: Wie invasive Arten die Natur bedrohen

04.07.2022 | 09:29 Uhr
Sumpfkrebse, Waschbären und Wasserpest: In vielen Städten verbreiten sich invasive Tier- und Pflanzenarten stark - und bedrohen damit das Ökosystem. Was kann dagegen getan werden?
Ein Waschbär läuft über ein Dach. ArchivbildQuelle: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa
Als 2017 erstmals Amerikanische Sumpfkrebse auf Wiesen und Wegen im Berliner Tiergarten gesichtet wurden, sorgte das für einige Aufregung. Vermutlich hatten sich die Nachkommen ausgesetzter Tiere zunächst unbemerkt vermehrt, bevor Hunger oder Platznot sie aus den Parkgewässern trieben.
Alljährlich im Sommer werden nun Exemplare der invasiven Art, die eigentlich im Süden der USA und dem Norden Mexikos heimisch ist, aus den Gewässern gefangen. Eine weitere Ausbreitung soll verhindert und die Vermehrung zumindest gebremst werden. Die gefräßigen und wanderlustigen Tiere gelten als Bedrohung für heimische Arten und Ökosysteme - nicht nur in Berlin, sondern in der gesamten Europäischen Union.

Wegen des Klimawandels können sich invasive Arten auch in neuen Gebieten ausbreiten und so möglicherweise einheimische Arten verdrängen.

29.07.2020 | 02:55 min

66 invasive Arten auf EU-Liste

In Berlin und anderen Städten haben sich viele weitere hier ursprünglich nicht heimische Arten ausgebreitet, einige von ihnen machen Probleme: Riesenbärenklau, Götterbaum und Schmalblättrige Wasserpest ebenso wie Nilgans, Waschbär und Nutria.
Etwa 900 Arten haben sich dem Bundesamt für Naturschutz zufolge seit 1492 in Deutschland dauerhaft angesiedelt - dem Jahr der Entdeckung Amerikas, das Wissenschaftler als Grenze für die Unterscheidung zwischen fremd und heimisch heranziehen.
66 Tier- und Pflanzenarten stehen auf einer von der EU-Kommission erstellten Liste, der sogenannten Unionsliste invasiver Arten. Die Mitgliedsländer müssen die Einschleppung dieser Arten verhindern beziehungsweise ihre ungehemmte Ausbreitung stoppen, wenn sie schon angekommen sind.

Berlin wird wieder grün und erwacht zum Leben. Die Kirschblüten blühen, Outdoor-Bars öffnen und Spree und Havel laden wieder zu Touren auf dem Wasser ein. Ein weiteres Highlight: Waschbären zum Knuddeln.

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"Bei Arten, die noch nicht hier heimisch sind, hat man ganz gute Chancen, sie fernzuhalten", sagt Ingolf Kühn vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle. "Bei bereits etablierten Arten wie etwa den Sumpfkrebsen oder dem Riesenbärenklau ist die Beseitigung nicht mehr zu schaffen."
Da geht es dann darum, die Bestände einzudämmen und die Arten aus besonders sensiblen Bereichen wie Naturschutzgebieten fernzuhalten.
Ingolf Kühn vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
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Zu wenig Geld für effektive Maßnahmen

In Berlin hat die Senatsverwaltung einen Fischer beauftragt, der in der Hochsaison mindestens zwei Mal pro Woche die ausgelegten Reusen leert. Die Tiere werden unter anderem an Berliner Gastronomen verkauft. Allerdings lässt sich gegen invasive Arten nur selten mit Messer und Gabel vorgehen - zudem kommt die Bekämpfung oft einer Sisyphos-Aufgabe gleich. "Oft sind dafür gar nicht genug Kapazitäten vorhanden", sagt Sebastian Kolberg, Referent für Artenschutz beim Nabu.
In den unteren Naturschutzbehörden fehlt dazu schlicht die finanzielle und die personelle Ausstattung.
ebastian Kolberg, Nabu
Kompromisslos auf die Vertreibung einer invasiven Art zu setzen, sei aber auch häufig nicht zielführend, sagt Kolberg. Alle Anstrengungen auf das Management einer Konfliktart zu legen, sei keine nachhaltige Strategie. Sinnvoller sei es häufig, die Gesundheit des Ökosystems insgesamt zu stärken.
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Klimawandel beschleunigt die Entwicklung

Viele der heute als problematisch betrachteten Arten wurden einst bewusst eingeführt: der Waschbär etwa als Pelzlieferant, der asiatische Marienkäfer zur biologischen Bekämpfung von Schädlingen. Heute gehören sie zu den Arten, die man wohl nicht mehr vertreiben kann.
Mit dem Klimawandel dürfte sich die Situation in den kommenden Jahren kaum entspannen. Wildtierexperte Derk Ehlert von der Berliner Umweltverwaltung warnt:
Wenn sich eine Art erstmal etabliert hat, gibt es oft kaum noch Möglichkeiten, sie wieder loszuwerden.
Derk Ehlert, Wildtierexperte
Quelle: Anja Garms, dpa

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