: Die Parteien und ihre Ziele im Überblick

von Katharina Sperber
08.02.2023 | 04:57 Uhr
Bei der Wiederholungswahl für das Berliner Abgerdnetenhaus am 12. Februar kämpfen 33 Parteien um den Einzug. Ein Überblick über die Ziele der Parteien.

Die Berliner müssen ihre Wahl vom Herbst 2021 wiederholen. Zu groß war damals das Chaos in den Wahllokalen. Laut ZDF-Politbarometer dürfte die CDU zulegen, trotzdem könnte die Regierende Bürgermeisterin Giffey ihr Amt verteidigen.

04.02.2023 | 04:12 min
Die rund 2,4 Millionen Wahlberechtigten können bei der Wiederholungswahl in Berlin zwischen 33 Parteien auswählen. Derzeit regiert Franziska Giffey (SPD) als Regierende Bürgermeisterin in einer Koalition mit Grünen und Linken. Laut ZDF-Politbarometer liegt die CDU für die anstehende Wahl derzeit vor SPD und Grünen.
Wir haben unseren Artikel, den wir im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahl in Berlin am 26. September 2021 veröffentlicht haben, in Details überarbeitet. Da es sich am 12. Februar 2023 um eine Wiederholungswahl handelt, treten dieselben Parteien an. Lediglich die Partei Tierschutz hier findet sich nicht mehr auf den Stimmzetteln, da alle drei bisherigen Kandidaten ihren Rücktritt erklärt haben. Diese Partei ist daher auch nicht mehr in folgendem Überblick erwähnt.
Die 33 Parteien und ihre Ziele im Überblick:

SPD: "Neustart Berlin"

In ihrem Wahlprogramm "Neustart Berlin" fordert die SPD einen konsequenten Mieterschutz und den Neubau von 200.000 Wohnungen. Berlins Regierung hatte vor rund 15 Jahren - unter entscheidender Mitwirkung der SPD - rund 140.000 von knapp 400.000 öffentlichen Wohnungen privatisiert. Für eine "Mobilitätswende", will die SPD den öffentlichen Personennahverkehr, die Anzahl an Radwegen sowie die Elektromobilität ausbauen. Über die Weiterführung der Autobahn A100 soll die Bevölkerung entscheiden.

In der Bildungspolitik will die SPD die Sanierung und den Ausbau der Schulen sowie digitale Bildungsinhalte in jedem Fach verankern. Für alle Jugendliche soll eine "Ausbildungsplatzgarantie" eingeführt und das Verhältnis zwischen Senat und Bezirken neu definiert werden. Spitzenkandidatin ist die Co-Vorsitzende des Berliner SPD-Landesverbands Franziska Giffey (43).

CDU: "Der Berlin-Plan"

Ein Schwerpunkt im Wahlprogramm, das die CDU als "Berlin-Plan" bezeichnet, ist die Wohnungspolitik. Die Partei möchte bis 2035 mindestens 300.000 neue Wohnungen bauen, durch ein "Berliner Mietergeld" einkommensschwächere Haushalte entlasten und das Wohneigentum für Familien fördern. Enteignungen lehnt sie ab. In der Verkehrspolitik setzt sich die CDU für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie den Weiterbau der Autobahn A100 ein.

In der Wirtschafts- und Finanzpolitik will die Partei mit Steuerentlastungen und dem Abbau bürokratischer Hürden "die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft entfesseln" und den Mittelstand stärken. In der Bildungspolitik sollen die unterschiedlichen Schulformen erhalten bleiben sowie Lehrerinnen und Lehrer wieder verbeamtet werden. Spitzenkandidat ist der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner (48).

