Risikopatienten sollten die vierte Corona-Impfung bekommen, sagt Gesundheitsminister Lauterbach im ZDF. Ab Herbst könnten Frischgeimpfte drei Monate von Masken befreit werden.
09.08.2022 | 06:56 min
Bundesgesundheitsminister
Karl Lauterbach (
SPD) hat im ZDF heute journal Stellung bezogen zur Kritik an seinem Vorschlag für das künftige
Infektionsschutzgesetz im Kampf gegen das
Coronavirus. Die Vorlage sieht eine mögliche Rückkehr zur
Maskenpflicht in Innenräumen vor. Menschen, die innerhalb der zurückliegenden drei Monate jedoch vollständig geimpft wurden, getestet oder genesen sind, sollen von der Regelung ausgenommen werden.
Gesundheitsminister Lauterbach verteidigt im Interview mit Marietta Slomka die geplanten Ausnahmen. Testergebnisse zu angepassten
Impfstoffen wiesen darauf hin, dass sie auch gut vor Ansteckung schützten. Die Impfstoffe sollen ab Herbst auf den Markt kommen. Aus diesem Grund könnten Frischgeimpfte für drei Monate von der Maskenpflicht in Innenräumen befreit werden, so der Gesundheitsminister.
Sehen Sie das gesamte Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen.
Lauterbach verweist auf Corona-Warn-App
Kontrolliert werden könne das mit einer farblichen Kennzeichnung des Impfzertifikats in der
Corona-Warn-App, "zum Beispiel grün statt blau wie normalerweise". Die Kontrolle des Zertifikats sei durch solch eine Kennzeichnung einfach, so Lauterbach.
Die Gesundheitsminister der Länder hatten die geplanten Ausnahmen scharf kritisiert. Nach Angaben von Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD), die aktuell Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz ist, haben die Länder darauf hingewiesen, dass Masken-Ausnahmen nur schwer kontrollier- und umsetzbar seien.
Die Gesundheitsminister haben über ein neues Infektionsschutzgesetz ab Herbst beraten. Diskutiert wurden vor allem Ausnahmen von der Maskenpflicht und die vierte Corona-Impfung.
09.08.2022 | 02:56 min
Das sagt Lauterbach zum angepassten Omikron-Impfstoff
Der Gesundheitsminister gehe davon aus, dass die Corona-Impfstoffe, die Ende September oder Anfang Oktober kommen werden, auch vor Ansteckungen schützen würden. Die neuen Impfstoffe würden einen besseren Schutz als die aktuellen bieten.
Derzeitige Impfstoffe seien zwar "sehr gut" und würden vor schweren Verläufen schützen, jedoch "nicht ganz so gut" vor Ansteckungen. Mit Hinblick auf den neuen Impfstoff könne man "auch vor der Ansteckung einigermaßen sicher sein".
Geht es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann sollen beim neuen Infektionsschutzgesetz einige Dinge bundeseinheitlich geregelt werden. Die Länder erhalten zudem Spielräume für zusätzliche Maßnahmen. Noch ist das ein Entwurf, der vom Kabinett, von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden muss. Demnach gibt es:
Die FFP2-Maskenpflicht im Luftverkehr sowie im öffentlichen Personenfernverkehr, also vor allem Fernzügen, wird beibehalten. Für den Zutritt zu Krankenhäusern, Pflegeheimen oder vergleichbaren Einrichtungen soll zudem eine Testnachweispflicht gelten. Von der Testpflicht können aber insbesondere Menschen, die innerhalb der zurückliegenden drei Monate vollständig geimpft wurden oder genesen sind, ausgenommen werden.
Die Länder können mit Blick auf die ab Herbst erwartete neue Infektionswelle weitergehende Vorschriften festlegen, um das Gesundheitswesen oder andere Bereiche der kritischen Infrastruktur zu schützen. Dies sind insbesondere eine
Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr sowie generell in
öffentlich zugänglichen Innenräumen.
Für Schulen kann dies ab der fünften Klasse gelten, wenn die Maskenpflicht zur Aufrechterhaltung eines geregelten Präsenzunterrichts erforderlich ist. Vorgeschrieben werden für Maskenpflichten bei Freizeit-, Kultur- und Sportveranstaltungen oder entsprechende Einrichtungen sowie für die Gastronomie allerdings Ausnahmen - und zwar für höchstens vor drei Monaten Geimpfte oder Genesene sowie bei aktuellem Testnachweis.
Bundeseinheitliche Kriterien wie Inzidenzwerte oder Krankenhausbelegung gibt es für all dies nicht. Allerdings können die Länder solche Werte festlegen, auch in Form von Stufenplänen.
