: "Aktuelle Hungersituation erschreckend"

14.12.2022 | 05:41 Uhr
Die Welthungerhilfe blickt auf 60 Jahre Bestehen zurück. Ihr Ziel: Kein Hunger bis 2030. Gleichzeitig ist die Zahl unterernährter Menschen in den letzten Jahren stark gestiegen.
Wie diese Familie leiden 350 Millionen Menschen weltweit an akutem Hunger. Bis 2030 will die Welthungerhilfe diese Zahl auf null senken.Quelle: Farah Abdi Warsameh/AP/dpa
Nach Jahren mit ermutigenden Entwicklungen ist der Hunger weltweit "mit voller Wucht zurück", wie kürzlich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte. Auch das World Food Programm (WFP) warnt vor einer globalen Nahrungsmittelkrise im kommenden Jahr. Mittlerweile seien 349 Millionen Menschen in 79 Ländern akut von Hunger betroffen - fast dreimal mehr als noch vor drei Jahren.

Welthungerhilfe feiert 60 Jahre Bestehen

Gleichzeitig blickt die Welthungerhilfe auf 60 Jahre Bestehen zurück. Gegründet wurde sie am 14. Dezember 1962, den Anstoß dazu gab der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke. Heute ist die Organisation in 36 Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika tätig - sowie seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine.

Was ist die Welthungerhilfe?

Die Organisation hat dem Hunger den Kampf angesagt. Insgesamt arbeiten 3.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 90 Nationen in 36 Ländern für die Welthungerhilfe. 255 lokale Partnerorganisationen kooperieren den Angaben zufolge vor Ort in 526 Auslandsprojekten. 2021 flossen insgesamt 259,9 Millionen Euro in Hilfsprojekte, von denen 16,6 Millionen Menschen profitierten. Aktuell engagiert sich die Organisation auch im Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels, etwa mit Projekten zur landwirtschaftlichen Entwicklung sowie zur Vorbeugung und zum Schutz vor Katastrophen.

Wie finanziert sich die Welthungerhilfe?

Der größte Teil der Einnahmen - 2021 waren das 229,4 Millionen Euro - kommt aus öffentlichen Zuwendungen, hauptsächlich von den Vereinten Nationen, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie dem Auswärtigen Amt. 77,5 Millionen Euro kamen im letzten Jahr an Spenden zusammen.

Was ist der Welthunger-Index?

Der Welthunger-Index, den die Welthungerhilfe seit 2006 mit verschiedenen Partnern jährlich herausgibt, ist zu einem wichtigen, international anerkannten Instrument geworden: Es misst und verfolgt die Hungersituation auf globaler, regionaler und nationaler Ebene.

Quelle: kna, epd

Doch in Feierstimmung ist die Welthungerhilfe nicht:
Nach Feiern kann uns gar nicht zumute sein, da die aktuelle Hungersituation wirklich erschreckend ist. Die Zahl der Menschen, die unter akutem Hunger leiden, also auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind, ist zuletzt auf etwa 350 Millionen gestiegen. Das ist eine Verdopplung im Vergleich zu 2019, das Referenzjahr vor der Corona-Pandemie.
Matthias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe
Das selbstgesetzte Ziel, den Hunger bis 2030 zu beenden, wackelt: "Ich bin eigentlich ein Optimist. Aber wenn die Entwicklung einfach so weitergeht, wenn wir keine beherzte Klimapolitik machen, wenn wir nicht die vielen Konflikte angehen, dann wird dieses Ziel tatsächlich kaum zu schaffen sein", vermutet Mogge.
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Ukraine-Krieg verschlimmert Hunger

Auch der Krieg in der Ukraine spitzt die Hungersituation weiter zu. Wladimir Putin setzt die Weltgemeinschaft gezielt unter Druck, indem Russland Weizenlieferungen aus der Ukraine zurückhält. Dem müsse man sich bewusst werden, und womöglich Ernährungsgewohnheiten ändern sowie die heimische Landwirtschaft mehr zu fördern, regt Mogge an.
Doch trotzdem habe die Welthungerhilfe einiges erreicht: "Die Aufforstungs- und Bodenschutzprojekte, die wir zum Beispiel in der Sahel-Region in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführt haben, tragen erst jetzt so richtig Früchte. Ich habe das selbst in Burkina Faso oder im Niger gesehen: So etwas funktioniert - aber dafür braucht man einen langen Atem", berichtet Mogge.
60 Jahre nach Gründung hat die Welthungerhilfe mit vielen Problemen zu kämpfen. Bei vielen Krisen in der Vergangenheit konnte sie Abhilfe schaffen - und doch bleiben einige bestehen.
Quelle: KNA, epd

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