: Wenn die Heimleitung Corona-Impfungen ablehnt

von Oliver Klein
08.02.2022 | 18:18 Uhr
Die Impfpflicht bringt Pflegeheime in Bedrängnis. Ein extremes Beispiel: Das Heim "Waldblick" in Radolfzell. 80 Prozent der Pflegekräfte dort sind laut Heimleitung ungeimpft.
Bewohner eines Altenheims in Baden-Württemberg, Burladingen - die Impfpflicht stellte so manche Einrichtung vor massive Probleme (Archivbild)Quelle: dpa
Das Pflegeheim "Waldblick" liegt am Ortsrand von Radolfzell Stahringen, unweit des Bodensees. 45 psychisch Kranke werden hier betreut, das Durchschnittsalter liegt bei 70 Jahren, manche leben seit Jahrzehnten in der Einrichtung. Bis auf neun Bewohner sind alle gegen Corona geimpft und geboostert, erklärt die Heimleiterin Edith Klup.
Doch dem Heim droht möglicherweise das Aus, wenn am 15. März die Impfpflicht für Angehörige bestimmter Berufe eingeführt wird: Von den 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind nach Auskunft der Heimleitung nur sechs geimpft, gerade mal 20 Prozent. Das meldete Klup nach Informationen des ZDF so auch dem Gesundheitsamt.
Sogar sie selbst ist ungeimpft. Sie habe zwar nichts generell gegen Impfungen. Aber die Impfstoffe gegen das Coronavirus seien "innerhalb von neun Monaten auf wundersame Weise erfunden worden" und darum "einfach nicht ausgereift", erklärt Klup ihre ablehnende Haltung gegenüber ZDFheute.

Wie kann man die Impfansprache verbessern, wie Impfgegner überzeugen und was ist dran an Nebenwirkungen durchs Impfen und den Argumenten der Impfgegner? Darüber spricht u.a. Mediziner Dr. Christoph Specht.

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Heimleiterin geht auf sogenannte Spaziergänge

Mit Tests, Masken, und Hygiene könne man die Situation auch ohne Impfungen gut bewältigen - in zwei Jahren habe man keinen einzigen Corona-Fall im Haus gehabt, dank sehr strenger Maßnahmen, so Klup.
Darum ist sie auch strikt gegen die Impfpflicht: "Da hab' ich persönlich ein Problem damit". Nach eigener Aussage nahm sie bereits an mehreren sogenannten Spaziergängen im benachbarten Ravensburg teil - "nicht immer, aber immer öfter", sagt sie. Ob man sie als Querdenkerin bezeichnen könne? "Querdenkerin vielleicht im Hinblick auf meinen Körper", antwortet Klup.

85 Prozent der Pflegekräfte in Baden-Württemberg geimpft

Das Pflegeheim "Waldblick" ist ein extremes Beispiel. Doch in abgeschwächter Form müssen sich derzeit viele Einrichtungen mit der Frage beschäftigen, wie sie ab dem 15. März und nach eventuellen Tätigkeitsverboten für Ungeimpfte noch ihre Arbeit aufrecht erhalten sollen - angesichts des jetzt schon bestehenden Mangels an Pflegekräften.
Denn landesweit sind in Baden-Württemberg nur gut 85 Prozent der Pflegekräfte vollständig geimpft, die bundesweite Impfquote der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen liegt nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) noch geringer, bei 81 Prozent.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Union findet, dass die Bundesregierung die Impfpflicht für Pflegekräfte vorläufig aussetzen sollte:

Impfpflicht kommt mit Übergangsfristen

Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Notbremse zog und das Gesetz zur Impfpflicht vorerst nicht anwenden will, stellte das Land Baden-Württemberg heute klar: An der Einführung der Impfpflicht soll grundsätzlich festgehalten werden.
Es soll jedoch "gewisse Übergangsfristen" geben: Auch eine einzige Impfung vor dem 15. März soll "einstweilen vor einem Tätigkeitsverbot schützen", wie es vom Sozialministerium auf Anfrage von ZDFheute heißt. Gesundheitsminister Manfred Lucha sagte am Mittag, Ziel des Gesetzes sei es, vulnerable Gruppen zu schützen. Er schränkte jedoch ein:
Wenn die Versorgung nicht mehr gewährleistet werden kann, muss zwischen dem Rechtsgut und der sicheren Versorgungssituation im Einzelfall abgewogen werden.
Manfred Lucha, Gesundheitsminister Baden-Württemberg
Das Ministerium erstellt derzeit einen Leitfaden, sowohl für die betroffenen Einrichtungen als auch für die Gesundheitsämter, die ja am Ende die Impfpflicht durchsetzen müssen. So soll eine "möglichst einheitliche landesweite Umsetzung" gewährleistet werden, heißt es.
Wie es mit dem Pflegeheim "Waldblick" weitergeht, ist unklar. Das Landratsamt Konstanz schreibt auf Anfrage von ZDFheute, dass notfalls auch "Betretungsverbote" erlassen würden. Bei der Entscheidung könne auch das "Aufrechterhalten des Betriebs und die Pflegesituation in den einzelnen Einrichtungen eine Rolle spielen".
Dabei ist auch die Verlegung von Bewohnerinnen oder Bewohnern in eine andere Einrichtung denkbar, sofern der Versorgungsauftrag aufgrund einer zu geringen Impfquote nicht mehr zu gewährleisten ist.
Jens Bittermann, Leitung Büro des Landrats Kreis Konstanz
Selbst, wenn aufgrund der Impfpflicht eine Schließung ihrer Einrichtung droht: Edith Klup will bei ihrer Überzeugung bleiben. "Dann werde ich nach anderen Wegen suchen. Aber impfen werde ich mich nicht."

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