: Schröder: Kreml will eine Verhandlungslösung
03.08.2022 | 16:00 Uhr
Altkanzler Schröder hat ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Putin bestätigt. "Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung", sagte er in einem Interview.Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich nach Gesprächen in Moskau zuversichtlich gezeigt, dass Russland im Krieg gegen die Ukraine eine "Verhandlungslösung" anstrebt.
Er habe sich vorige Woche in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen, sagte das SPD-Mitglied in einem Interview mit dem Magazin "Stern" und dem Sender "RTL/ntv".
Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung.
Schröder: Getreideabkommen ein erster Erfolg
Ein erster Erfolg sei das jüngst erzielte Abkommen der Kriegsparteien zu den Getreide-Exporten aus der Ukraine, sagte Schröder. "Vielleicht kann man das langsam zu einem Waffenstillstand ausbauen", sagte der Altkanzler in dem am Mittwoch veröffentlichten Interview.
"Natürlich haben Deutschland und die Bundesregierung eine besondere Verantwortung, gerade auch gemeinsam mit Frankreich", sagte Schröder.
Da geschieht derzeit nicht genug, ist mein Eindruck, denn eines ist doch klar: Es wird nicht ohne Gespräche gehen.
Er verwies darauf, dass es "schon einen Verhandlungsansatz im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland" gegeben habe, etwa in Istanbul im März. "Die Türken waren sehr hilfreich, wie sie auch in der Verhandlung über Getreidelieferungen aktuell sehr hilfreich sind."
André Härtel, Russland-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, erklärte gegenüber ZDFheute, Russland habe auf den Verhandlungsansatz in Istanbul aber nie reagiert. "Daraus kann man nur folgern, dass die Kriegsziele andere sind", so Härtel. Dazu passe das Lawrow-Statement der letzten Woche, der wie zu Beginn der Invasion die Zerschlagung der ukrainischen Führung als Ziel angegeben hatte.
Schröder verteidigt Kontakt zu Putin
Der Altkanzler steht seit langem wegen seiner Nähe zu Putin und zur russischen Öl- und Gaswirtschaft in der Kritik. Schröder bezeichnete den Krieg nun erneut als "Fehler der russischen Regierung", verteidigte aber gleichzeitig seine Kontakte nach Moskau. "Aber warum sollte ich mit Gesprächen, die rechtlich möglich sind und mich und meine Familie nicht in Schwierigkeiten bringen, aufhören?", fragte er in dem Interview.
Vielleicht kann ich noch mal nützlich sein. Warum soll ich mich also entschuldigen?
Es sei "ein großer Fehler, mögliche Zugeständnisse der Ukraine als russischen 'Diktatfrieden' vorab zu verunglimpfen", sagte Schröder. Er meinte, die wirklich relevanten Probleme seien lösbar, darunter ein Kompromiss für die ostukrainische Region Donbass sowie die Frage einer möglichen "bewaffneten Neutralität" für die Ukraine als Alternative zu einer Nato-Mitgliedschaft.
Die Rhetorik von Schröder unterstelle, dass es hier eine Art Gleichrangigkeit in der Schuldfrage gäbe und beide Seiten etwas zurückstecken müssten, um zu einem "Ausgleich" zu kommen, so Russland-Experte Härtel.
Schröder betonte in dem Interview, die Schwarzmeer-Halbinsel Krim - die Russland bereits 2014 annektiert hatte - sei aus seiner Sicht für Kiew verloren. "Die Vorstellung, dass der ukrainische Präsident Selenskyj die Krim militärisch wieder zurückerobert, ist doch abwegig", sagte er.
Schröder für Inbetriebnahme von Nord Stream 2
Schröder empfiehlt angesichts der Gaskrise die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2.
Sie ist fertig. Wenn es wirklich eng wird, gibt es diese Pipeline, und mit beiden Nord-Stream-Pipelines gäbe es kein Versorgungsproblem für die deutsche Industrie und die deutschen Haushalte.
Schröder ist Präsident des Verwaltungsrats bei Nord Stream 2. Die Bundesregierung hatte nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ausgeschlossen. Jüngst hatten sich sieben Bürgermeister der Ostseeinsel Rügen für eine Nutzung der Pipeline ausgesprochen.
Gegen Schröder läuft Parteiausschlussverfahren
Schröder war bereits Anfang März nach Moskau gereist und hatte mit Putin über den Ukraine-Krieg gesprochen. Auch danach hatte er von einem Interesse Putins an einer Verhandlungslösung berichtet.
Gegen Schröder läuft derzeit ein Verfahren zum Ausschluss aus der SPD wegen seiner Nähe zu Putin und seines Engagements für russische Staatskonzerne. Aus der SPD waren insgesamt 17 entsprechende Anträge von Kreis- und Ortsverbänden eingegangen.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Quelle: dpa, AFP