FAQ
: Was droht beim Senken der Heiz-Temperatur?
Die Energiekrise zwingt Europa zum Sparen. In Spanien sollen abends die Lichter ausgehen, Kinos, Hotels, Büros, Airports und Einkaufszentren die Klimaanlagen im Sommer und die Heizungen im Winter stark drosseln. Und auch in Deutschland überlegen Verbraucher angesichts hoher Gaspreise, wie sie im Haushalt Energie sparen können.
Eine Möglichkeit: Die Temperatur des Warmwassers senken, im Winter die Zimmertemperatur drosseln. Doch wie lässt sich Schimmel verhindern, wann droht die Gefahr, dass sich gefährliche Bakterien, sogenannte Legionellen, im Leitungswasser vermehren? ZDFheute hat Meinungen von Experten zusammengetragen.
Wie gefährlich sind Legionellen?
Legionellen sind Bakterien, die natürlicherweise im Süßwasser vorkommen. Gefährlich werden sie für Menschen erst, wenn sie sich stark vermehren und man sie in die Lunge bekommt - beispielsweise beim Duschen und selbst beim Händewaschen, wenn man kleinste Tröpfchen einatmet. Legionellen können so die Legionärskrankheit auslösen: Sie sorgt für Fieber und Kopfschmerzen und kann bei geschwächten Menschen sogar zum Tod führen.

Der Gaspreis verdreifacht, was ist zu tun? Einsparen und soziale Härten abfedern, sagt Simon Müller von Agora Energiewende. Was nicht: Förderung für energetische Sanierung kürzen.
29.07.2022 | 04:46 minIm öffentlichen Leitungsnetz können sich Legionellen nicht vermehren, dafür ist das Wasser mit unter 20 Grad in der Regel zu kalt. Problematisch ist das Wasser in Warmwasserleitungen oder Speichern: Legionellen vermehren sich ab 25 Grad, am schnellsten jedoch bei Temperaturen von 35 bis 45 Grad.
Welche Wassertemperatur empfehlen Experten?
Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt daher, dass warmes Wasser überall im Leitungssystem immer eine Temperatur von mindestens 55 Grad haben sollte, um Legionellenwachstum zu verhindern. Diesen Empfehlungen schließen sich auch der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches und der Bundesverband der Verbraucherzentralen an. Als Faustregel kann gelten: 60 Grad am Ausgang der Warmwasserzubereitung, 55 Grad im Leitungssystem.
Diese Temperaturen sind für größere Warmwasseranlagen ab Dreifamilienhäusern sogar zwingend vorgeschrieben. Bei kleineren Anlagen "kann prinzipiell jeder machen, was er will und auch eine niedrigere Temperatur einstellen", erklärt der Biologe Benedikt Schaefer vom Umweltbundesamt. "Es ist aber keine gute Idee - man muss sich dann seines Risikos bewusst sein und das Wasser regelmäßig auf Legionellen untersuchen lassen." Besser sei es, mit höheren Wassertemperaturen auf Nummer sicher zu gehen, auch wenn es teuer ist, so Schaefer.
Wir geben ja auch in anderen Lebensbereichen viel Geld für Sicherheit aus.
Gerade immungeschwächte Menschen seien gefährdet. Wer sein Warmwasser also auf Temperaturen unter 60 Grad regelt, sorgt mitunter für beste Bedingungen für Legionellen. Damit hat man zwar nicht automatisch eine kritische Legionellenbelastung, aber das Risiko ist erhöht, gerade, wenn das Wasser längere Zeit in Speicher oder Leitungen steht.
Droht durch Energiesparen Schimmel in der Wohnung?
Mit jedem Grad Raumtemperatur weniger könnten rund sechs Prozent Gas und damit auch Geld eingespart werden, sagt Christina Wallraff, Energieexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Einzelne Wohnungsgesellschaften haben bereits Drosselungen bei der Heiztemperatur angekündigt, zusätzlich sollen Mieterinnen und Mieter von ihrer Pflicht befreit werden, ihre Wohnung auf eine Mindesttemperatur zu heizen, so die Planung des Wirtschaftsministeriums. In manchen Mietverträgen ist eine solche Verpflichtung vorgesehen.
"Ich würde empfehlen, Türen zu schließen und bestimmte Räume zu heizen", so Harald Lacher, Energieberater der Verbraucherzentrale. Wärmepumpen seien auch empfehlenswert.
26.07.2022 | 13:11 minDoch je niedriger die Raumtemperatur, desto größer die Schimmelgefahr, wenn sich Luftfeuchtigkeit niederschlägt, zum Beispiel an kühleren Außenwänden, in Ecken oder an Fensterrahmen. Daher sind so manche Experten vom Vorschlag des Wirtschaftsministeriums nicht überzeugt: Gerade in älteren und schlecht gedämmten Gebäuden steige die Gefahr von Feuchtigkeit und Schimmelbildung, wenn weniger geheizt wird, erklärt Stefan Bentrop, Justiziar beim Deutschen Mieterbund im Gespräch mit ZDFheute:
Man darf Mieter nicht nur animieren, weniger zu heizen, sondern muss ihnen gleichzeitig den Zusammenhang zwischen niedrigen Temperaturen und Feuchtigkeit und Schimmelbildung bewusst machen, und wann die Herabsetzung der Temperaturen problematisch werden und zu Schäden führen kann.
Eine konkrete Temperatur könne man jedoch nicht nennen, ab der Schäden auftreten - das sei bei jeder Wohnung individuell und müsse daher im Einzelfall entschieden werden. Wenn diese Aufklärung nicht erfolge, besteht die Gefahr, dass "Mieter in eine Auseinandersetzung mit dem Vermieter hineinlaufen, ob sie falsch geheizt und gelüftet haben und dadurch ein Schaden am Gebäude entstanden ist - dann sind möglicherweise Schadenersatzansprüche fällig", so Bentrop.
Was sollte man beim Heizen und Lüften beachten?
Christina Wallraff von der Verbraucherzentrale rät, wichtige Grundregeln beim Lüften und Heizen zu beachten, um Energie zu sparen und gleichzeitig die Schimmelgefahr zu bändigen: So sollten Heizkörper beispielsweise nicht mit Möbeln zugestellt sein.
Ich sollte auf jeden Fall immer nur stoßlüften und auf keinen Fall kipplüften, weil das die Außenwände auskühlt.
Haus- oder Wohnungseigentümer sollten einen hydraulischen Abgleich an ihrer Heizung vornehmen, "dass auch wirklich alle Heizkörper immer gleichmäßig beheizt werden".
Generell sollte man auch darauf achten, dass die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen nicht zu hoch wird, um die Gefahr von Schimmel zu reduzieren: Nach dem Duschen und Kochen also sofort kurz durchlüften, Wäsche sollte nicht in der Wohnung getrocknet werden.