: Corona-Herbstwelle: Kliniken schlagen Alarm

von Sven Class
19.10.2022 | 04:00 Uhr
Rund 25.000 Patienten mit Corona werden aktuell in Kliniken behandelt, es fehlt nicht mehr viel zum Höchstwert aus diesem Frühjahr. Noch diese Woche könnte er überschritten werden.
69 Corona-Patienten sind es aktuell in den Alb Fils Kliniken im Landkreis Göppingen in Baden-Württemberg, 23 waren es noch vor zwei Wochen. Eine Steigerung um 200 Prozent innerhalb weniger Tage. Und auch deutlich mehr Corona-Patienten, als es hier vor genau einem Jahr waren, damals zählten sie elf.
Die Herbstwelle 2022 ist in vollem Gang - nicht nur in Göppingen, sondern bundesweit. Und sie trifft mit voller Wucht auf viele Kliniken und auf durch Dauerbelastung ausgelaugtes Personal.
Die Situation ist an zahlreichen Standorten sehr herausfordernd, weil man wirklich jeden Tag neu organisieren muss, wie man die Patientenversorgung aufrechterhalten kann.
Gerald Gaß, Deutsche Krankenhausgesellschaft
"Es müssen zum Teil sehr spontan Behandlungen abgesagt werden, OPs verschoben werden", sagt Gerald Gaß von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Bundesweit, so hat es die Krankenhausgesellschaft ermittelt, ist die Zahl der Corona-Patienten in Kliniken seit Ende September um 100 Prozent angestiegen, eine Verdopplung also. In den vergangenen Wochen sei vor allem der Süden Deutschlands betroffen gewesen, jetzt flächendeckend alle Bundesländer.
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Hoher Behandlungsaufwand bei Patienten mit Corona

Rund 60 Prozent der Patienten kommen derzeit nicht wegen Covid-Symptomen ins Krankenhaus, sondern aus anderen Gründen - werden dann aber positiv getestet. Außerdem sind die Krankheitsverläufe bei der aktuellen Virus-Variante häufig weniger schwer als bei früheren. Der Aufwand in den Kliniken ist dennoch immens:
Es muss ein besonderer hygienischer Schutz und Infektionsschutz betrieben werden. Das bindet Personal, und dieses Personal fehlt uns für die anderen Patientinnen und Patienten.
Gerald Gaß, Deutsche Krankenhausgesellschaft
Dazu kommt in den Kliniken ein weiteres großes Problem: Denn nicht nur die Zahl der Corona-Infektionen hat zuletzt stark zugenommen, sondern auch die Zahl anderer Atemwegserkrankungen - bei den Patienten, aber auch bei den Mitarbeitern: "Auf einen bestehenden Personalmangel sehen wir jetzt aktuell auch erhebliche Personalausfälle", sagt Dr. Ingo Hüttner, Medizinischer Geschäftsführer an den Alb Fils Kliniken.
Hier sind derzeit etwa 140 Mitarbeiter krank oder in Isolation - von rund 2.500 insgesamt.
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Rufe nach Ausweitung von Maskenpflicht

Und so fordern sie in Göppingen nun schnelle Maßnahmen der Politik: "Ich plädiere im Moment für eine sehr scharfe Maskenpflicht in öffentlichen Räumen und bei größeren Versammlungen von Personen, das ist das Einzige, was uns wirklich helfen kann", sagt Hüttner und ist damit nicht alleine: Ähnliche Forderungen kommen auch von anderen, den Amtsärzten etwa und der Krankenhausgesellschaft.
Und auch der Bundesgesundheitsminister hat die Bundesländer wiederholt dazu aufgefordert, über eine Ausweitung der Maskenpflicht nachzudenken. Die Länder könnten eine Maskenpflicht nach dem aktuell gültigen Infektionsschutzgesetz auch über Kliniken, Pflegeheime, Arztpraxen und Fernzüge hinaus einführen - haben das bisher aber nicht getan.

Im Sommer war der Mund-Nasenschutz ja so gut wie vergessen. Die steigenden Corona-Zahlen führen zu einem politischen Streit über die Maskenpflicht.

17.10.2022 | 02:13 min

Länder beobachten die Lage

"Die Lage ist angespannt, aber noch beherrschbar", sagt der baden-württembergische Gesundheitsminister und spricht für sein Bundesland von einer derzeit zwar vergleichsweise hohen, aber leicht zurückgehenden Infektionslage. Man habe allerdings eine Verordnung in der Schublade, die man sehr schnell ziehen könne, wenn die Infektionsdynamik zunehme. "Die Akzeptanz des Masketragens ist sicher auch nicht durchgängig da, die Gründe für die Anordnung einer Maskenpflicht müssen deshalb schon sehr, sehr kräftig sein."
In vielen Kliniken fürchten sie unterdessen, dass die nächsten Wochen und Monate erneut heftig werden, dass zunehmend Operationen verschoben werden müssen, Notaufnahmen und Rettungsdienste überlastet sind. Und, dass die Belastung beim Personal weiter zunimmt.

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