: Beim Gen-Food bedenkenlos zugreifen

von MAITHINK X
27.03.2022 | 09:18 Uhr
Würden Sie im Supermarkt gentechnisch verändertes Obst kaufen? Nein? Warum nicht? Viele Menschen haben da Bedenken - sind diese überhaupt gerechtfertigt?

In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Viele Verbraucher*innen lehnen Lebensmittel ab, die mit Hilfe von Gentechnik gezüchtet oder verändert wurden. Die meisten, weil sie Auswirkungen auf ihre Gesundheit befürchten. Gen-Food ist ungesund und schmeckt schlecht, seine Herstellung ist unmoralisch und gefährdet den Bestand des nicht genveränderten Essens - zumindest finden sich solche Annahmen unter den Gedanken von Gegner*innen genetisch veränderter Lebensmittel.

Gen-Food kann gesünder sein

Die Wissenschaft sagt etwas ganz anderes: Gen-Food ist nicht ungesünder als konventionell hergestelltes Essen. Im Gegenteil: Es kann sogar gesünder sein, wenn Giftstoffe gezielt entfernt werden.
Dieser gedankliche Konflikt zwischen Gen-Food-Kritiker*innen und der Forschung fand einen Höhepunkt, als 2016 mehr als 100 Nobelpreisträger*innen in einem offenen Brief die Haltung von Greenpeace gegenüber genetisch veränderten Lebensmitteln kritisierten. Neue Preisträger*innen können sich weiter daran anschließen; derzeit hat der Brief 159 Unterzeichner*innen.

Pflanzen können mit Gentechnik widerstandsfähiger werden

Der Brief ruft Greenpeace dazu auf, sich nicht länger gegen Fortschritte im Bereich genetisch veränderter Organismen (GVO) zu stellen. In dem Schreiben geht es konkret um eine genetisch veränderte Reissorte mit einem künstlich erhöhten Anteil an Beta Carotin - gegen Vitamin-A-Mangel.
Das ist aber nicht der einzige Vorzug von GVOs: Gentechnik wird auch verwendet, um Pflanzen widerstandsfähiger gegen Schädlinge oder fit für den Klimawandel zu machen, um ihren Nährstoffverbrauch zu reduzieren oder ihren Ertrag zu erhöhen.

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Laut Nasem keine Gesundheitsgefahr bei Gen-Food

Außerdem begrenzen sich die wissenschaftlichen Analysen zum Gesundheitsrisiko von Gen-Food nicht nur auf den erwähnten Brief. Ebenfalls 2016 veröffentlichte die National Academies of Sciences, Engineering and Medicine (Nasem), eine US-amerikanische Dachorganisation für Wissenschaftsakademien, einen großen Bericht.
Die Forschenden untersuchen die Sicherheit von Gen-Food und schauen dazu auf drei unterschiedliche Arten von Studien: Tierversuche, Analyse der Inhalte und Gesundheitsprofile aus Regionen, in denen genveränderte Nahrungsmittel schon länger zugelassen sind. Das klare Ergebnis: Nirgends fand sich ein Anlass zur Sorge, dass der Verzehr von GVOs gesundheitsschädlich sein könnte.

Über Bedenken für Agrarwirtschaft muss man sprechen

Zusammengefasst: Gen-Food ist also zunächst mal unproblematisch - zumindest für die Person, die es isst. Natürlich gibt es noch weitere Ebenen, über die man sich dabei unterhalten muss: Unabhängig davon, auf welche Art sie entstanden sind, müssen neu eingeführte Lebensmittel ausführlich getestet und gegebenenfalls reguliert werden (das sagt auch der Nasem-Bericht).
Es gibt Debatten über das Für und Wider einer spezifischen GVO-Kennzeichnung und auch die Bedenken, dass große Agrarunternehmen ihren Einfluss auf die Nahrungsmittelproduktion z.B. durch Patentrechte weiter ausbauen werden. Solche Bedenken müssen gehört und besprochen werden.

Verbraucher können im Supermarkt frei wählen

Sie unterscheiden sich aber in einem wichtigen Punkt von der Frage der Sicherheit beim Verzehr: Es sind gesellschaftliche Fragen, die auf der Bevölkerungsebene geklärt werden müssen.
Sie ändern nichts an der Tatsache, dass Verbraucher*innen im Supermarkt beim Griff zu Gemüse oder Getreide genauso gut Gen-Food auswählen können, ohne sich einem gesundheitlichen Risiko auszusetzen. Wenn es danach geht, was zu Hause auf den Tisch kommt, ist der Gen-Reis mindestens genauso gut wie der, der mit ursprünglicheren Methoden gezüchtet wurde.

CRISPR/Cas-Methode beschleunigt Gen-Food

In anderen Worten: Die erste Hürde, nämlich sichere genetisch modifizierte Nahrungsmittel herzustellen, wurde von der Wissenschaft offenbar überwunden. An der zweiten Hürde, nämlich die Menschen von dieser Sicherheit zu überzeugen, wird noch gearbeitet.
Seit dem Brief 2016 haben sich die Prozesse zur Herstellung von GVOs beschleunigt, vor allem aufgrund der CRISPR/Cas-Methode, die das Editieren des Erbguts ermöglicht. Damit sollen neue Lebensmittel hergestellt werden, die besser mit der wachsenden Bevölkerungszahl und einem wärmeren Weltklima klarkommen. Allerdings hat sich bereits gezeigt, dass die Verbraucher*innen auch dieser neuen Biotechnologie kritisch gegenüberstehen. 

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