: WM in Katar: Profitierte die DFL?

von Julia Friedrichs
08.11.2022 | 11:00 Uhr
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht schon länger heftig in der Kritik. Ein Insider packt aus: Auch die Bundesliga könnte von der Vergabe finanziell profitiert haben.

Eine WM in der Wüste. Im Winter. Aller Kritik zum Trotz: Sportjournalist Jochen Breyer und Autorin Julia Friedrichs gehen der Frage nach, wie Katar dieser Coup gelingen konnte.

15.12.2022 | 43:26 min
Es war von Beginn an die Achillesferse der WM-Bewerbung Katars: der Termin. Das Land war bei der Vergabe im Dezember 2010 für eine Sommer-WM angetreten und hatte dafür auch den Zuschlag bekommen. Dabei hatte die FIFA selbst in ihrem technischen Report vor der Bewerbung unmissverständlich klargemacht, dass es im Sommer in Katar zu heiß sei, um ein Turnier ohne gesundheitliche Risiken zu veranstalten.
Und tatsächlich: Als das Team um Sportmoderator Jochen Breyer im Juni 2022 - also zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Sommer-WM hätte angepfiffen werden sollen - zum ersten Mal nach Doha reist, sind es fast 50 Grad. Eine WM unter diesen Bedingungen mit hunderttausenden Zuschauern wäre Wahnsinn gewesen.
Das Turnier musste also, erstmals in seiner Geschichte, in den Winter verschoben werden - und damit mitten hinein in die Saison der großen europäischen Ligen. Die aber waren lange einhellig gegen diese Pläne. Den WM-Verantwortlichen in Katar war klar, dass man den europäischen Fußball für die WM einnehmen musste.

Manager der Bundesliga packt aus

Recherchen des ZDF liefern nun neue Hinweise, auf welchem Wege das gelungen sein könnte. Im Zentrum steht der katarische Sportsender BeINSports. Kein ganz normales Unternehmen. Vorstand von BeINSports ist Nasser Al-Khelaifi, einer der mächtigsten Männer in der Sportwelt. Khelaifi ist nicht nur Freund des Emirs von Katar und Präsident von Paris St. Germain, sondern leitet auch den katarischen Sport-Investmentfond. Wenn jemand weiß, wie Geld im Sport strategisch klug eingesetzt wird, dann er. Die Informanten, die das ZDF befragte, behaupten, dass Katar seinen Reichtum auch nutzt, um Abhängigkeiten zu schaffen.

Eine "große Konfrontation" im Vorfeld der WM in Katar ändere "nichts an der Situation der Menschenrechte", sagt der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jürgen Hardt und plädiert für Diplomatie.

01.11.2022 | 07:05 min
Und der Manager eines Bundesligisten sagt im Interview mit dem ZDF, dass genau das im Vorfeld der WM geschehen sei. Der Mann will anonym bleiben, seine Aussagen durfte das ZDF aber aufzeichnen und veröffentlichen. Er berichtet von einem Treffen in Doha, zu dem Katar die europäischen Spitzenclubs eingeladen habe. Dort hätten die katarischen Verantwortlichen deutlich gemacht, dass die Unterstützung der europäischen Ligen dem Land viel wert sei.
Da war klar, wie das funktioniert. Da wird es darum gehen, welche Medienverträge müssen wir in Euren Ligen für teuer Geld einkaufen?
Anonymer Manager eines Bundesligisten
Der Mann beendete das Interview mit einem Rechercheauftrag: "Gucken Sie doch mal, wie viel BeINSports an die Bundesliga bezahlt hat über all die Jahre."

Verhandler: Katar wollte sich WM sichern

In der Tat: 2015, als die Übertragungsrechte für die sogenannte MENA-Region, den Nahen Osten und Nordafrika, neu verhandelt wurden, bot BeINSports der Deutschen Fußball Liga (DFL) fast vier Mal so viel wie bislang gezahlt wurde. 40 Millionen Euro pro Saison, statt zuvor 11 Millionen Euro.
Es gelingt dem ZDF mit einem Mann zu sprechen, der bei den Verhandlungen dabei war. Er sagt, es sei ein ungewöhnlicher Deal gewesen. Die Fußball Liga habe noch ein anderes gutes Angebot auf dem Tisch gehabt. Aber die Kataris hätten klar gemacht, dass sie bereit wären mehr zu bieten. "Sagt, was ihr braucht", sei die Botschaft an die DFL gewesen.
40 Millionen pro Saison: "Das war ein unfassbarer Betrag für die Bundesliga", erinnert sich der Verhandler. Auf die Frage, warum Katar so viel bezahlt habe, antwortet er:  "Weil sie die WM sichern wollten. Weil sie ein Instrument haben wollten, um zu sagen: Verhaltet Euch ruhig!”
Das ZDF hat sowohl BeINSports als auch die Deutsche Fußball Liga um eine Stellungnahme gebeten. Beide äußerten sich nicht.

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