Stellt
ein Landesparlament eine konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens oder der sonstigen kritischen Infrastruktur fest, können
Maskenpflichten auch in Außenbereichen angeordnet werden, wenn dort ein Mindestabstand von 1,5 Meter nicht eingehalten werden kann. Dann
entfallen auch die
Ausnahmen für Geimpfte, Genesene und Getestete.
Angeordnet werden können dann zudem verpflichtende Hygienekonzepte mit weiteren Auflagen zum Beispiel zur Lüftung oder zum Vermeiden unnötiger Kontakte. Auch kann generell ein Mindestabstand von 1,5 Meter vorgeschrieben werden. Nicht vorgesehen sind jedoch auch bei einer solchen verschärften Lage Lockdowns oder Geschäftsschließungen.
Die geltenden Vorschriften zur Isolation für Corona-Infizierte werden nicht angetastet. Auch an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht insbesondere im Gesundheitswesen hält die Regierung fest. Zudem ist mit den ab September erwarteten neuen, an die Omikron-Variante des Coronavirus angepassten Impfstoffen eine weitere Impfkampagne geplant.
Die Ampel-Koalition will die Änderung des Infektionsschutzgesetzes zur Beschleunigung des Verfahrens per Änderungsantrag in ein bereits laufendes Gesetzgebungsverfahren einfügen. Dazu soll das Kabinett am 24. August eine sogenannte Formulierungshilfe beschließen. Nach einer Anhörung im Parlament soll der Bundestag die Neuregelung in der ersten Septemberwoche beschließen, am 16. September dann der Bundesrat.
Die neuen Regeln sollen vom 1. Oktober bis zum 7. April kommenden Jahres gelten, also bis kurz vor Ostern. Da die bestehenden Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes bereits am 23. September auslaufen würden, sollen diese bis Ende September verlängert werden.
(afp)
... zur Frage, sich ein viertes Mal impfen zu lassen
Der Gesundheitsminister bestreitet, eine vierte Impfung für alle empfohlen zu haben. Seine Empfehlungen seien lediglich an ältere Menschen sowie Menschen in Pflegeheimen gerichtet gewesen.
Ich habe nicht gesagt, für alle die vierte Impfung, ich habe nur darauf hingewiesen, dass wir auch eine Botschaft für die unter 60-Jährigen oder die unter 70-Jährigen benötigen.
Bundesgesundheitsminister Karl LauterbachDiejenigen, die hohe Risiken tragen, sollten nach Ansicht des Gesundheitsministers "nicht auf die neuen Impfstoffe warten". Das Abwarten in diesen Fällen sei "falsch". Die bisher verfügbaren Impfstoffe würden "zuverlässig vor Tod und schwerer Krankheit schützen".
... zur Frage, wie die neuen Regelungen kontrolliert werden sollen
Der Gesundheitsminister beklagt: "Es wird im Moment auch sehr viel Verwirrung gestiftet durch Leute, die Verwirrung stiften wollen." Er habe nie gesagt, dass alle jüngeren Leute sich impfen lassen sollten. Solchen Aussagen würden ihm immer wieder unterstellt, diese seien jedoch nicht richtig. "Und so ist es auch bei der Frage, wer hat dann eine Ausnahme, wenn man also im Herbst mit Maske in die Innenräume muss, zum Beispiel also ins Restaurant", unterstreicht der Gesundheitsminister. Die allgemeine Regel sei "ganz simpel".
Das heißt, ins Restaurant geht man dann, wenn die Länder das umgesetzt haben, mit der Maske.
Karl Lauterbach, GesundheitsministerDie Überprüfung des Impfzertifikates solle über die Corona-Warn-App sichergestellt werden. Hierbei sollen verschiedene Farben dafür sorgen, ein "frisches" Impfzertifikat erkennen zu können. Der Gesundheitsminister gibt sich gelassen: "Wir dürfen uns auch nicht die Sache sehr schwer machen, wo es nicht nötig ist." Länder, Restaurants und Gaststätten hätten bereits ausreichend Erfahrung mit der Kontrolle von Impfzertifikaten.
... zur Kritik der Länder am neuen Infektionsschutzgesetz
Lauterbach verteidigt die im Infektionsschutzgesetz festgeschriebenen Regelungen: "Das sind ja auch alles Dinge, die wir schon mal gemacht haben." Die wahre Kritik bestünde seiner Meinung nach darin, dass viele weiterleben wollten "wie vorher". Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) sowie auch sein Kabinettskollege
Marco Buschmann von der
FDP würden es jedoch nicht auf eine Durchseuchung ankommen lassen wollen.
Weil das würde einfach zu viele Todesfälle kosten. Und das können wir nicht akzeptieren.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach