: Gewalt an Frauen: Europarat rügt Deutschland

07.10.2022 | 10:43 Uhr
Der Europarat hat die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Deutschland bemängelt - und fordert Nachbesserungen in verschiedenen Bereichen.
Deutschland müsse noch viel tun, was die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen angeht, so der Europarat. (Symbolbild)Quelle: Colourbox.de
Der Europarat hat in Deutschland gravierende Defizite beim Schutz von Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt festgestellt. Zwar seien einige Entwicklungen im deutschen Strafrecht begrüßenswert, teilte die Expertengruppe des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Grevio) in ihrem ersten Bericht über Deutschland am Freitag mit.
Dazu zählten etwa die ausdrückliche Kriminalisierung von technologiegestütztem Missbrauch wie Cyber-Stalking oder des unerlaubten Fotografierens privater Körperteile.

Mehr Ausbildungs- und Beratungsstellen gefordert

Abgesehen davon müsse Deutschland aber noch viel tun. Frauenhäuser und Beratungsstellen seien sehr ungleich verteilt und gerade in ländlichen Gegenden rar gesät. In größeren Städten gebe es zwar grundsätzlich Beratungsangebote für die meisten Formen von Gewalt, oft aber mit langen Wartelisten.
Laut der Expertengruppe sei zudem eine bessere Ausbildung von bestimmten Berufsgruppen, die mit gewaltbetroffenen Frauen in Berührung kommen, "dringend erforderlich". Frauenrechtsgruppen hätten etwa gegenüber den Experten darauf hingewiesen, dass zwar fast alle Polizeiakademien auf Länderebene Ausbildungseinheiten anböten, die dort erworbenen Kenntnisse jedoch nur grundlegend seien.

Die körperlichen und seelischen Schäden bei Frauen und Kinder, die während der Pandemie Gewalt zu Hause erfahren, werde man erst Stück für Stück in den nächsten Jahren sehen und aufarbeiten müssen, so die Trauma-Expertin Michaela Huber.

02.05.2021 | 05:05 min

Europarat-Experten: Nationaler Aktionsplan fehlt

Das Gremium forderte:
  • kostenlosen Zugang für weibliche Gewaltopfer zu speziellen Unterkünften für häusliche Gewalt
  • mehr Schulungen für Menschen, die mit Opfern oder Tätern von Gewalt zu tun haben
  • Überprüfungsmechanismus für häusliche Tötungsdelikte, um zu erkennen, wo die Institutionen anders reagieren müssten
Insgesamt fehle bislang ein nationaler Aktionsplan, wie ihn die Istanbul-Konvention eigentlich vorsehe.
Die Istanbul-Konvention war 2011 vom Europarat ausgearbeitet worden. Mit der Unterzeichnung hat sich Deutschland verpflichtet, Gewalt gegen Frauen zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen. Der Europarat wacht über die Einhaltung der Menschenrechte in seinen 46 Mitgliedstaaten. Die Organisation gehört nicht zur EU.
Quelle: dpa, AFP

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