Interview
: Wie geht es wirtschaftlich durch den Winter?
25.08.2022 | 18:59 Uhr
Zwischen Gaspreisexplosion und Inflation machen sich viele Deutsche Sorgen um ihre finanzielle Zukunft. Was gilt es bei Budgetplanung, Kreditaufnahme und Versicherung zu beachten?Auch Bundesbürger*innen, die schon lange in relativer finanzieller Sicherheit leben, bangt es vor dem Herbst. Insbesondere der stark steigende Gaspreis führt dazu, dass viele sich überlegen, an welchen Stellen sie sparen können.
Christoph Zerhusen berät für die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen Menschen in finanziellen Schwierigkeiten. Der Schuldnerberater erklärt in der ZDF-Sendung "Volle Kanne", wie man den Überblick über seine Finanzen behält und ohne massive Einschnitte Ausgaben einspart.
Sehen Sie hier das komplette Interview ab 8:40 Minuten:

Schauspieler und Autor Steffen Schroeder ist zu Gast am "Volle Kanne"-Frühstückstisch bei Florian Weiss. Weitere Themen: Geld aus dem Pfandleihhaus - Christoph Zerhusen, Verbraucherzentrale NRW, im Gespräch; Outdoor-Spiele im Check; Alte Fahrräder als stylische Möbel - Upcycling-Experte Flo Feustel im Einsatz; Ein halbes Jahr Krieg in der Ukraine - ZDF-Repoterin Anne Brühl über ihren Einsatz im Kriegsgebiet; Gegrillte Pfirsiche von Mario Kotaska; Wirtschaftliche Folgen des Krieges in der Ukraine...
24.08.2022 | 76:52 minZDFheute: Was empfehlen Sie generell Personen, die sich jetzt Sorgen um ihre finanzielle Situation machen?
Christoph Zerhusen: Viele Menschen haben keinen Überblick über ihre Zahlungsverpflichtungen. Planung ist hier von zentraler Bedeutung.
Man sollte Rechnungen sortieren, Ordnung in die eigenen Finanzen bringen und Prioritäten setzen.
Ich sollte mich damit auseinandersetzen, was ich in jedem Fall zahlen muss - zum Beispiel Miete und Strom - und welche Käufe nachrangig sind. Es hilft, ein Haushaltsbuch zu führen und Budgets festzulegen.
ZDFheute: Ein weiteres Thema sind Versicherungen. Stimmt es, dass viele Deutsche überversichert sind?
Zerhusen: Ja, das ist schon richtig. Auch hier lohnt es sich, den eigenen Versicherungsbedarf zu hinterfragen und sich zu überlegen, ob die eigene Lebenssituation sich in den letzten Jahren verändert hat.
Eine Glasversicherung in meinem Haus habe ich vielleicht abgeschlossen, als meine Kinder noch klein waren, und jetzt, wo sie groß sind, ist die nicht mehr nötig. Auch ist es sinnvoll, Preise zu vergleichen, und bei anderen Anbietern potenziell günstigere Angebote einzuholen.
ZDFheute: Was sagen Sie zu Menschen, die in Betracht ziehen, ihre Lebensversicherung aufzulösen?
Zerhusen: Davon rate ich ab.
In existenzbedrohenden Situationen – wenn ich beispielsweise meine Miete nicht mehr bezahlen kann – ist das etwas anderes, aber die Altersvorsorge sollte man als letztes anzapfen.
ZDFheute: Speziell auf das Thema Energiepreise bezogen: Sollten Kund*innen eigeninitiativ auf Gasanbieter zugehen, um nachzuvollziehen, was sie in den nächsten Monaten erwartet?
Zerhusen: Das halte ich für eine gute Idee. Hier sehe ich ein ähnliches Problem wie beim Geldausgeben im Allgemeinen: Die meisten Haushalte kennen ihren Verbrauch nicht genau, haben lediglich ein diffuses Gefühl.
Am besten schaue ich mir Zählerstände an und notiere sie, dann kann ich darüber nachdenken, ob ich einen finanziellen Puffer einkalkulieren sollte. Wichtig ist darüber hinaus, mit der Familie darüber zu sprechen, wie man Energie sparen kann.
ZDFheute: Bei welcher Art von Krediten sollte man vorsichtig sein?
Zerhusen: Vorsicht ist bei sogenannten Schufa-freien Krediten angezeigt, beziehungsweise gegenüber Krediten, die sich in ihrer Außendarstellung explizit an Menschen in finanziellen Notlagen richten. Also solche, die an Personen vergeben werden, die eigentlich nicht kreditwürdig sind.
Außerdem sollte man Kredite meiden, für die ich in Vorleistung treten muss, bevor ich den Kredit überhaupt bekomme.
Hier entstehen zum Beispiel aufgrund von Beraterhonoraren im Vorfeld Kosten.
ZDFheute: Wer sollte sich mit welchen Anliegen an die Verbraucherzentralen wenden?
Zerhusen: Die Verbraucherzentrale und auch anerkannte, gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen unterstützen Personen, deren Geld wirklich nicht reicht. Wenn sie also mit Zahlungen in Verzug kommen und versuchen Löcher zu stopfen, aber es hinten und vorne nicht reicht. Generell empfehle ich, lieber früher als später zur Schuldnerberatung zu gehen. Viele Menschen suchen sich zu spät Hilfe und nehmen sich damit Gestaltungsspielraum.
Quelle: ZDF