: Kann die CDU jetzt Großstadt?

von Kristina Hofmann
12.02.2023 | 19:43 Uhr
Die CDU hat die Berliner Wahl gewonnen. Ob sie auch den Regierenden Bürgermeister stellt, ist am Wahlabend offen. Kann die CDU nun Großstadt? Vielleicht.
Berlin: Kai Wegner (l) Spitzenkandidat der Berliner CDU, und Friedrich Merz, CDU- Bundesvorsitzender, reichen sich bei der Wahlveranstaltung der CDU zur Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus die Hände.Quelle: dpa
Die Freude in der CDU ist groß: Spitzenkandidat Kai Wegner hat mit etwa zehn Prozentpunkten Abstand die Wiederholungswahl gewonnen. "Berlin hat den Wechsel gewählt", sagte kurz nach 18 Uhr ein überwältigter Wegner. "Unser Auftrag ist, eine stabile Regierung zu bilden."
Fragt sich nur, mit wem?

Alles offen, aber schon Rede von #Wahlklau

Möglich wären SPD und Grüne. Alle versichern am Wahlabend auch aus der Bundeparteispitzen: Man werde miteinander reden. "Unanständig" wäre es, sagt CDU-Generalsekretär Mario Czaja, wenn SPD, Grüne und Linke noch einmal versuchten, eine Regierung zu bilden, selbst wenn es rechnerisch ginge. In den sozialen Netzwerken kursiert schon seit Tagen der Hashtag #wahlklau – gerne garniert mit Bildern des früheren US-Präsidenten Donald Trump.
Wer auch immer am Ende den neuen Berlin Senat anführt, neben Wegner gibt es noch einen Gewinner an diesem Wahlsonntag: CDU-Vorsitzender Friedrich Merz.

Merz: Wahlkampf war beste der CDU

Merz hatte sich vor allem in den vergangenen Wochen hinter Wegner gestellt. Und auch seinen Ruf riskiert: "Der Wahlkampf war das Beste, was die CDU Deutschlands in den letzten Jahren gesehen hat", hatte er noch am Freitag zum Wahlkampfabschluss gesagt. Allerdings war das Risiko auch überschaubar: Seit Wochen lag die CDU in den Umfragen vor der SPD.
Noch im vorigen Herbst sah das anders aus, wenn die Gerüchte stimmen. Es soll Bemühungen gegeben haben, auch von Merz, Wegner gegen einen bekannteren Kandidaten auszutauschen. Durch Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn zum Beispiel. Wegner selbst hatte es einmal so beschrieben: "Keiner hat daran geglaubt, dass ich Spitzenkandidat werde, außer ich selbst."

Spitzenkandidat Kai Wegner habe im Wahlkampf sehr deutlich gemacht, wofür die CDU steht, sagt CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Er könne schnell eine stabile Regierung bilden.

12.02.2023 | 02:58 min
Jetzt bedankte sich Wegner: Die Unterstützung aus der Bundespartei sei "noch nie" so groß gewesen. Das machte er auch daran fest, dass der Wahlslogan an die Fassade des Konrad-Adenauer-Haus gehängt werden durfte. Damit war dann auch klar: Sollte Wegner trotz des Wahlsiegs keine Regierung bilden können, bleibt an niemandem etwas hängen. Auch nicht an Merz.

Bislang CDU in fünf von 20 Städten vorn

Für den CDU-Chef war die Berliner Wahlwiederholung ein Lackmustest: "Die CDU muss beweisen, dass sie Großstadt kann", so Merz. "Wir müssen beides können: ländliche Region und Großstadt." Wenn das in Berlin gelinge, dann könne "niemand mehr in Deutschland behaupten, dass die CDU nicht auch Großstadt kann".
Zwar ist die CDU nach mehr als 20 Jahren wieder stärkste Partei in Berlin. Bislang können die Konservativen aber eher seltener Großstadt. Unter den 20 größten deutschen Städten, von Berlin bis Bielefeld, stellt sie derzeit nur fünf Mal die Stadtspitze: in
  • Stuttgart
  • Düsseldorf
  • Essen
  • Nürnberg und
  • Münster.
Zeiten, in denen Mitglieder der CDU in den großen Städten die Amtskette trugen, sind lange vorbei: Eberhard Diepgen in Berlin bis 2001, Ole von Beust in Hamburg bis 2010, Petra Roth in Frankfurt bis 2012.

Wegner eher West-Berlin

Fraglich ist auch, ob der Berliner Wiederholungs-Wahlkampf so typisch war, dass er als Blaupause für andere gelten kann. Wegner profitierte vor allem von einer Wechselstimmung in der Stadt, wo gewählt werden musste, weil die noch amtierende Koalition-Konstellation die Wahl vor einem Jahr versemmelt hatte. In einer Stadt, in der seit Jahren die Verwaltung nicht funktioniert und die Silvesterkrawalle Probleme aufzeigten, die seit langem nicht gelöst wurden.
Wegner repräsentiert eher eine West-Berliner CDU. Er stammt aus dem westlichen Rand, aus Spandau. In den östlichen Bezirken gilt er eher als unbekannt. Überdurchschnittlich ist er dort gewählt worden, wo der Altersdurchschnitt höher ist. Zudem eher in den westberliner Bezirken außerhalb des S-Bahnrings. In der Mitte ist Berlin jünger, grüner.

Herbst sind Bayern und Hessen dran

Berlin war allerdings nur der Auftakt. Im Mai geht es weiter mit Bremen. Im Norden hat die CDU traditionell kaum eine Chance. Im Herbst folgen Bayern und Hessen, wo die Union mit Markus Söder (CSU) und Boris Rhein (CDU) die Ministerpräsidenten stellen. Beide Länder sind geprägt von ländlichen Gegenden und Großstädten.
Merz hatte als mittelfristiges Ziel der Neuaufstellung der Partei die Europawahl 2024 und das neue Grundsatzprogramm ausgegeben. Wie erfolgreich er dabei ist, wird auch daran liegen, ob Kai Wegner einen Koalitionspartner findet und wirklich neuer Regierender Bürgermeister von Berlin wird.

Ob die Mehrheiten es erlaubten, dass die SPD an der Regierungsbildung beteiligt werde, bleibe abzuwarten, sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.

12.02.2023 | 02:29 min

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