Linke: "Rot, radikal, realistisch"

Das Wahlprogramm mit der Überschrift "Rot, radikal, realistisch" legt die Schwerpunkte auf Wohnen, Klima, Arbeit und Digitalisierung. Die Linke will die Mieten stark begrenzen und die öffentlichen Wohnungsbestände durch Neubau und Ankauf massiv ausweiten. Eine "Privatisierungsbremse" in der Berliner Landesverfassung soll zwingend vorschreiben, dass "ohne Volksentscheid kein öffentliches Eigentum verkauft oder privatisiert" werden darf. Zudem unterstützt die Partei das Volksbegehren "Deutsche Wohnen & Co enteignen", das die Bestände von nicht gemeinwohlorientierten Unternehmen vergesellschaften will, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen.

Durch den Ausbau von Straßenbahn und Busspuren soll der öffentliche Nahverkehr gestärkt werden. Die Fahrpreise sollen schrittweise sinken. Öffentliche Aufträge sollen nur noch jene Unternehmen erhalten, die nach Tarif oder Landesmindestlohn zahlen. Spitzenkandidat ist Kultursenator Klaus Lederer (47).

Grüne: "Grünes Licht für morgen"

Im Wahlprogramm "Grünes Licht für morgen" lauten die Kernforderungen "konsequenter Klimaschutz", "soziale Verkehrswende" und "bezahlbare Mieten". Radverkehrswege und öffentlicher Nahverkehr sollen schnell ausgebaut und die Autobahn A100 nicht weitergebaut werden. Bis 2025 sollen alle landeseigenen Gebäude mit Solaranlagen ausgestattet sein und bis spätestens 2030 die letzten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Berlin soll zur "grünen Hauptstadt" werden.

In der Wohnungspolitik streben die Grünen den Neubau von jährlich 20.000 sozialverträglichen und klimaneutralen Wohnungen an. Bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen soll ein Mietendeckel gesetzlich verankert werden. Als "letztes Mittel" der Wohnungspolitik hält sich die Partei eine Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen in einer "verfassungskonformen Ausgestaltung" ausdrücklich offen. Spitzenkandidatin ist die Journalistin Bettina Jarasch (52).

AfD: Berlin "normal"

Das Programm ist überschrieben "Berlin. Aber normal". Schwerpunkte sind die Migrations-, Wohnungs- und Sozialpolitik sowie die direkte Demokratie. Die Partei fordert, Berlin müsse das Bündnis "Städte Sicherer Häfen", das sich für die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer stark macht, verlassen. In der Ausländerbehörde soll eine Sondereinrichtung entstehen, die Abschiebungen ausländischer Krimineller forciert.

Die AfD will das Wohngeld um Mietzuschüsse ergänzen, lehnt Mietenregulierungen ab, fordert die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe bei Sozialwohnungen und will Wohneigentum fördern. Zudem möchte sie das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting umbauen. Die Schuldenbremse soll in der Berliner Verfassung verankert werden. Die AfD setzt sich für die Direktwahl des Regierenden Bürgermeisters und der Bezirksbürgermeister ein. Spitzenkandidatin ist die Landesvorsitzende Kristin Brinker (49).

FDP: "Holen wir uns die Zukunft"

Die FDP fordert in ihrem Wahlprogramm, die Hauptstadt "zur Chancenmetropole" zu machen. Titel des Programms: "Holen wir uns die Zukunft". Dabei will sie für die Wirtschaft die Rahmenbedingungen durch eine "Willkommenskultur" mit Technologieoffenheit, Wettbewerb und weniger Bürokratie verbessern. In der Klimapolitik setzt die FDP auf Entwicklung neuer Technologien mit weniger Einschränkungen und Verboten. In der Wohnungspolitik wendet sich die FDP gegen die Mietpreisbremse und setzt auf die Schaffung neuen Wohnraums, darunter die Randbebauung des Tempelhofer Feldes.

In der Bildungspolitik will sie eine Exzellenzinitiative für die Schulen einleiten und jeder Schule eine IT-Fachkraft zur Seite stellen. Mit Werkunterricht in den Grundschulen soll das Handwerk langfristig gestärkt werden. Spitzenkandidat ist der Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja (38).

