: Deutsche Astronautinnen in Ausbildungskader

von Susanne Freitag
24.11.2022 | 11:38 Uhr
Die europäische Raumfahrtagentur Esa beginnt ihr neues Ausbildungsprogramm für junge Astronauten. Teil des neuen Kaders sind auch zwei Astronautinnen aus Deutschland.
Vielleicht lernt man Strahlen im Esa-Medientraining: Vor den Augen der gespannten Presse und der internationalen Delegationen hebt sich ein Vorhang - 17 junge Männer und Frauen strahlen um die Wette.
Astronauten sind sie alle, fünf von ihnen werden "Karriereastronauten" - sie beginnen das begehrte Ausbildungsprogramm der europäischen Raumfahrtagentur - hart, lang, aber es winkt das Ticket ins All. Zwei Frauen und drei Männer aus Frankreich, Großbritannien, Spanien, Belgien und der Schweiz starten ab heute ihre Astronautenkarriere.

Auf dem Esa-Gruppenbild zwischen Astro-Alex und Matthias Maurer

Beim Familienfoto steht Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher zwischen lauter glücklichen High-Performern aus Europa. In der letzten Reihe, fast versteckt, die Astronautenstaffel von 2009. Matthias Maurer und Alexander Gerst sowie ihre Klassenkameraden, die inzwischen alle ein- bis zweimal auf der ISS waren, in ihren Ländern sind sie Medienstars.
Jetzt drängt sich eine beeindruckende Menge um die neue französische Astronautin Sophie Adenot. Sie ist Frankreichs erste Hubschrauber-Testpilotin, Ingenieurin, Oberstleutnant. Hinter ihr stehen Thomas Pesquet, Frankreichs Astronauten-Star und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Sie werden umringt von unzähligen Journalisten - Frankreich ist stolz.
Der neue Astronautenjahrgang wird auf dem Esa-Ministerratstreffen vorgestellt. Quelle: dpa

Zwei deutsche Astronautinnen hoffen auf Mission im All

Um die Deutschen Nicola Winter, promovierte Biologin, und Amelie Schoenenwald, ehemalige Kampfpilotin, ist die Menschentraube kleiner. Die beiden Frauen sind seit heute Astronautinnen der Reserve. Sie strahlen trotzdem, gemeinsam mit Alexander Gerst und Matthias Maurer, jetzt ihre Kollegen. Amelie Schoenenwald sagt:
Nach dem langen Auswahlverfahren da oben auf der Bühne zu stehen, das war ein total schöner Moment!
Amelie Schoenenwald, deutsche Astronautin der Reserve
Sie sind bereit für die vielen Missionen der Esa, auch wenn es nicht sofort klappt. Matthias Maurer war auch Astronaut in der Reserve:
Ich wurde nachnominiert, mein Chef Frank de Winne aus Belgien - wurde auch nachnominiert (...) wenn es heute nicht klappt dann eben morgen.
Matthias Maurer, deutscher Astronaut
Die Astronautenauswahl war der krönende Abschluss nach zwei Tagen ziemlich zäher Verhandlungen um das Budget der Esa. Die internationalen Delegationen berieten, schacherten, legten sich auf Summen für Programme fest. "Eine Mischung aus Casino und Basar", sagt ein Teilnehmer.

Europa will Anschluss im All nicht verpassen

Doch der Konkurrenzkampf im All ist so hart wie nie. Hier müssen 22 Staaten mühevoll ein Budget erstreiten, das um ein Vielfaches niedriger ist als das der Nasa, von China ganz zu schweigen. 16,9 Milliarden sind es am Ende.
Europa will unabhängiger werden und den Anschluss nicht verlieren. Deutschland ist der größte Beitragszahler. Europa will eine eigene Satelliten-Konstellation schaffen, in den Bereichen der strategischen und militärischen Kommunikation eigenständiger werden. Erdbeobachtung, Bekämpfung des Klimawandels - all diese Bereiche sind ohne die Raumfahrt nicht mehr denkbar.

John McFall erster Astronaut mit körperlicher Einschränkung

Am Ende geht es aber auch um die begehrten Plätze im All. Bei der Artemis-Mondmission ist die Esa Partner. Das Orion-Modul, das die Astronauten zum Mond bringen soll, ist "Made in Europe". Vor dem Ende des Jahrzehnts sollen zwei bis drei europäische Astronauten Richtung Mond fliegen. Wer das sein wird, ist völlig offen. Doch alle, die heute auf der Bühne stehen, träumen davon.
Und einer von ihnen hat heute schon Weltraumgeschichte geschrieben: Der Brite John McFall ist der erste Astronaut mit körperlicher Einschränkung. Er hat bei einem Motorradunfall sein rechtes Bein verloren. Jetzt ist er der erste "Parastronaut" der Esa.
"Das ist eine sehr wichtige Botschaft an die Menschheit. Wir verschieben die Grenzen. Wir verändern die Erwartungen und die Vorstellungen, die es von Menschen mit Behinderungen gibt", so McFall.
Das zeigt, dass die Wissenschaft und auch das Weltall, für alle da sind.
John McFall
In der Raumfahrt hat eine neue Ära begonnen. Und alle, die in Paris auf der Bühne standen, werden in jedem Fall ein Teil davon sein.

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