Punkt besonders wichtig. Seine Frau Corina nickt. Sie sitzen in der gemütlichen Küche ihrer Vier-Zimmer-Wohnung im baden-württembergischen Pfedelbach. "Geistertreppe" und "Uno" wollen die neunjährigen Zwillinge Leonie und Sophie heute spielen. Und später Tischtennis – da ist dann auch der vierzehnjährige Emilio dabei.
Wenn die Preise weiterhin steigen, dann müsste ich wahrscheinlich noch zusätzlich samstags arbeiten, dann wären solche Tage wie heute einfach weg.
Corina Golly
Hier können Sie den gesamten WISO-Beitrag "Familienleben in der Energiekrise" sehen:

Großwäscherei vor dem Aus - Mittelstand fordert staatliche Hilfen; Heizungscheck im Check - Handwerkern auf die Finger geschaut; Wärmeinseln in Ludwigshafen - Kommunen rüsten sich für die Krise; u.a.

14.11.2022 | 42:36 min

Sozialleistungen trotz Arbeit

Schon jetzt ist die gemeinsame Zeit mit den Kindern knapp. Christoph arbeitet Vollzeit als Zerspannungsmechaniker, Corina Teilzeit als Zahnmedizinische Fachangestellte. Etwa 3.000 Euro netto verdienen sie gemeinsam, dazu kommt das Kindergeld.

Das Dreifache für Gas und Strom, Obst und Gemüse nahezu unerschwinglich, Alltägliches wird zum Luxusgut. Menschen, die bisher einigermaßen über die Runden kamen, müssen jetzt jeden Euro umdrehen.

06.11.2022 | 30:10 min
Mit ihrem Einkommen liegt die Familie unter dem Durchschnitt in der Bundesrepublik – trotzdem genug, um ohne Geldsorgen leben zu können. Zumindest war das früher so. Vor Corona und Kurzarbeit, vor Energiekrise und Inflation.
Heute wird das Geld zum Monatsende immer öfter knapp. Weil abzüglich der Fixkosten zu wenig übrig bleibt, bekommen die Gollys den Kinderzuschlag. Eine Sozialleistung für Familien mit kleinem Einkommen. Extra-Geld, das sie gut gebrauchen können – wohl fühlen sie sich mit der staatlichen Hilfe aber nicht.
Dass wir, trotz Arbeit, Geld für Bildung und Teilhabe beantragen müssen, das ist doch traurig.
Christoph Golly
Christoph Golly schüttelt den Kopf. Der Ärger über die Politik ist in seiner Stimme deutlich zu hören. Dass jetzt das Kindergeld erhöht wird, findet er gut. Auch das 49-Euro-Ticket würde ihn als Bahnpendler deutlich entlasten, aktuell zahlt er 100 Euro für die Monatskarte.
Trotzdem würden die Sorgen der Familien immer noch zu wenig ernst genommen. Sie sparen, so viel es geht. Rücklagen haben die Gollys nicht, deshalb ist Sparen im Alltag jetzt umso wichtiger. Die Heizung bleibt bisher aus, duschen statt baden. Mal ins Kino oder Essen gehen – gestrichen.
ZDFheute Infografik
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Aufs Auto können sie hier auf dem Land nicht verzichten, Kostenpunkt etwa 300 Euro im Monat. Der letzte Familienurlaub war vor Corona. Beim Einkaufen achten sie noch mehr auf Angebote, kaufen da, wo es am günstigsten ist. "Durch die gestiegenen Preise können wir mit unserem Gehalt einfach nicht mehr leben wie vorher."
Christoph und Corina wissen, dass sie nicht arm sind. Das Nötigste können sie sich leisten. Als Teil der Mittelschicht fühlen sie sich aber trotzdem nicht mehr. Der große Traum vom Eigenheim ist in weite Ferne gerückt.
Heute können wir eigentlich froh sein, dass wir einen Job haben und die Miete bezahlen können.
Corina Golly
Ob sie als Bezieher einer Sozialleistung überhaupt einen Kredit bekommen würden, sei ohnehin unklar.

Zukunftssorgen

Mit Emilio, Leonie und Sophie sprechen die Eltern offen darüber, dass nicht mehr alles geht. Verbergen lasse sich das ohnehin nicht. Aber das Thema Geld soll für die Kinder nicht ständig präsent sein. "Natürlich kann man sich jetzt nicht das mega tolle Wochenende leisten und irgendwo hinfahren", sagt Corina.
Aber zusammen etwas zu unternehmen – und wenn es nur Tischtennis ist – das ist einfach eine Freude, die man miteinander erlebt.
Corina Golly
Corina und Christoph versuchen gemeinsam das Beste aus der Situation zu machen. Trotzdem: Die Sorge, ihren Kindern künftig immer weniger bieten zu können, wächst.

ZDF-Themenschwerpunkt zur Energiekrise

Quelle: ZDF, Getty Images / [M] Corporate Design
Heizung herunterdrehen, Licht ausmachen, Strom sparen: Die Energiekrise ist im Alltag der Menschen angekommen und viele fragen sich: Wie wird der Winter angesichts von Energieknappheit und hohen Preisen? Der ZDF-Themenschwerpunkt "Energiekrise" beleuchtet vom 11. bis 18. November diese und weitere Fragen zu Energiekosten und Energiewende. In den aktuellen Magazinsendungen des ZDF, in Doku-Formaten wie "plan b", "planet e.", "ZDFzeit" und "ZDFzoom", in einem "moma vor ort" aus Ludwigshafen, im ZDF-Polittalk oder online auf ZDFheute rückt die aktuelle "Energiekrise" in den Fokus, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine.

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