Die Partei: "Schluss mit diesen Katastrophen"

In ihrem Programm legt "Die Partei" laut Bundeszentrale für politische Bildung wie stets den Schwerpunkt auf Verballhornung politischer Akteure und Themen. In Berlin möchte sie bereits einen Tag nach der Wahl "Katastrophen wie Flut-, Klima- und Andy B. Scheuert" komplett verbieten und fordert generell "Schluss mit diesen Katastrophen". Sie strebt außerdem eine umfassende Bodenreform und die komplette Deindustrialisierung Berlins an. Sie sei "zwingende Voraussetzung" von Enteignungen. Zudem soll die Wohnungssuche künftig wie eine Schnitzeljagd organisiert werden.

Die Partei setzt sich für die Förderung der Mikrowellentechnologie ein und will Kannibalismus legalisieren. Außerdem will sie bei der Polizei Akkordlohn einführen und die Mercedes-Benz-Arena "und alles drum rum abreißen". Kandidatin für das Amt der regierenden Bürgermeisterin ist die Gymnastiklehrerin Annie Tarrach (28).

Die Tierschutzpartei: "Partei ergreifen"

Unter dem Slogan "Partei ergreifen für alle, die selbst keine Lobby bilden können", fordert die Partei einen Stopp aller Forschungsgelder für Tierversuche und Investitionen in Methoden, die Tierversuche obsolet machen. Um den Verkauf von Produkten aus der Massentierhaltung weitestgehend einzuschränken, sollen das Speisenangebot in allen öffentlich finanzierten Einrichtungen auf mindestens 50 Prozent biovegane Nahrungsmittel erhöht und die vegane Gastronomie durch steuerliche Vorteile gefördert werden.

Zudem will die Tierschutzpartei das "Tierschutzverbands-Klagerecht durch öffentliche Gelder unterstützen". Sie ist zudem für einen Baustopp der Autobahn A100 und der Tangentiale Verbindung Ost. Spitzenkandidatin ist Aida Spiegeler Castañeda, eine von drei gleichberechtigten Bundesvorsitzenden der Partei (27).

Piraten: Für mehr Transparenz in der Politik

Die Piraten verlangen mehr Transparenz in Politik und öffentlicher Verwaltung. In einem Lobbyregister sollen deswegen alle Nebenverdienste veröffentlicht werden. Zentrales Anliegen ist die Förderung der Digitalisierung, insbesondere in der Verwaltung, in Schulen, Universitäten sowie Kunst und Kultur. Gleichzeitig spricht sich die Partei für mehr Datenschutz für Bürgerinnen und Bürger aus.

Die Partei will eine Verkehrswende hin "zu dezentraler Fahrrad- und Elektromobilität mit digitalen Sharing-Konzepten" und einem ticketlosen öffentlichen Personennahverkehr. Sie fordert einen "angemessenen Mieterschutz" mit Alternativen zum Mietendeckel und die Entwicklung von Modellprojekten zur Entwicklung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Spitzenkandidatin ist die IT-Fachfrau Cornelia Otto (38).

Graue Partner: Mit Erfahrung und Augenmaß

Die Grauen Panther legen ihren Schwerpunkt deutlich bei den älteren Altersgruppen: "Was andere noch sammeln müssen, das haben wir. Erfahrung." Arbeitseinkommen müssten zum Leben ausreichen, deswegen lehnt die Partei prekäre Arbeitsverhältnisse und Sub-Unternehmertum ab. So ließe sich auch Altersarmut vermeiden. Gesundheitspolitisch steht die Verbesserung der Alten- und Krankenpflege mit ausreichendem Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im Mittelpunkt.

Die Digitalisierung soll unter Mitnahme der Seniorinnen und Senioren verbessert werden und in der Verkehrspolitik fordern die Grauen Panther mehr Sicherheit für Fußgänger als "wichtigste Verkehrsteilnehmer". Der Klimaschutz soll "mit Augenmaß" erfolgen. Spitzenkandidat ist Siegfried Goosmann (75).

NPD: Fremdenfeindliche Positionen

Durch einen 2020 aus der AfD aus- und in die NPD eingetretenen Abgeordneten ist die Partei erstmals im Abgeordnetenhaus vertreten. Die NPD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft. Die Partei vertritt einen völkischen Nationalismus mit antikapitalistischen, globalisierungskritischen und fremdenfeindlichen Positionen.

Ein Verbotsantrag gegen sie wurde vom Bundesverfassungsgericht 2017 zurückgewiesen, da die NPD zwar eindeutig verfassungsfeindlich sei, aber angesichts ihrer politischen Bedeutungslosigkeit keine konkrete Bedrohung für die freiheitliche demokratische Grundordnung darstelle. Spitzenkandidat ist der Landesvorsitzende Andreas Käfer (48).

Partei für Gesundheitsforschung: Wirtschaftsfaktor Medizin

Einziges Ziel der Partei ist es, die Gesundheitsforschung zu Alterskrankheiten zu fördern. Dazu sollen jährlich zehn Prozent des Landeshaushalts in die Forschung für "wirksame Medizin" gegen Alterskrankheiten fließen. Das Geld soll je zur Hälfte in neue staatliche Forschungseinrichtungen und in die Ausbildung von Wissenschaftlern fließen. Die von ihnen angestrebte Entwicklung von Medikamenten gegen Alterskrankheiten definiert die Partei als Wirtschaftsfaktor für die Hauptstadt. Spitzenkandidat ist der Biowissenschaftler Felix Werth (43).

DKP: "Enteignen, aber richtig"

In ihrem Wahlprogramm fordert die DKP ein kommunales Wohnungsbauprogramm mit jährlich 30.000 Wohnungen und die entschädigungslose Enteignung großer Immobilienunternehmen und privater Grundstücksspekulanten. Der Slogan dazu heißt: "Enteignen, aber richtig. Keinen Cent den Immobilien-Konzernen". Die Umwidmung und Zweckentfremdung von Wohnungen sowie Eigenbedarfskündigungen und Zwangsräumungen sollen verboten und eine niedrige allgemein verbindliche Mietobergrenze festgelegt werden. Der Autobahnbau in Berlin soll beendet werden. Darüber hinaus fordert die Partei eine durchgehende staatliche Gemeinschaftsschule bis zum Abitur und eine staatliche Schulbauoffensive. Spitzenkandidat ist der Fachberater fürs Bauhandwerk Stefan Natke (63).

Bürgerrechtsbewegung Solidarität: "Nein zum Green Deal"

Die Partei fordert laut Bundeszentrale für politische Bildung eine neue Weltwirtschaftsordnung, die sie mit Änderungen im Finanzsystem und transnationalen sowie globalen Infrastrukturprojekten erreichen will. Die Partei setzt sich für eine Kooperation mit Russland und China, für den Ausbau der Neuen Seidenstraße und für Atomenergie ein. Den Klimawandel hält sie "nur zu einem sehr geringen Teil" menschengemacht und sagt deswegen "Nein zum Green Deal". Berlin habe nur eine Zukunft als Industriestadt. Der soziale Wohnungsbau soll massiv ausgeweitet werden, wobei "überzogene und unsinnige Umweltauflagen" abgeschafft und die Genehmigungsverfahren vereinfacht werden sollen. Spitzenkandidat ist der Berliner Landeschef Wolfgang Lillge (71).

