: Kaputte Puma-Panzer: Wer ist schuld?

von Ines Trams
06.01.2023 | 16:16 Uhr
Bei den defekten Puma-Panzern gab es von Verteidigungsministerin Lambrecht Kritik an der Industrie. Nun legt aber ein Bericht nahe, dass auch die Bundeswehr Verantwortung trägt.
Pannen-Panzer Puma: Hat Ministerin Lambrecht vorschnell auf die Industrie gezeigt?Quelle: dpa
Gerade erst hat das Verteidigungsministerium einen Zwischenstand zu den defekten 18 Pumas ans Parlament gegeben: Ein dünner Schadensbericht zu den Schützenpanzern, die Mitte Dezember bei einer Übung in der Lüneburger Heide ausgefallen waren. Ein Papier, das die Schäden nicht konkret benennt, genauso wenig wie diejenigen, die dafür verantwortlich sind.
Früh nach Bekanntwerden der Pannenserie hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht mit dem Finger auf die Industrie gezeigt, auf die Herstellerfirmen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann. Dem ZDF liegt nun die Zusammenfassung des Befundprotokolls der Techniker vor, und das zeigt in eine andere Richtung - nämlich auf die Truppe und die Generalität.

Experten sehen Truppe in der Verantwortung

Aus dem Expertenkreis, der die Fahrzeuge begutachtet hat, hört man dies: Von 76 gemeldeten Fehlern waren 44 Falschmeldungen, 13 der Defekte sollen tatsächlich zweifelsfrei während der Übung aufgetreten sein. Für den gravierendsten Schaden, einen Kabelbrand, soll ein handwerklicher Fehler bei der Wartung verantwortlich gewesen sein.
Die meisten Schäden seien zurückzuführen auf Bedienungs- und Wartungsvorschriften, die von der Truppe nicht korrekt eingehalten wurden, auf nicht ausreichend ausgebildetes Personal, auf fehlende Ersatzteile und Spezialwerkzeug als auch auf Verschleiß.
Ein Systemfehler wurde wohl nicht festgestellt. 12 dieser 13 konkreten Schäden hätten vor Ort behoben werden können, wenn die Truppe die Techniker der Industrie gerufen hätte, die in Bereitschaft waren. Einen solchen Hilferuf gab es aber nicht.

Instandhaltung fehlt in den Bataillonen

Der ehemalige Wehrbeauftrage Hans-Peter Bartels (SPD), der die Geschichte des Pumas jahrelang kritisch begleitet hat, will diese Schuldzuweisung an die Truppe nicht gelten lassen. Er verweist auf Strukturen. Darauf, dass die Instandsetzung outgesourced wurde, dass die Bataillone keine eigenen Einheiten für Wartung und Reparatur mehr hätten.
Oftmals verhindern Wartungsverträge mit der Industrie, dass die Truppe selber Hand anlegt. In einschlägigen Blogs kann man von Klagen lesen, dass Soldatinnen und Soldaten selber kaum mehr eine Mutter nachziehen dürften, weil das den Herstellerfirmen vorbehalten sei. Entsprechend seien die Fähigkeiten, komplexes Gerät zu reparieren, nicht vorhanden, entsprechend hilflos seien die Soldaten und Soldatinnen oftmals auf dem Truppenübungsplatz und erst recht im Gefecht.
[Warum der Puma so ein Pannen-Panzer ist: Woran hängt es beim Milliardenprojekt?]
Für Bartels liegt es auf der Hand, dass Gerät kaputt geht. Doch die Bataillone hätten weder ausgebildetes Personal noch das Werkzeug oder die Ersatzteile, es zu reparieren. Seine Forderung: jedem Bataillon wieder seine eigene Instandsetzung.

Puma nur mit Technikern ins Gefecht?

Bartels stellt zusammenfassend fest: So kann man mit dem hochkomplexen Puma nicht ins Gefecht gehen. Auch der Bericht des Ministeriums hatte klargestellt: Ohne Beistand von Industrie-Technikern sollte der Puma nicht in den Einsatz gehen. Doch das scheint wenig realitätsnah.
Mit Blick auf diese Gemengelage sieht der ehemalige Wehrbeauftrage in dem Brandbrief von General Ruprecht von Butler, der den Ausfall der Pumas Mitte Dezember gemeldet hatte, einen Hilferuf. Dass "Business as usual" nicht mehr möglich ist.

Experte: Militärisches Gerät oft "schlecht behandelt"

Christian Mölling, Rüstungsexperte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, weist zusätzlich darauf hin, dass Gerät oftmals "schlecht behandelt" würde - auch die Pumas würden von Einheit zu Einheit gereicht, so dass sich niemand wirklich zuständig fühle.
Und Material würde "übernutzt", also oftmals weniger gewartet als vorgesehen, um mehr Zeit fürs Training zu haben. Dafür spricht, dass laut dem Befundbericht acht der Schäden an den Pumas bereits vor dem Training vorlagen.

Hat Lambrecht zu schnell auf Industrie gezeigt?

Wer hat Schuld an der Pannenmisere der Lüneburger Heide? Eine eindeutige Zuweisung von Verantwortung ist aktuell noch nicht möglich. Klar scheint, dass Ministerin Lambrecht vorschnell agiert hat, als sie kurz nach Bekanntwerden der Panzerausfälle auf die Industrie gezeigt und die geplante Nachrüstung und den Kauf weiterer Pumas ausgesetzt hat. Gar das gesamte Puma-Programm in Frage gestellt hat.
Vielleicht sollte es ein Befreiungsschlag für eine Ministerin unter Druck sein? Inzwischen sieht es so aus, dass auch das Ministerium bzw. die Bundeswehr selber Hausaufgaben zu tun hat, um den Puma sicher nutzen zu können.

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