: AfD-Parteivorsitz: Macht Weidel es nun doch?

von Nicole Diekmann
02.06.2022 | 15:11 Uhr
Eine Landtagswahl nach der anderen vergeigt, in Umfragen inzwischen oft einstellig - die AfD strauchelt. Nicht aber Alice Weidel. Die läuft sich nun nach ZDF-Informationen warm.
Laut ZDF-Informationen ist Alice Weidels angekündigter Rückzug vom Landesvorsitz in Baden-Württemberg auch der Überlegung geschuldet, für den Parteivorsitz zu kandidieren. Archivbild.Quelle: dpa
Es war ein wilder und teilweise auch diffuser Themenritt, den Alice Weidel am Mittwoch in der Haushaltsdebatte im Bundestag hinlegte. Die Impfpflicht sprach sie an, außerdem "Zensurmaßnahmen", ohne einen Zusammenhang oder Beleg zu liefern.
Sie wütete gegen den, wie sie es formulierte, "so genannten Kampf gegen rechts", und kam wiederholt auf den AfD-Evergreen "unkontrollierte Migration" zu sprechen. Diese, so Weidel, löse "weder Fachkräftemangel noch Demografieproblem. Schon gar nicht, wenn man wahllos Migration von Bildungsfernen und nicht Integrierbaren aus fremden Kulturkreisen zulässt und sogar fördert".

Chrupalla im Kreuzfeuer

Das Bild von unqualifizierten Migranten oder Flüchtlingen, die Weidel gestern als "zusätzliche Kostgänger in unsere Sozialsystemen" bezeichnete, hat der AfD einst im Zusammenhang mit der so genannten Flüchtlingskrise große Erfolge beschert.
So große, dass der damalige AfD-Parteichef Alexander Gauland in einem Spiegel-Interview von einem "Geschenk" sprach. Seine Partei konzentrierte sich im Wahlkampf 2017 auf das Thema "Flüchtlinge" - und zog in den Bundestag ein. Aus dem Stand. Zweistellig. Größte Oppositionsfraktion.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Verluste bei allen letzten neun Landtagswahlen, ebenso bei der Bundestagswahl - es geht bergab. Im Kreuzfeuer steht deshalb seit einigen Wochen Tino Chrupalla. Seit Jörg Meuthen hinschmiss, führt Chrupalla die AfD alleine. Und, so sagen es inzwischen einige in der Partei ganz offen, nicht gut.

Kommt es zum Showdown Chrupalla - Höcke?

In zwei Wochen kommt die AfD im sächsischen Riesa zum Parteitag zusammen. Ein neuer Vorstand wird gewählt. Nach dem Motto "Chrupalla muss weg" bringen sich die Ersten in Stellung und schonmal vorsichtig ins Gespräch.

Die AfD taumelt von einer Wahlniederlage in die nächste. In der Partei gärt es. Die Unzufriedenheit mit Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla wächst.

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Unter ihnen: Björn Höcke. Allerdings gelten seine Chancen als mau. Ihn stuft der Bundesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch ein. Das ist selbst manchen in der als Verdachtsfall beobachteten AfD zu radikal. Vor allem in den Westverbänden. Zudem will Höcke wenn, dann alleine regieren. Dem Bundesvorstand liegt ein Antrag für den Bundesparteitag auf Abschaffung der Doppelspitze vor.
Darauf angesprochen, sagte Chrupalla in einer Pressekonferenz am 16. Mai, dann müsse Björn Höcke gegen ihn antreten.

Führen die AfD-Fraktionschefs Weidel und Chrupalla bald auch die Partei?

Showdown in Riesa? Es könnte ganz anders kommen. Nämlich zu einer Beibehaltung der Doppelspitze - und zum Duo Chrupalla/Weidel. Die beiden führen bereits zusammen die Bundestagsfraktion und aus beider Umfeld ist zu hören, man harmoniere "wirklich gut".
Laut ZDF-Informationen ist Weidels just angekündigter Rückzug vom Landesvorsitz in Baden-Württemberg auch dieser Überlegung geschuldet. Weidel könne durchaus antreten, heißt es. Ihre Aussichten sind nicht schlecht. Trotz ihrer Funktionen als Co-Fraktionschefin und immerhin stellvertretenden Parteichefin bekam sie von der Kritik der vergangenen Wochen erstaunlicherweise so gut wie nichts ab.
Das liege zum einen daran, dass sie ihre eigene Spendenaffäre nahezu unbeschadet überstanden habe, heißt es aus ihrem Umfeld. Weidel gelte dadurch als sehr robust. Außerdem habe Chrupalla offensichtliche Fehler gemacht, etwa seine Putin-freundliche Rede in der Sondersitzung des Bundestags anlässlich des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.

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Weidel-Unterstützer: Sie muss es machen

Weidel müsse eigentlich in Riesa antreten, sagen ihre Unterstützer. Denn sollte sich jemand aus der zweiten Reihe der Fraktion finden und es tatsächlich an die Parteispitze schaffen, düpiere das die Fraktionschefin.
Deren Rückzug aus Baden-Württemberg kann man deshalb als Zugeständnis deuten: Ämterhäufung gilt in der AfD als verpönt. Und ihre Rede im Bundestag dürfte sich auch an potenzielle Höcke-Fans unter den Delegierten in Riesa gerichtet haben. Es wird ein spannender Parteitag.

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