Menschliche Welt: Spirituell, dezentral, ökologisch

Die Partei sieht die Ursache aller Menschheitsprobleme in einer falschen, auf "eigennützige Machtausübung und Profitmaximierung" zielenden Denk- und Handlungsweise. Um diese zu überwinden, setzt sie das Konzept "Prout" (Progressive Utilization Theory) ein, das eine "ganzheitlich-spirituelle Lebensführung" mit einer "dezentralen, ökologischen Gemeinwohlwirtschaft" verbinde. Kernforderungen für Berlin sind die Schaffung bezahlbaren Wohnraums durch Mietpreisdeckelung, Begrenzung der Vermögen von Wohnungskonzernen und Förderung des sozialen Wohnungsbaus. In der Verkehrspolitik sollen der öffentliche Personennahverkehr sowie die Radwege ausgebaut werden.

Liberal-konservative Reformer: "Freiheit. Werte. Zukunft"

Die Partei wurde 2015 als Abspaltung der AfD von ihrem ehemaligen Bundessprecher Bernd Lucke und seinen Mitstreitern gegründet. Das Wahlprogramm für die Abgeordnetenhauswahl steht unter dem Motto: "Freiheit. Werte. Zukunft" Im Bereich Stadtentwicklung setzt sich die Partei für nachhaltige und technologische Lösungen ein. Berlin soll als Tourismusmagnet attraktiv g"staltet werden, "ohne den Lebensraum für die Berlinerinnen und Berliner zu vernachlässigen". Die Berliner Verwaltung soll zu einem Bürger-Service umgewandelt werden. Einen Mietendeckel lehnt die Partei ab. Spitzenkandidat ist der pensionierte Polizeibeamte Carsten Schanz (54).

Sozialistische Gleichheitspartei: Enteignung der "Miethaie"

Die Partei setzt sich unter dem Motto "Sozialismus statt kapitalistischer Barbarei" für eine entschädigungslose Enteignung "aller Miethaie" ein. Durch ein staatliches Beschäftigungsprogramm in "Bildung, Gesundheit und Umweltschutz" will sie Arbeitsplätze umfassend sichern. Sie fordert darüber hinaus den Stopp von Abschiebungen und die "Schließung der Abschiebelager". Vom Verfassungsschutz wird die Partei als linksextremistisch eingestuft. Sie selbst verlangt den Verfassungsschutz aufzulösen. Christoph Vandreier (39), Vizechef der Partei, ist der erste Kandidat auf der Wahlliste.

Die Bergpartei: "Klein aber langsam"

Die B*, wie sich die Partei selbst bezeichnet, ist eine alternative linke Partei, die ihre Wurzeln in der Berliner Hausbesetzerszene hat. Sie sei "klein aber langsam", sagt sie von sich. Die Partei, die sich auch "Überpartei" nennt, will Immobilien und Produktionsmittel enteignen. Erbschaften sollen "ins Allgemeinwohl überführt" werden. B* verspricht zudem, das Geschlecht durch konsequentes Gendern zu überwinden. Die Partei will eine autofreie Stadt mit Lastenrädern für alle und fordert den "Aufbau des Nicht-Staates". Welche Kandidatin oder welchen Kandidaten sie aufstellt hat, verrät sie bislang nicht.

ÖDP: "Menschengerechte Stadt"

Die Partei vereint auf der Grundlage christlich-humanistischer Werte ökologische mit wertkonservativen Positionen. Schwerpunkte in Berlin sind die Verkehrs- und Umweltpolitik. Unter dem Motto "Wir brauchen keine autogerechte, sondern eine menschengerechte Stadt" soll der Anteil des Autoverkehrs zugunsten von Fuß- und Radverkehr sowie eines ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs verringert werden. Hierzu setzt sich die Partei auch für "die Einführung einer sozialverträglichen City-Maut" ein. Zudem will sie, dass Berlin die Recyclingquote erhöht. Die landeseigenen Stadtgüter sollen "vollständig" umgestellt werden auf Ökolandbau und Permakultur, bei der Kreisläufe in der Natur nachgeahmt werden. Die Veräußerung von städtischen Land- und forstwirtschaftlichen Flächen und eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes lehnt die ÖDP ab. Spitzenkandidatin ist die Buchhalterin Mareen Bahl (31).

