: Inflation: So geht es Erstis und Azubis damit

von Katharina Schuster
15.09.2022 | 17:04 Uhr
Steigende Preise, dafür keine Corona-Regeln mehr im Hörsaal. Drei junge Menschen, die in diesem Herbst in die Ausbildung oder ins Studium starten, erzählen wie es ihnen damit geht.
Quelle: dpa
Strom und Gas werden teurer, Lebensmittelpreise steigen - und in dieser Situation starten junge Menschen in ihre Ausbildung oder ihr Studium. Die Deutschen Studentenwerke sprechen im Gespräch mit ZDFheute von einer sozialen Notlage.
Studierende stehen in diesem Wintersemester vor einer dramatischen sozialen Notlage. Sie kommen finanziell und psychisch auf dem Zahnfleisch aus der Corona-Pandemie - und wissen angesichts explodierender Preise oftmals nicht, wie sie im Winter Strom, Gas und Lebensmittel bezahlen sollen.
Stefan Grob, Studentenwerke
ZDFheute hat sich bei ein paar von ihnen umgehört:

Marie, fängt im Oktober ihr Medizin-Studium an

"Das Schwierigste ist im Moment die Tatsache, dass man nicht planen kann. Ich bin jetzt noch auf WG-Zimmer-Suche, was sich sehr schwierig gestaltet - gerade auch, weil ich ein finanzielles Limit habe", berichtet Marie Bennemann. Außerdem wisse sie nicht, ob dieses Limit vielleicht sowieso überschritten wird, "weil Anfang des nächsten Jahres die Mietkosten total in die Höhe steigen. Oder man noch Nachzahlungen leisten muss, weil die Gaspreise so enorm steigen".
Und neben der Miete habe sie natürlich auch Ausgaben für Lebensmittel "und möchte ein normales Studentenleben führen". Die 19-Jährige werde sich deshalb für den Winter einen Job suchen. Dieser gebe ihr ein wenig mehr Sicherheit, erzählt die junge Frau aus Freiburg.
Trotzdem ist das alles eine Ungewissheit, mit der man nicht planen kann.
Marie Bennemann, 19 Jahre
Trotzdem freut sich Marie sehr auf ihr Medizin-Studium in Mainz. "Was natürlich schön ist an diesem Wintersemester, ist, dass es in Präsenz startet für uns Erstis. Dann lernt man zumindest seine Kommilitonen kennen und die Stadt und kann das Ganze mehr genießen neben dem ganzen Lernen. Aber die Ungewissheit ist trotzdem da."

Noch sucht Marie Bennenmann ein WG-Zimmer, das ihr finanzielles Limit nicht sprengt.

13.09.2022 | 00:57 min

Benjamin, startete mit seiner Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher

Der 24-Jährige Benjamin Adeyemi hat im September mit seiner Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher in Stuttgart begonnen. Am Anfang stand vor allem Unterricht in der Berufsschule auf dem Plan.
Das war schon ganz cool, dass wir jetzt wieder Präsenzunterricht haben können. Das hat schon einiges leichter gemacht.
Benjamin Adeyemi, 24 Jahre
Was ihm schwergefallen sei in Stuttgart, sei die Wohnungssuche gewesen. "Ich zahle auf jeden Fall über die Hälfte von meinem Gehalt für die Miete", erzählt er. Er hoffe nun auf Kindergeld und auf den Bonus der Bundesregierung in Höhe von 300 Euro. Benjamin hofft, dass der Bonus auch wirklich unbürokratisch ankomme.
Für den Winter mache er sich dennoch keine Sorgen, als Jugend- und Heimerzieher verdiene man in der Ausbildung nicht schlecht, erzählt Benjamin.
Aber es ist Mitte des Monats und ich muss auf jeden Fall schauen, was ich kaufe und was nicht.
Benjamin Adeyemi, 24 Jahre

Benjamin ist stolz, dass er seine Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher gestartet hat. Obwohl er gut verdient, geht die Hälfte seines Gehalts für Miete ab.

13.09.2022 | 00:53 min

Thomas, studiert ab Oktober in Gießen

Krisen gehörten mittlerweile einfach zum Alltag dazu - sagt Thomas Volk, der im Oktober ein Medizin-Studium in Gießen beginnt.
Man muss einfach von Zeit zu Zeit leben. Man kann sowieso nicht viel machen gegen gewisse Krisen-Situationen.
Thomas Volk, 19 Jahre
Seine Eltern unterstützen Thomas finanziell. Trotzdem will er sich einen Job als "zweites Standbein" suchen, auf das er sich auch unabhängig von den Eltern verlassen kann. Auch er hat Probleme bei der WG-Zimmer-Suche.
Schlussendlich müsse man aber "das Beste draus machen und die positiven Dinge sehen", sagt Thomas, der in seiner Freizeit Handball spielt. Freunde, die Familie und der Sport geben ihm Kraft für sein anstehendes Medizin-Studium.

Krisen gehörten mittlerweile zum Alltag dazu, sagt Thomas. Man müsse sich anpassen und versuchen die positiven Dinge zu sehen.

13.09.2022 | 00:50 min

Studentenwerk: Junge Menschen sind krisenmüde

Unsicherheit, Krisenmüdigkeit und die Sorge vor finanziellen Nöten - darüber berichten im Gespräch mit ZDFheute viele Erstsemester und Azubis aktuell. Bei keinem der befragten jungen Menschen waren die Sorgen jedoch so groß, dass sie ihre Ausbildung an den Nagel gehängt haben.
Dennoch ist klar: Die Inflation ist spürbar auch im Alltag der Studierenden und Auszubildenden angekommen. Doch die junge Generation scheint sich an Krisen gewöhnt zu haben. Hohe Preise werden zum Anlass genommen, zu sparen, wo es geht.
Doch bei manchen sehe es im Inneren häufig anders aus, stellt Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, fest. "Die psychosozialen Beratungsstellen der Studierendenwerke werden förmlich überrannt", erzählt er.
Es geht um soziale Isolation und Vereinsamung, die grundsätzliche Infragestellung des Studiums, und in hohem Maße auch um depressive Verstimmungen, Hoffnungslosigkeit, bis hin zu suizidalen Gedanken.
Matthias Anbuhl
Das sei alarmierend. Zum Sommersemester 2023 werde es deshalb zudem darauf ankommen, nach dem Vorbild Österreichs die BAföG-Sätze der Inflation anzupassen und anzuheben und einen jährlichen Inflationsausgleich im BAföG zu verankern.
Eine finanzielle Stütze in Zeiten der Unsicherheiten wäre das allemal.

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