: Aminata Touré - Polit-Shootingstar im Norden

von Hermann Bernd
30.06.2022 | 17:39 Uhr
Aminata Touré - erst 29 Jahre alt und die erste afrodeutsche Ministerin in Deutschland. Die grüne Politikerin ist einer der Köpfe der neuen Landesregierung im Norden.
Aminata Touré (Bündnis 90/Die Grünen)Quelle: dpa
Nach der Sommerpause im Jahr 2017 sehe ich Aminata Touré zum ersten Mal. Die groß gewachsene Frau aus Neumünster ist in den Kieler Landtag nachgerückt.

Schneller Aufstieg

Was folgt, ist eine politische Blitzkarriere. Und jetzt ist sie schon Sozialministerin - mit 29 Jahren. Die erste afrodeutsche Ministerin überhaupt. Nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages sagt sie, dass sie total erleichtert sei nach den anstrengenden letzten Monaten.
Das ist ja ein langer Prozess, bis dann so einen Vertrag steht und man dann tatsächlich auch eine Regierungsbildung hat. Von daher bin ich wirklich erleichtert und auch froh, dass es so einen großen Rückhalt beider Parteien gibt.
Aminata Touré
Schon damals, 2017, fällt auf, wie schnell sie in der Partei und der Fraktion aufsteigt. Sie wird Sprecherin für Antirassismus, Flucht, Migration, Frauenpolitik, Gleichstellung. Themen, für die sie "200-prozentig" brennt, wie sie damals in einem Interview sagt. Themen, die mit ihrer Herkunft direkt zu tun haben.

Im Kieler Landtag ist CDU-Politiker Daniel Günther als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein wiedergewählt worden. Der 48-Jährige erhielt 47 von 66 abgegebenen Stimmen.

29.06.2022 | 00:21 min

Jahrelange Angst vor der Abschiebung

Ihre Eltern flüchteten nach dem Putsch in Mali 1991 nach Deutschland. Die Familie kam nach Neumünster, lebte dort auf engsten Verhältnissen in einem Flüchtlingsheim und hangelte sich von Duldung zu Duldung. Sie erzählte mir von der Angst, die sie als Kind hatte, ob sie überhaupt in Deutschland bleiben dürfen. Nach mehr als zwölf Jahren erhält die Familie schließlich die deutsche Staatsbürgerschaft.
Es war, erzählt sie, kein einfaches Leben. Die Mutter versuchte alles, um ihr und den drei Schwestern ein halbwegs gutes Leben zu ermöglichen, auch eine gute Schulbildung. Früher habe sie auch viel Rassismus erfahren, sagt sie, im Bus, auf der Straße. Erfahrungen, die nach wie vor viele Menschen mit Migrationsgeschichte machen, sagt sie, und für die will sie sprechen.
Ich glaube, das hat für ganz viele Menschen schon eine Signalwirkung. Viele Menschen, die sich freuen und sagen, das sei für sie ein ganz besonderer Moment, weil sie das halt noch nie erfahren haben und sich dadurch natürlich auch in der Politik repräsentiert fühlen.
Aminata Touré

Klare Positionierung gegen Jamaika

Nach dem Abi geht Touré zu den Grünen, wird schnell Sprecherin der Jugendorganisation in Kiel, wird stellvertretende Landtagspräsidentin. Mit Monika Heinold bildet sie sie das Spitzenduo der Grünen zur Landtagswahl in diesem Jahr, gehört danach zum Sondierungsteam ihrer Partei.
Und vertritt dabei forsch ihre Position. Sie will Schwarz-Grün und ist gegen eine Fortsetzung von Jamaika, schon wegen der klaren Mehrheit zusammen mit der CDU. Die FDP werde dazu nicht benötigt - selbstbewusst und direkt.

Keine Angst vor Diskussionen

Dass sie damit auch anecken kann, nimmt sie in Kauf. "Ich freue mich vor allem auch über das Vertrauen und auch den Rückhalt, den ich von meiner eigenen Partei, aber auch den Menschen in Schleswig-Holstein bekomme, das alles machen zu können."
Jetzt also Ministerin im Norden. Der nächste Karrieresprung. Was danach wohl noch kommen mag? Gerade erst im neuen Amt, ist diese Frage ganz weit weg für die grüne Politikerin aus dem Norden.