Die Basis: Protest gegen Corona-Maßnahmen

Die Basis wurde auf Bundesebene im Juli 2020 gegründet. Sie ist eine Ausgründung aus der Partei "Widerstand2020". Hauptthema war und ist der Protest gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundes- und Landesregierungen. Gefordert werden die sofortige Aufhebung aller in der Corona-Krise verfügten Verordnungen, Gesetzesänderungen, sowie Einschränkungen der grundgesetzlichen Freiheitsrechte. Zudem soll es, nach Ansicht der Partei, eine "uneingeschränkte Aufklärung" der Bevölkerung über die tatsächliche Lage geben. Sie fordert darüber hinaus den Erhalt einer freien, vielfältigen und unabhängigen Presse- und Medienlandschaft sowie eine unabhängige und gemeinwohlorientierte Wissenschaft und Forschung. Der Spitzenkandidat ist der Psychotherapeut Dietmar Lucas.

Bildet Berlin: Der Name ist Programm

Die Partei wurde in diesem Jahr gegründet und ist eine auf das Land Berlin begrenzte Einthema-Partei. Sie fordert kontinuierliche und verlässliche Bildung, setzt sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Kitas und Schulen ein und fordert nachhaltige Lernangebote. Um Unterrichtsausfall zu vermeiden und Betreuung zu sichern, will die Partei in jeder Bildungseinrichtung eine Personalausstattung von 110 Prozent erreichen. Digitales Lernen soll fester Bestandteil des Bildungssystems werden. An erster Stelle der Kandidatenliste steht der Lehrer Florian Bublys (44).

Deutsche Konservative: Pro Auto

Die Partei setzt sich für die "Erhaltung der wichtigen automobilen Mobilität" ein und spricht sich gegen Fahrverbote, Pop-up-Radwege, weitere Parkraumbewirtschaftung und die geplante Euro-7-Abgas-Norm aus. Ihrem Programm liegen "traditionelle deutsche Werte" zugrunde. Sie fordert eine stärkere Familienförderung und "bezahlbaren Wohnraum für alle Berliner" ohne weitere Verdichtung der Innenstadt. Die Partei hat ein Spitzenkandidaten-Duo: Arnfried Wünscher und Alexander Wettermann. 

Die Grauen: Sozialversicherungspflicht für alle

Die Partei setzt sich strikt von der Partei "Graue Panther" ab, weil sie für "alle Generationen" eintrete. In ihrem Grundsatzprogramm fordert sie eine gesetzliche Mindestrente, zu deren Finanzierung alle gesellschaftlichen Gruppen beitragen müssten, die schrittweise Senkung des Renteneintrittsalters auf 60 Jahre und eine deutliche Anhebung der Beiträge von Kinderlosen zur gesetzlichen Pflegeversicherung.

Weiterhin sollen alle Einkunftsarten der Sozialversicherungspflicht unterliegen – ohne Beitragsbemessungsgrenze. Zur Finanzierung dieser Maßnahmen will die Partei "Bestverdiener" höher besteuern und eine Vermögenssteuer einführen. Spitzenkandidat ist der Bundesvorsitzende Michael Schulz (39).

Die neuen Demokraten: "Aus der Praxis für die Praxis"

Die Partei wurde im Februar 2021 gegründet. Ihrem Selbstverständnis nach steht die auf Berlin begrenzte Partei für eine neue Politikergeneration, die "aus der Praxis für die Praxis" handelt. Kernthemen sind innere Sicherheit und soziale Gerechtigkeit. Polizei, Justiz, Feuerwehr und die Rettungsdienste sollen personell aufgestockt werden, alle öffentlichen Plätze mit Video überwacht werden.

Durch schnellere Bau- und Genehmigungsverfahren soll es künftig mehr bezahlbaren Wohnraum geben. Die S-Bahn soll ins Berliner Umland ausgebaut und eine "Fahrradautobahn" von Nord nach Süd und von Ost nach West eingerichtet werden. Direktkandidat auf der Landesliste ist René Kramer (44), Geschäftsführer bei einem freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe.

