: Droht bald ein Angriff Chinas auf Taiwan?

von Elisabeth Schmidt, Peking
30.01.2023 | 13:27 Uhr
Ein US-General prognostiziert einen baldigen Krieg zwischen China und Taiwan. Auch Experten halten eine Eskalation für wahrscheinlich.
Chinesische Militärhubschrauber bei einer Übung in der Nähe von Taiwan im August 2022Quelle: AFP
"Ich hoffe, ich liege falsch", schrieb General Mike Minihan in einem Memo vergangenen Freitag, das sich an alle Kommandanten des Air Mobility Command richtete.
Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir 2025 kämpfen werden.
Mike Minihan, US-General
Seine Begründung: Die USA und Taiwan hielten im nächsten Jahr Präsidentschaftswahlen ab. Damit böte sich dem chinesischen Präsident Xi Jinping die Gelegenheit, militärische Maßnahmen zu ergreifen. Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums erklärte dagegen, dass die Äußerungen Minihans "nicht repräsentativ für den Standpunkt der Behörde mit Blick auf China" seien.

Spannungen zwischen China und Taiwan wachsen

Die Volksrepublik erkennt Taiwan nicht als unabhängigen Staat an, sondern betrachtet die Insel als eigenes Territorium. Dagegen sieht sich Taiwan selbst als unabhängig an. Die Spannungen hatten sich in den vergangenen Monaten verschärft.
Auch seit der russischen Invasion in die Ukraine sind die Sorgen gestiegen, dass China ähnlich in Taiwan einmarschieren könnte. In Taiwan vergeht nahezu kein Tag, ohne dass chinesische Jets Manöver fliegen.
Der Direktor des Mercator Institute for China Studies, Mikko Huotari sagte ZDFheute Ende 2022, es sei in der Tat so, dass sich insbesondere Peking im Moment auf den Kurs festgelegt zu haben scheine, "dass sie auf jede Ankündigung aus Washington oder Taiwan mit einer Eskalation reagieren, also immer mehr Kampfflugzeuge, Schiffe oder Grenzüberschreitungen vornehmen."
Bei aller Hoffnung auf eine Stabilität dort muss, glaube ich, mit einer Eskalation gerechnet werden.
Mikko Huotari, Direktor des Mercator Institute for China Studies

Taiwan verlängert Wehrdienst

Vor dem Hintergrund der Spannungen mit China hatte Taiwan im Dezember die Zeit des Wehrdienstes von vier Monaten wieder auf ein Jahr aufgestockt. Dadurch könnte sich die Zahl der Soldaten in der Armee (derzeit 165.000) um 60.000 bis 70.000 Mann erhöhen.
Kurz nach Weihnachten berichtete das US-Militär von einem nur knapp verhinderten Zusammenprall zwischen einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug und einem chinesischen Kampfjet in internationalen Gewässern.

Taiwan fürchtet eine Invasion Chinas. Das motiviert die Zivilbevölkerung, sich auf den Verteidigungsfall vorzubereiten. Mit Airsoft-Waffen trainieren sie für einen möglichen Krieg.

12.11.2022 | 01:36 min
"Alle Seiten bereiten sich auf einen Krieg und eine militärische Auseinandersetzung vor", schätzt Huotari die Lage ein. Dies sei das Paradigma, unter dem die Region in den nächsten Monaten und Jahren zu leben haben werde. Zum Zeitpunkt eines möglichen Angriffs Chinas auf Taiwan sagt der Forscher:
Ich glaube, und das scheint mir weiterhin die einhellige Meinung der meisten Experten zu sein, dass es keinen klaren Zeitplan gibt.
Mikko Huotari, Direktor des Mercator Institute for China Studies

Wie positioniert sich Deutschland?

Anfang Januar hatte eine FDP-Bundestagsdelegation, unter anderem der Parlamentarische Geschäftsführer Johannes Vogel und die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Taipeh besucht. Deutschlands Rolle in dem Konflikt sei nicht militärisch, hieß es damals. Waffenlieferungen an Taiwan kämen nicht in Frage. Dennoch sagte Vogel:
Wir wollen, dass Deutschland und Europa sich mehr für die pazifische Region interessiert und dort engagiert.
Johannes Vogel, FDP-Parlamentsgeschäftsführer

Xi Jinping ist heute vielleicht der mächtigste Mann der Welt. Und das, obwohl die Kommunistische Partei Chinas den Mitgliedsantrag des jungen Xi Jinping zunächst neun Mal ablehnte.

31.08.2022 | 15:17 min

US-Außenminister Blinken reist nach Taiwan

Chinas Staatsführung weist die Aussagen des US-Generals vor wenigen Tagen als reine Spekulation zurück. In der zweitgrößten staatlichen Nachrichtenagentur China News Network war am Montag erneut zu lesen, die USA mischten sich in Chinas innere Angelegenheiten ein und nutzten die so genannte "China threat theory" (Theorie über China als Bedrohung), um Verbündete um sich zu scharen und Unruhe zu stiften.
Dies sei letztlich nur ein Vorwand, um den eigenen Militärhaushalt zu rechtfertigen, schreibt die chinesische Propaganda.
Die Verschärfung im Ton erfolgte nur wenige Tage vor einem Besuch des US-Außenministers Antony Blinken, der am Sonntag und Montag in Peking erwartet wird. Zuletzt war dort im Oktober 2018 ein US-Außenminister zu Gast.
Quelle: mit Material von Reuters und dpa

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