FAQ
: Variante BA.5: Wer ist wie gut geschützt?
Zuletzt warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angesichts der sich immer stärker in Deutschland ausbreitenden Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5 vor einem möglichen Corona-Herbst. Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht jetzt von deutlich mehr Corona-Infektionen bereits im Sommer aus.
Der Grund: Die Omikron-Sublinien seien besonders ansteckend. Das RKI rechnet damit, dass die neuen Untervarianten bereits in wenigen Wochen die Mehrzahl der Infektionsnachweise ausmachen dürften. Virologe Martin Stürmer erklärt im Gespräch mit ZDFheute, warum zwar Vorsicht geboten ist, zunächst aber kein Grund zur Sorge besteht.
BA.4 und BA.5: Was ist anders?
Virus-Varianten können weitere Unterteilungen haben, sogenannte Subtypen. Sie weisen Unterschiede bei bestimmten Proteinen auf, etwa in ihrem für die Übertragung so wichtigen Spikeprotein. Laut Experten weisen BA.4 und BA.5 im Spikeprotein eine Mutation auf, die letztlich auch eine Reinfektion erleichtern könnte.
Ein "Fitnessvorteil" der neuen Sublinien gegenüber vorherigen Varianten: Die sogenannte Immunflucht. Damit ist gemeint, dass sich das Viruserbgut verändert hat, so dass es Antikörpern von Geimpften und Genesenen besser entkommt. Die Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5 wurden laut WHO zum ersten Mal im Januar 2022 in Südafrika festgestellt.
BA.5-Anteil dürfte aktuell bei 40 Prozent liegen
Aktuell dominiert in Deutschland weiterhin die Omikron-Untervariante BA.2 mit einem Anteil von 87,5 Prozent. Die jüngsten Zahlen des RKI beziehen sich auf die Zeit zwischen 23. und 29. Mai, die aktuellen Werte werden nicht abgebildet.
BA.5 macht in diesem Zeitraum zehn Prozent aus - und ist damit nach BA.2 die häufigste Untervariante. In der Woche davor lag der Anteil noch bei fünf Prozent, davor bei 2,5 Prozent. Wenn sich die Verdopplung der vergangenen Wochen fortgesetzt hat, dürften es aktuell um die 40 Prozent sein. Die Angaben basieren auf einer Stichprobe, es werden nicht alle positiven Fälle auf Varianten untersucht.
Auch saisonale Effekte reichten demnach nicht aus, um die Verbreitung von BA.4 und BA.5 zu kompensieren, wenn Verhaltensregeln nicht mehr beachtet würden, heißt es im Wochenbericht des RKI. Hinzu kommt: Vergangene Woche sei die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz erstmals seit Mitte März wieder deutlich angestiegen - um 50.000 übermittelte Corona-Ansteckungen im Vergleich zur Vorwoche.
Wir sehen in den Zahlen definitiv einen Wendepunkt.
Bringt Variante BA.5 die Sommer-Welle?
Dass sich die neuen Omikron-Subtypen auch in Deutschland stark ausbreiten, sei offensichtlich, erklärt Virologe Martin Stürmer.
Es ist wieder ein neuer Spieler auf dem Feld. BA.4 und BA.5 haben das Potential, nochmal für eine Welle zu sorgen.
Bislang sehe es jedoch danach aus, dass sich die Varianten zwar effektiver in der Bevölkerung verbreiteten, klinisch aber nicht schlimmer würden. Das sei erst einmal eine gute Nachricht, so Stürmer. Es gelte jetzt, die Situation weiter sorgfältig zu beobachten, statt in Panik zu verfallen und "alarmistisch irgendwelche Mechanismen hochzufahren".
Wer braucht mehr Schutz, wer den Booster?
Unabhängig von der Corona-Variante sollten vulnerable Gruppen Stürmer zufolge den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) folgen und die Booster-Impfung wahrnehmen. Jetzt, wo das Infektionsgeschehen durch BA.5 möglicherweise noch einmal stärker angefacht würde, sei es jedoch umso wichtiger für Risikopatienten, "wieder eine Auffrischungsimpfung zu bekommen, wenn ihre letzte Impfung oder die Infektion mindestens drei Monate zurückliegen". Das heißt: In diesem Fall nicht warten, sondern möglichst zeitnah boostern lassen - etwa mit Biontech - um schwere Verläufe zu verhindern, rät der Virologe.
Für alle anderen reiche es nach Einschätzung des Virologen aus, auf aller Voraussicht nach im Herbst verfügbare angepasste Impfstoffe zu warten. Dann sei eine breite Impfkampagne durchaus noch einmal sinnvoll.
Wie wahrscheinlich ist eine Ansteckung mit BA.5?
"Es ist tatsächlich so, dass der Schutz vor Infektion nach Impfung relativ dürftig ist bei BA.5", so Stürmer. Das hätten mehrere Studien bestätigt. Teils gelte dies aber auch für Genesene. Beobachtungen hätten etwa gezeigt, dass die Antikörper von Patienten, die mit BA.1 infiziert waren weniger effektiv vor BA.4 und BA.5 schützten. Wer aber erst kürzlich eine BA.2-Infektion durchgemacht habe, sei etwas besser vor den Omikron-Subtypen geschützt. In Deutschland habe man eine recht starke BA.2-Welle gehabt, erklärt der Virologe. Auch deshalb gehe er von insgesamt eher moderaten Corona-Zahlen durch die BA.5-Variante aus.
Das Ansteckungspotential könne mit der Booster-Impfung abgefedert werden, für die Allgemeinbevölkerung sei das zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht notwendig. Denn:
Die Impfung schützt uns auch bei BA.4 und BA.5 vor schweren Verläufen und Todesfolge. Das hat sich nicht geändert.
Stürmer: Im Herbst Verschärfung der Maßnahmen Thema
Das Fazit also: Gesunde Vorsicht, ja. Aber keine übertriebene Angst. Es sei wichtig, über die steigenden Corona-Zahlen zu sprechen, auch zum jetzigen Zeitpunkt. Auch das Infektionsschutzgesetz müsse zeitnah angepasst werden, findet der Virologe. Ein Aufschub sei hier nicht zu tolerieren. Denn im Herbst werde die Debatte um eine Verschärfung der Maßnahmen erneut aufkommen.
In den Krankenhäusern ist die Lage laut RKI jedoch noch immer gut zu bewältigen. Die Belastung der Kapazitäten des Gesundheitsversorgungssystems gehe demnach weiter zurück.