: Warum es an Blutkonserven mangelt

von Dagmar Noll
18.01.2023 | 18:52 Uhr
Engpässe bei Blutkonserven kommen vor. Doch zurzeit sind nirgendwo in Deutschland genügend lebensrettende Reserven vorhanden. Ärzte erklären, warum das so ist und was helfen kann.

Arzt und Medizinjournalist Christoph Specht erklärt in der ZDF-Sendung "Volle Kanne", warum es aktuell so wenige Blutkonserven gibt.

17.01.2023 | 08:55 min
Blutkonserven retten Leben. 14.000 bis 15.000 davon werden in Deutschland pro Tag gebraucht. Blutbanken kalkulieren einen Vorrat von fünf Tagen, doch der wird zurzeit in Deutschland nirgendwo erreicht. In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland gibt es sogar nur noch Blutkonserven für einen Tag.
Engpässe gebe es immer wieder, sagte der Arzt und Medizinjournalist Christoph Specht. Vor allem im Sommer, während der Urlaubszeit, spendeten weniger Menschen.
Dass jetzt so wenig Blut vorrätig sei, mitten im Winter und außerhalb der Hauptferienzeit, sei jedoch kein Engpass, wie er alle Jahre immer mal wieder passiere. Dieser Engpass sei "in der Tat anders".
Das liegt natürlich daran, dass jetzt sehr viele Menschen krank waren und deswegen gar nicht spenden konnten.
Christoph Specht, Arzt und Medizinjournalist

Babyboomer-Spender fallen sukzessive weg

Die Infektionswellen reißen auch nicht ab - viele sind immer noch krank, sowohl Spender als auch Personal in den Blutspendezentren.
Auch die demografische Verteilung sei ein wichtiger Grund, wie Stephan David Küpper vom DRK-Blutspendedienst West klar macht. Deutschland habe "eine treue Gruppe von Blutspendern gehabt über Jahre", und zwar die Generation der Babyboomer, die von Anfang bis Mitte der 1960er Jahre geboren wurden. "Die fallen jetzt sukzessive weg", so Küpper. Zu wenig neue, junge Spender und Spenderinnen rückten nach.
Dass es immer weniger Spender gibt, führen Ärzte auch auf aktuelle Krisen wie Krieg oder Pandemie zurück. In solchen Zeiten würden sich viele eher auf sich selbst und die eigenen Nöte besinnen.

Gefahr durch Mangel an Blutkonserven

Doch die geringen Vorräte können schwere Folgen haben.
Es ist das große Problem bei Unfällen und anderen unvorhergesehenen Ereignissen, wo man viele Blutkonserven braucht und dann nicht zur Verfügung hat.
Christoph Specht, Medizinjournalist
Davor hat auch Silke Rummler Angst. Die Medizinerin leitet das Institut für Klinische Transfusionsmedizin der Uniklinik Jena. Was zum Beispiel macht man bei einem Aortenriss, bei dem die Innenhaut der Hauptschlagader reißt?
Dann braucht man "schnell mal 20 bis 30 Konserven Blut", so Rummler. "Und wenn man dann schaut, dass man im Depot nichts hat, dann stellt man sich immer die Frage, was passiert mit den Patienten?"

Die Vorräte an Blutkonserven reichen in manchen Bundesländern nur noch für einen Tag. Blutspender werden händeringend in ganz Deutschland gesucht.

13.01.2023 | 02:03 min

Kliniken müssen planbare Operationen verschieben

Vor allem mangelt es an den häufigsten Blutgruppen A und 0. Planbare Operationen, bei denen Transfusionen notwendig werden könnten, versuchen die Krankenhäuser zu verschieben.
Christoph Specht verweist auf eine andere Möglichkeit für Patienten und Patientinnen, die auf ihre Operation nicht verzichten wollen oder können: "Nämlich, indem man selber spendet. Also gar nicht neutral für andere."
Wenn ich weiß, beispielsweise bei einer Hüftoperation, da wird viel Blut gebraucht, und die steht jetzt an in acht Wochen, zwölf Wochen, dann kann man ja auch das eigene Blut spenden.
Christoph Specht, Arzt

Blutspenden rettet Leben und ist gesund

Jede Blutspende kann Leben retten. Gerade jetzt, wo die Blutbanken fast leer sind, ist Spenden wichtig. Aber: Wer regelmäßig Blut spende, helfe nicht nur anderen, sondern tue auch sich selbst etwas Gutes, so Christoph Specht:
Man weiß, dass der Blutdruck sinken kann durch solche regelmäßigen Blutspenden.
Christoph Specht, Arzt
"Und insgesamt ist es ja immer wieder ein Reiz für das Knochenmark, Blut neu zu produzieren, und das ist gut. Wir Menschen sind darauf eingerichtet, dass es einen Kreislauf gibt. Immer Produktion und Abbau, und das kann ich mit einer Blutspende durchaus fördern," ergänzt Specht.
Dagmar Noll ist Redakteurin und Autorin in der ZDF-Redaktion "Volle Kanne - Service täglich".