: Wie München mit den Rammstein-Shows umgeht

von Christoph Wiesel, München
06.06.2023 | 17:45 Uhr
Frauen erheben schwere Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann. Jetzt kommt die Band für vier Konzerte nach München. Wie die Landeshauptstadt mit den Auftritten umgeht.

Mehrere Frauen haben Rammstein-Sänger Till Lindemann Machtmissbrauch und sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Rund um Konzerte der Band soll es zu den Übergriffen gekommen sein.

06.06.2023 | 03:24 min
Vier Abende Live-Show, ausverkauftes Olympiastadion, 240.000 Fans: Eine Konzertserie der Superlative hat Rammstein in München geplant, das große Highlight der aktuellen Europa-Tour sollte es werden.
Doch noch bevor die Band an diesem Mittwoch zum ersten Mal die Bühne im Olympiagelände betritt, ist klar: Über diesem Besuch in München wird ein Schatten bleiben.

Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann

Körperliche Übergriffe und Machtmissbrauch: Heftige Vorwürfe lasten auf Rammstein-Frontmann Till Lindemann. Medien berichten über angebliche Aufforderungen zu Sex und den Einsatz von K.O.-Tropfen am Rande von Auftritten.
Es gilt die Unschuldsvermutung, Rammstein streitet die Vorwürfe ab. Doch längst ist die Debatte entbrannt, ob Rammstein-Konzerte bei solchen Anschuldigungen in München stattfinden sollten. Wer sich in der Landeshauptstadt umhört, bekommt unterschiedliche Antworten:
Ich persönlich finde es nicht so okay. Aber wenn er (Lindemann) das abstreitet, ist es halt auch schwierig.
Vanessa Martillotto
Ich würde nicht so einen großen Wind drum machen, bis wirklich festgestellt worden ist, dass es wahr ist.
Lasse Lehnert

Rammstein-Konzerte sollen trotz der Vorwürfe stattfinden

Klar ist: Dass es noch zu einer spontanen Absage kommt, ist unwahrscheinlich. Weder vom Veranstalter, Propeller Music, noch von der "Vermieterin" des Olympiastadions, der Olympiapark München GmbH, scheint es Überlegungen in diese Richtung zu geben.
In einem Statement der Olympiapark München GmbH heißt es:
Wir gehen davon aus, dass die vier Rammstein-Konzerte im Olympiastadion stattfinden werden.
Statement der Olympiapark München GmbH
Und weiter: "Würden sich die erhobenen Vorwürfe gegen Till Lindemann und die Band bestätigen, wäre dies absolut verurteilungswürdig."
Die Stadt München teilt unterdessen mit, man nehme die aktuellen Anschuldigungen gegen die Band "sehr ernst". Möglichkeiten, die Konzerte selbst abzusagen, sieht die Stadt allerdings nicht.
Ein Verbot der Konzerte ist nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen rechtlich nicht zulässig.
Statement des Kreisverwaltungsreferats München

Keine "Row Zero" in München, keine After-Show-Parties

Konsequenzen hat das Bekanntwerden der Vorwürfe gegenüber Rammstein dennoch schon jetzt: So wird es bei den Auftritten in München keine "Row Zero" geben, eine Reihe direkt vor der Bühne. Das Kreisverwaltungsreferat lässt das per Bescheid verbieten - allein schon "zur Einhaltung der notwendigen Sicherheitsabstände". Den Vorwürfen zufolge sollen Frauen von der "Row Zero" aus gezielt für sexuelle Handlungen rekrutiert worden sein.
Und auch die berüchtigten After-Show-Parties werde es dieses Mal offenbar nicht geben, teilt der Olympiapark mit Verweis auf eine Entscheidung des Veranstalters mit.

Bundesfamilienministerin pocht auf Änderungen bei Konzerten

Doch inzwischen zieht die Debatte auch weitere Kreise. So hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) grundsätzliche Änderungen im Konzertbetrieb gefordert.
Gerade junge Menschen müssen hier vor Übergriffen besser geschützt werden.
Lisa Paus, Bundesfamilienministerin (Grüne)
Es müsse "schnell und konkret" über Maßnahmen diskutiert werden, etwa Schutzbereiche für Frauen bei Konzerten sowie "Awareness-Teams", die als Ansprechpartner beim Verdacht auf sexuelle Übergriffe zur Verfügung stehen. "Eine ernsthafte Debatte über die Verantwortung von Künstlern und Veranstaltern gegenüber ihren Fans ist sinnvoll", so Paus gegenüber der AFP.
Berichten zufolge will Rammstein den Anschuldigungen gegen Frontmann Till Lindemann selbst nachgehen und hat unter anderem dazu eine Anwaltkanzlei eingeschaltet. Die Kritik am Konzertstart in München dürfte das kaum verstummen lassen.