Die Republikaner: Kritik an Migrationspolitik

Ein Programm zur Wahl des Abgeordnetenhauses hat die Partei nicht. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat allerdings Schwerpunkte auf dem Facebook-Auftritt der Partei gefunden: Kritik an den Corona-Maßnahmen und Migrationspolitik. Unter dem Motto "Heimat statt Multikulti" wird die Sicherung der Grenzen, ein Ende des "Asylbetrugs" und die konsequente Abschiebung "illegaler Einwanderer und Islamisten" gefordert. Zudem fordert sie die Rücknahme des Berliner Antidiskriminierungsgesetzes.

Die Urbane: "Radikal, dekolonial, machtkritisch"

Die Partei will Elemente der Hip-Hop-Kultur in politisches Handeln übertragen. Sie beschreibt sich als "radikal, dekolonial, machtkritisch". Für die Wahl liegt der Schwerpunkt der Partei auf dem Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung. Sie fordert u. a. eine Quote für Menschen mit Rassismuserfahrung in allen öffentlichen Einrichtungen, unabhängige Beschwerdestellen auf allen Ebenen mit Interventionsbefugnissen, die Einrichtung von Antidiskriminierungs-, Beschwerde- und Schlichtungsstellen für Wohnangelegenheiten, die verpflichtende Anwendung von Antidiskriminierungs- und Antirassismusklauseln als Voraussetzung für Kulturförderung und die Einrichtung von Black-Studies-Instituten an allen Hochschulen.

Bündnis 21: Politiker sollen haften

Bündnis 21 versteht sich als Bündnis aus Kleinparteien, Vereinen, Gruppierungen und Initiativen "aus der Mitte der Gesellschaft". Die Partei fordert eine gesetzliche Politikerhaftung, Amtszeitbegrenzung auf allen politischen Ebenen und mehr Basisdemokratie wie etwa Volksentscheide. Drei zentrale Werte sind für die Partei dabei grundlegend: funktionierender Rechtsstaat, soziale Marktwirtschaft und Selbstbestimmung des Einzelnen. Unternehmen, die durch Corona-Maßnahmen Gewinne erzielten, sollen eine Sonderabgabe zahlen. Zudem setzt sich die Partei ein für eine "konsequente Anwendung" der Aufenthalts- und Asylgesetze und ein Einwanderungssystem nach kanadischem Modell.

Freie Wähler: Mittelstand und Wirtschaft im Fokus

Die Partei setzt "auf Wettbewerb, Tarifautonomie und das Leistungsprinzip", will die Wirtschaft "von übermäßigen Belastungen befreien", den Mittelstand stärken und die Verwaltung digitalisieren. Die Neuverschuldung soll gestoppt und der Schuldenstand Berlins kontinuierlich abgebaut werden. Enteignungen von Immobilienunternehmen lehnt sie ab, will aber den sozialen Wohnungsbau fördern.

Der Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wird als staatliche Aufgabe gesehen, bei der die Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte "technologieoffen" unterstützt werden sollte. Der Spitzenkandidat Marcel Luthe (44) gehört als Fraktionsloser bereits dem derzeitigen Berliner Abgeordnetenhaus an. Im vergangenen Jahr war er aus der FDP-Fraktion ausgeschlossen worden und hatte die FDP verlassen. Im Frühjahr wurde er zum Spitzenkandidaten der Freien Wähler gewählt.

Klimaliste Berlin: Im S-Bahnring autofrei

Die Partei fordert die baldige Eigenversorgung Berlins durch 100 Prozent erneuerbare Energien. Im Wohnungsbau sollen Neubauten vermieden, Altbauten energetisch saniert und eine Debatte über ein begrenztes Wohnflächenbudget pro Person angestoßen werden. Verkehrspolitisch soll Berlin innerhalb des S-Bahnrings autofrei und die Autobahn A100 zum Radschnellweg umgebaut werden.

