: Lauterbach: Kommunikationspanne bei Genesenen
von Torben Schröder
28.01.2022 | 06:43 UhrEs war einiges an Angriffsfläche, die Karl Lauterbach (SPD) mit ins Studio der ZDF-Sendung "maybrit illner" brachte. Zur Begrüßung wurden mehrere Sequenzen eingespielt, in denen der SPD-Politiker vor Amtsantritt als Gesundheitsminister über Antigen-Schnelltests sprach.
Vertrauen erweckend waren die Zitate nicht. Die Frage, warum in Wien Tag für Tag mehr PCR-Tests zur Anwendung kommen als in der ganzen Bundesrepublik, schloss sich an.
Debatte über Genesenenstatus
Dann kam die Ad-hoc-Entscheidung des Robert-Koch-Instituts aufs Tapet, den Genesenenstatus nach drei Monaten auslaufen zu lassen, verteidigt von Lauterbach. Und seine vergleichsweise rigide Pandemie-Politik.
Schließlich wurde die Weigerung der Bundesregierung und insbesondere des Ministers, einen Gesetzentwurf zur Impfpflicht vorzulegen, in die Mangel genommen. Lauterbach hatte also vieles zu beantworten.
Lauterbach: Antigentests nicht kaputt reden
Die Antigentests dürfe man nicht kaputt reden, sie würden recht verlässlich positive Ergebnisse ausweisen, wenn man so stark infiziert ist, dass man andere anstecken kann, so Lauterbach. PCR-Tests würden von privaten Laboren angeboten, die der Staat nicht befehligen könne.
Vor eineinhalb Jahren sei die Grundsatzentscheidung getroffen worden, auf Antigen-Schnelltests zu setzen - gegen unter anderem seinen Rat. Die Drei-Monats-Regel? Eine "Kommunikations-Fehlleistung", aber sachlich richtig.
Lauterbach will möglichst wenige Sterbefälle
Er habe niemanden überrumpelt, politisch keinen Einfluss genommen und sei vom Zeitpunkt der Bekanntgabe durch das RKI selbst überrascht worden. Lauterbach sagte:
Meine Aufgabe muss es sein, die Bevölkerung so gut zu schützen, wie es geht.
Lauterbach ergänzte: "Danach richte ich die Regeln aus." Ihm gehe es darum, für möglichst wenige Sterbefälle und eine geringe Hospitalisierung zu kämpfen - auch wenn das ein oder andere vor Gericht gekippt werde.
Impfpflicht: Richtige Entscheidung?
Und in Sachen Gesetzentwurf zur Impfpflicht, den er einst - auch öffentlich - "erwogen" habe, sei er keinesfalls von Kanzler Olaf Scholz zurückgepfiffen worden. Es sei ihm um "Glaubwürdigkeitsgründe" gegangen.
Eine allgemeine Impfpflicht sei weiterhin die richtige Entscheidung. "Ich muss jetzt nicht über einen Kompromiss nachdenken, wenn es noch eine gute Lösung geben kann."
Frei: Deutscher Sonderweg ist falsch
Thorsten Frei (CDU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, kritisierte, dass im Gesundheitsministerium verpasst wurde, die Testkapazitäten zu erhöhen.
Die unverhoffte Halbierung der Dauer des Genesenenstatus habe Vertrauen zerstört. Ein deutscher Sonderweg innerhalb Europas sei falsch:
Es kann doch nicht sein, dass auf der europäischen Ebene etwas anderes gilt als in Deutschland. Und im Plenarsaal des Deutschen Bundestages gilt wieder etwas anderes.
Teuteberg: Impfpflicht falsche Strategie
Linda Teuteberg (FDP), die den Gruppenantrag gegen eine allgemeine Impfpflicht unterstützt, erklärte: "Einer der größten Freiheitskiller, auch unter Pandemiebedingungen, ist Ungewissheit."
"Ich bin sehr für eine Impfkampagne, die Kopf und Herz erreicht, da ist viel Luft nach oben", sagte Teuteberg. Die Impfung sei ein Segen, eine allgemeine Pflicht aber die falsche Strategie.
Immunologe: Omikron kein Schnupfen-Virus
Eingriffe in die Verfassung müssten grundrechtschonend erfolgen, forderte Frei - und sprach sich damit für die Kompromisslösung einer Impfpflicht ab 50 Jahren aus.
Der Immunologe Carsten Watzl (TU Dortmund) ist hingegen für eine allgemeine Impfpflicht:
Wenn wir mit dieser Impflücke in den nächsten Winter gehen, müssen wir wieder Maßnahmen ergreifen.
Die Omikron-Variante sei kein bloßes Schnupfen-Virus. Die Infektionszahlen lägen bei den Über 60-Jährigen zum Glück noch vergleichsweise niedrig, das müsse so bleiben.
Rostalski: PCR-Tests priorisieren
Die Strafrechtsprofessorin Frauke Rostalski (Uni Köln) warb dafür, bei der Zuteilung der PCR-Tests diejenigen zu priorisieren, die unmittelbaren Kontakt zu Risikogruppen haben.
Keinesfalls, mahnte Lauterbach, dürfe die einrichtungsbezogene Impfpflicht verschoben werden. Sie sollte dort in Watzls Augen neben dem gesamten Personal auch auf die Heimbewohner ausgeweitet werden. Und Strafrechtlerin Rostalski sagte:
Aus einer Verantwortung können auch Pflichten erwachsen - sich selbst besonders zu schützen, um das als Fremdschutz weiterzugeben.