: Tabu-Bruch in Thüringen? Kritik an CDU
04.06.2022 | 16:45 Uhr
In Thüringen will die AfD für den Windrad-Antrag der CDU stimmen. Das erhitzt Gemüter im Bund. SPD-Generalsekretär Kühnert spricht von einer "Gesetzesmehrheit von Höckes Gnaden".Die angekündigte Zustimmung der AfD zu einem CDU-Antrag zu Windrädern im Thüringer Landtag erhitzt jetzt auch die Gemüter auf Bundesebene. Die SPD fürchtet einen neuen politischen Tabu-Bruch in Thüringen. Generalsekretär Kevin Kühnert warnte die Thüringer Union vor einer Zusammenarbeit mit der AfD und richtete dabei auch einen Appell an CDU-Chef Friedrich Merz.
In der CDU ist jetzt Führung gefragt, denn im Landtag in Erfurt wird auch die Autorität von Parteichef Friedrich Merz herausgefordert.
Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte die Christdemokraten auf, die Situation aufzulösen. "Die CDU steht in der Verantwortung, die durch ihren Antrag entstehende Situation zu verhindern", sagte der FDP-Politiker dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Es erschließt sich nicht, warum sie jetzt diese landespolitische Lage provoziert."
Rot-Rot-Grün hat nur Minderheitsregierung in Thüringen
Auch die Landtagsfraktion der FDP hat Zustimmung zum Antrag der Union signalisiert. Inhaltlich geht es dabei um einen 1.000-Meter-Mindestabstand neuer Windkraftanlagen zu Wohngebäuden. Ein Gesetz gegen die Stimmen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung sei "eine Gesetzesmehrheit von Höckes Gnaden", erklärte Kühnert in Anspielung auf den AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. "So etwas gab es noch nie und darf es niemals geben."
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Offenbar sei man in der CDU der Auffassung, im Zusammenspiel mit der AfD beginne die Sperrzone erst bei gemeinsamen Koalitionen. "Wer so argumentiert, der hat nichts gelernt", sagte Kühnert. Der CDU verblieben nun noch wenige Tage, um dem Freistaat Thüringen einen "Bärendienst zu ersparen".
Grüne Umweltministerin schlägt "Windfrieden" vor - CDU soll Pläne vorerst auf Eis legen
Scharfe Kritik an der CDU kam auch von der Politischen Geschäftsführerin der Bundes-Grünen, Emily Büning. CDU-Parteichef Merz habe im Dezember letzten Jahres gesagt: "Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben" und bei Zuwiderhandlung sogar mit Parteiausschlussverfahren gedroht, erinnerte sie im "Spiegel" an entsprechende Aussagen von Merz. "Nun schweigt er, während die Thüringer CDU plant, zum ersten Mal zwei Gesetzesentwürfe mit den Stimmen der AfD gegen die Landesregierung durchzubringen."
Umweltministerin Anja Siegesmund von den Grünen hat der CDU-Fraktion einen "Windfrieden" angeboten. Die Grünen-Politikerin sagte dem Sender MDR Thüringen, wenn die CDU ihren umstrittenen Gesetzentwurf vorerst auf Eis lege, könne diskutiert werden. Als Basis könne das Energiepapier der aktuellen Sondierungsgespräche von CDU und Grünen in Nordrhein-Westfalen dienen. Es enthalte Vorschläge, wie der weitere Ausbau der Erneuerbaren beschleunigt geplant und genehmigt werden könnte und wie die Flächen dafür zu finden wären.
"Die größte Gefahr für die innere Sicherheit ist nach wie vor der Rechtsextremismus", so Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesverfassungsschutz. Neu sei die "Kategorie der Staatsdelegitimierer".
19.05.2022 | 07:13 minCDU-Fraktionschef Voigt: "Abstimmungsverhalten muss Vernunft folgen"
Die AfD wird in Thüringen vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremistischer Tendenzen beobachtet.
Wir bringen eigenständig inhaltliche Initiativen ein, die unseren Zielen und Überzeugungen entsprechen - unabhängig davon, wer dafür ist und wer dagegen.
Grundsätzlich müsse gelten, "das Abstimmungsverhalten in Sachfragen muss der Vernunft folgen", sagte Voigt am Freitag in Erfurt. Im Erfurter Landtag hat die Opposition aus CDU, AfD und FDP einen großen Einfluss, weil die rot-rot-grüne Regierungskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) keine eigene Mehrheit hat - ihr fehlen vier Stimmen.
Eklat um Kemmerich-Wahl durch AfD 2020
Die CDU und die FDP haben in Thüringen bereits negative Erfahrungen im Umgang mit der AfD gemacht. Am 5. Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten des Freistaats gewählt worden. Die AfD hatte dafür ihren eigenen Kandidaten ohne Stimmen fallengelassen und für Kemmerich votiert. Der Liberale nahm die Wahl an.
Das Ereignis hatte einen bundesweiten Sturm der Entrüstung ausgelöst. Vielfach wurde die Wahl als politischer Tabubruch wahrgenommen. Nach öffentlichem Druck kündigte Kemmerich einen Tag nach dem Votum seinen Rücktritt an, den er drei Tage nach der Wahl vollzog.
Quelle: dpa