: Biden bei Selenskyj: "Die Demokratie steht"

20.02.2023 | 13:37 Uhr
US-Präsident Joe Biden ist überraschend nach Kiew gereist, es war seine erste Visite seit Kriegsbeginn. Bei seinem Besuch kündigte er ein neues Hilfspaket an
US-Präsident Joe Biden ist überraschend in die Ukraine gereist. Vor einer geplanten Reise nach Polen kam der Demokrat am Montag in die Hauptstadt Kiew - seine erste Visite in dem Land seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor fast genau einem Jahr. Aus Sicherheitsgründen war der Besuch nicht angekündigt worden.
Biden traf bei seinem Besuch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Beide gedachten demnach gemeinsam der ukrainischen Gefallenen. Als die beiden Präsidenten eine Kirche in Kiew verließen, war in der Stadt Luftalarm zu hören, wie AFP-Reporter berichteten. 
Tweet von ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf

Biden bei Rede in Kiew: "Wir stehen hier zusammen'"

Der US-Präsident sicherte Selenskyj die "unerschütterliche" Unterstützung seines Landes zu und kündigte weitere Waffenlieferungen an, wie das Weiße Haus mitteilte. Biden sagte demnach, er werde die Lieferung weiterer Waffen ankündigen, darunter Artilleriemunition, Panzerabwehr-Systeme und Überwachungsradare zum Schutz der ukrainischen Bevölkerung gegen Luftangriffe. 
Biden sagte zu seinem Besuch in Kiew:
Ein Jahr später steht Kiew. Und die Ukraine steht. Die Demokratie steht.
US-Präsident Joe Biden
Zudem erklärte der US-Präsident weiter: "Putin hatte gedacht, die Ukraine sei schwach und der Westen sei gespalten." In Richtung des ukrainischen Präsidenten sagte er: "Putin rechnete nicht damit, dass wir zusammenhalten".
Putin dachte, er könnte länger durchhalten als wir. Ich glaube nicht, dass er das jetzt noch denkt.
US-Präsident Joe Biden
Ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sei klar zu erkennen: "Wir stehen hier zusammen."
Der US-Präsident lobte den Mut und die Tapferkeit der Ukrainer. "Es erinnert uns daran, dass Freiheit keinen Preis hat und überaus wertvoll ist", so Biden. "Es lohnt sich, dafür zu kämpfen, solange es nötig ist und solange werden wir an Ihrer Seite sein, Herr Präsident".
Katrin Eigendorf berichtet aus Kiew über die Wirkung des Besuchs von Joe Biden. Aus Moskau schildert Phoebe Gaa die Reaktionen.

Besuch von Biden: Hoher Symbolwert

Dass Biden seinen Besuch unmittelbar vor den ersten Jahrestag des Kriegsausbruches legte, hat hohen Symbolwert - als Zeichen der Unterstützung des wichtigsten und mächtigsten Verbündeten.
Tweet von ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf
In den vergangenen Monaten hatten die Amerikaner in rasanter Abfolge diverse Pakete mit Waffen und Munition in milliardenschwerem Umfang auf den Weg gebracht. Nach Angaben des Pentagons haben die USA der Ukraine seit Kriegsbeginn militärische Hilfe im Umfang von fast 30 Milliarden US-Dollar bereitgestellt oder zugesagt. Dazu gehören auch verschiedene schwere Waffensysteme.

Einschätzung von Washington-Korrespondent Elmar Theveßen:

Bidens Kiew-Coup sendet nicht nur ein klares Signal nach Moskau, sondern ist auch eine unmissverständliche Botschaft an Peking: Sollte China militärische Ausrüstung oder gar Waffen an Russland liefern, werden die USA mit aller Schärfe antworten. Washington hält ein umfangreiches Sanktionspaket bereit, das die chinesische Wirtschaft schwer treffen würde. 

Selenskyi und Biden haben heute über weitreichende Raketen nur geredet. Aber die europäischen Verbündeten müssen damit rechnen, dass der US-Präsident die Lieferung von Raketen mit einer Reichweite von 150 Kilometern für die HIMARS-Systeme in den nächsten Tagen ankündigt. Damit wäre die Ukraine in der Lage, die Nachschubwege für die russischen Truppen auf der Krim zu unterbrechen.

Gespräche auch in Warschau

Nach seiner Visite in Kiew wollte der US-Präsident nach Polen weiterreisen. Am Dienstag und Mittwoch plant Biden Gespräche in der polnischen Hauptstadt Warschau. Vorgesehen sind nach Angaben des Weißen Hauses ein Treffen mit Polens Präsident Andrzej Duda sowie eine Rede vor dem Warschauer Königsschloss.
Am Mittwoch will Biden zudem mit Vertretern weiterer osteuropäischer Nato-Staaten zusammenkommen.
Der US-Präsident hatte Polen zuletzt Ende März 2022 besucht, rund einen Monat nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine. Schon damals hatte Biden vor dem Warschauer Königsschloss eine viel beachtete Rede gehalten. Darin versicherte er der Ukraine Beistand und griff den russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf an.

Geheime Kommandosache

Am Freitag versammelten sie sich im Oval Office, denn der Präsident wollte eine Entscheidung fällen: Würde er der erste Anführer der Vereinigten Staaten sein, der in die Hauptstadt eines Landes fliegt, in dem gerade ein brutaler Angriffskrieg tobt. Vor Monaten hatte Joe Biden den Auftrag gegeben, alle Optionen zu prüfen. Seitdem arbeiteten kleine Teams, jeweils nicht mehr als fünf Personen pro Regierungsstelle, am Plan für die geheime Kommandosache.

Das Pentagon war beteiligt, die CIA und NSA, der Secret Service, der für den unmittelbaren Schutz des Präsidenten verantwortlich ist, und Mitarbeiter aus dem Nationalen Sicherheitsrat im Weißen Haus. Die Teamleiter saßen nun mit ihrem Chef zusammen - einige waren zugeschaltet - und trugen ihm die Ergebnisse ihrer Recherchen vor. Am Ende entschied Joe Biden, wie der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan heute sagte, dass das "Risiko zu managen ist".  Weitere Einzelheiten über den genauen Ablauf der Reise will das Weiße Haus  noch mitteilen. 

Autor: Elmar Theveßen, ZDF-Studio Washington

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Quelle: dpa, AFP, AP, ZDF

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