: USA: Warum der Wahlausgang noch offen ist

12.11.2022 | 03:32 Uhr
Die USA haben gewählt. Wer nach den Midterms künftig die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus inne hat, ist allerdings immer noch offen. Woran das liegt - ein Überblick.
Die USA sind Warten nach Urnengängen gewöhnt: Nach der Präsidentschaftswahl 2020 dauerte es rund vier Tage, bis mit dem Demokraten Joe Biden der Sieger feststand. Auch nach den diesjährigen Kongress-Zwischenwahlen scheint die Stimmauszählung quälend langsam voranzugehen - immer noch steht nicht fest, wer künftig die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus halten wird. Dafür gibt es mehrere Gründe:

Ein Wahltag mit vielen Entscheidungen

Zum einen finden in den USA in der Regel häufig zahlreiche Wahlen gleichzeitig statt. Bei den Midterms am Dienstag wurden etwa das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats gewählt, außerdem Gouverneure, Generalstaatsanwälte, Wahlleiter und Parlamente vieler Bundesstaaten. Hinzu kamen Wahlen auf regionaler und kommunaler Ebene sowie Referenden zu Fragen wie dem Abtreibungsrecht und einer Legalisierung von Marihuana. All das auszuzählen dauert.

Zunahme der Briefwahl

Im Zuge der Corona-Pandemie ist außerdem die Zahl der Briefwähler deutlich gewachsen. Das Auszählen von Briefwahlstimmen dauert häufig länger als das Auszählen von Stimmzetteln, die im Wahllokal abgegeben wurden, etwa wegen des Überprüfens der Unterschrift.
Einige Bundesstaaten lassen außerdem auch nach dem Wahltag eingegangene Briefwahlstimmen zu, wenn sie einen Poststempel vom Wahltag tragen. Kalifornien beispielsweise hat in diesem Jahr als Frist den 15. November gesetzt - eine Woche nach dem eigentlichen Wahltag. In Nevada, wo es in diesem Jahr ein sehr enges Senatsrennen gibt, läuft die Frist bis Samstag. Grundsätzlich gilt: Da Wahlen in den USA dezentral in den Bundesstaaten organisiert werden, gibt es einen Flickenteppich an Regeln und Fristen.

Enge Rennen bei den Midterms

In diesem Jahr kommt erschwerend hinzu, dass die Rennen in vielen Wahlkreisen ausgesprochen eng sind. Große US-Medien können häufig aufgrund von Wählerbefragungen und der laufenden Stimmauszählung sehr schnell einen Sieger ausrufen - lange vor Auszählung aller Stimmen. Wenn das Duell aber sehr eng ist und noch nicht gezählte Briefwahlstimmen den Ausschlag geben könnten, ist das schwierig.
Was für die Rennen in den einzelnen Wahlkreisen gilt, gilt auch für Senat und Repräsentantenhaus als Ganzes: Da sich sehr knappe Mehrheiten in den beiden Kongresskammern abzeichnen, kommt es letztlich auf jeden Sitz an.
Hatten viele Beobachter erwartet, dass schon in der Wahlnacht feststeht, welche Partei künftig das Repräsentantenhaus kontrollieren wird, müssen jetzt noch Rennen unter anderem in Arizona und Kalifornien abgewartet werden, was Tage dauern könnte.

Beim Senat ist besondere Geduld gefragt

Im Senat waren zuletzt noch zwei Rennen offen, die über die Mehrheit in der Kongresskammer entscheiden: in Nevada und Georgia. Der Demokrat Mark Kelly konnte im US-Bundesstaat Arizona seinen hart umkämpften Senatssitz verteidigen, wie die Nachrichtenagentur AP sowie die Fernsehsender CNN und NBC berichteten.

Der erwartete Erdrutschsieg der Republikaner bei den Midterms ist ausgeblieben; die Demokraten können ein Stück weit aufatmen.

09.11.2022 | 07:41 min
In Georgia wird der Wahlsieger erst in rund einem Monat feststehen. Der Südstaat verlangt als fast einziger US-Bundesstaat, dass Kandidaten auf mehr als 50 Prozent der Stimmen kommen. Weil dies am Dienstag keinem der Senatskandidaten gelang, gibt es am 6. Dezember eine Stichwahl. Abhängig vom Ausgang der Wahlen in Nevada und Arizona könnte diese über die künftige Senatsmehrheit entscheiden.
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Quelle: AFP

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