Die Hälfte der öffentlichen Parkplätze sollen entsiegelt und umgewidmet werden. Der öffentliche Nahverkehr soll ausgebaut werden. Die Finanzierung dieser Maßnahmen soll unter anderem durch ein verpflichtendes "BVG-Bürger:innen-Ticket" erfolgen. Kurzstreckenflüge vom Berliner Flughafen will die Partei verbieten. Spitzenkandidatin ist die Beraterin für nachhaltige digitale Transformation Alicia Sophia Hinon (45).

Mieterpartei: "Grundrecht auf Wohnen umsetzen"

Schwerpunkt der Partei ist die Berliner Wohnungspolitik. Sie verlangt, das in der Berliner Landesverfassung verankerte Grundrecht auf Wohnen "endlich wirksam" umzusetzen. Dazu gehöre, Leerstand als Wohnraum zu vermieten, das Wohnmietrecht auf Gewerbemietverträge auszudehnen sowie städtischen Wohn- und Gewerberaum wieder in Gemeinnützigkeit zurückzuführen. Eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes lehnt die Partei ab. Spitzenkandidatin ist die Journalistin Sabine Scheffer (56).

Die Humanisten: Strikte Trennung von Kirche und Staat

Die Partei fordert bezahlbaren Wohnraum für alle u.a. durch Mietpreisbremse, Milieuschutz, Neubau sowie Förderung des sozialen Wohnungsbaus. In der Klimapolitik setzt die Partei auf neue Mobilitätskonzepte und eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Sozialpolitisch fordert die Partei ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine Bürgerversicherung. Zur Freiheit des Individuums gehöre zudem, dass die aktive Sterbehilfe und Drogen wie Cannabis legalisiert werden. Zudem fordert die Partei eine strikte Trennung von Kirche und Staat. Spitzenkandidat ist der Intensivpfleger Vincent Weber (37).

Team Todenhöfer: Stopp von Waffenexporten

Die Partei wurde im vergangenen Jahr von dem Publizisten Jürgen Todenhöfer gegründet. Die Partei tritt für einen "an den Werten des Humanismus: an Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit" orientierten "Aufstand der Anständigen" gegen die "Mittelmäßigkeit der herrschenden Berufspolitikerkaste" ein. Ihr Fokus richtet sich auf die Friedenspolitik: Alle Auslandseinsätze der Bundeswehr und Waffenexporte in Krisengebiete sollen sofort beendet werden. Junge Familien will das Team durch zwei zusätzliche Elternjahre unterstützen und mehr Generationengerechtigkeit erreichen durch "Beendigung der Ausbeutung der jungen Generation".  Ein Programm für die Wahl zum Abgeordnetenhaus hat die Partei nicht vorgelegt.

Volt Deutschland: City-Maut und höhere Parkgebühren

Volt ist eine transnationale Partei, die 2017 als paneuropäische Bewegung und Reaktion auf Brexit und erstarkenden Rechtspopulismus gegründet wurde. Die Partei fordert für Berlin eine Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung und will dafür alle Digitalisierungszuständigkeiten innerhalb einer neu zu schaffenden Senatsverwaltung bündeln. Außerdem fordert sie zur Erhöhung der Qualität und Legitimität politischer Entscheidungen weitere "Bürger*innenräte" auf Landes- und Bezirksebene.

Die Rolle der Bezirksbürgermeister soll gestärkt und die Kompetenzen zwischen Bezirken und Senat neu aufgeteilt werden. Gesamtstädtische Infrastrukturen wie Radwege, Straßen oder Netzausbau sollen in der Hand des Senats liegen. Volt fordert eine City-Maut, höhere Parkgebühren, den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und eines klimaneutralen Car-Sharing-Angebots. Spitzenkandidatin ist die Ärztin Carolin Behr.

Quelle: ZDF

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