: Muss der Nutzen noch bewiesen werden?
Seit Beginn der Corona-Pandemie wird immer wieder der Sinn einer Maskenpflicht in Frage gestellt - zuletzt zeigte sich selbst Justizminister Marco Buschmann (FDP) skeptisch: "Will der Staat Masken vorschreiben, etwa in Innenräumen, muss das evidenzbasiert und verhältnismäßig sein." Ob das der Fall ist, werde erst besprochen, "wenn alle Gutachten vorliegen", sagte Buschmann der "Rheinischen Post".
Den Nutzen einer Maskenpflicht hält der Justizminister also offenbar noch nicht für erwiesen. Der Sachverständigenrat, dessen Gutachten Buschmann abwarten will, soll am 30. Juni seine Stellungnahme zur Überprüfung der bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen vorlegen.
Wie ist der Stand der Wissenschaft, was den Schutz durch Masken betrifft? Und was sagt der Vorsitzende des Sachverständigenrats zu dem Thema? ZDFheute mit einem Überblick.
Studienlage ist eindeutig: Masken schützen
Etliche Studien konnten die Schutzwirkung von Masken in Innenräumen eindeutig belegen. Zuletzt stellte die kalifornische Gesundheitsbehörde ein deutlich vermindertes Risiko für eine Corona-Infektion fest. Mit dem besonderen Studiendesign der sogenannten "Test-negativen Fallkontrollstudie" sollte ausgeschlossen werden, dass andere Faktoren als das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit das Ergebnis erklären.
Auch Forscher des Göttinger Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation kommen in einer Studie zu dem Schluss, dass gut sitzende FFP2-Masken einen extrem hohen Schutz vor einer Corona-Infektion bieten. Zum selben Ergebnis kommen unter anderem auch eine aktuelle Metastudie aus Peking, eine weitere Metastudie von Forschern aus China, Deutschland und den USA und eine Studie der Universität von Texas. Die wissenschaftliche Evidenz zum Sinn einer Maskenpflicht sei "erdrückend", sagt auch Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Expertenrat-Chef: Schutz durch Masken "nicht sinnvoll zu bestreiten"
Der Leiter des Expertenrats, Stefan Huster, erklärt im Gespräch mit ZDFheute: "Seit Jahrhunderten werden in Kliniken Masken getragen, um die Verbreitung von ansteckenden Krankheiten zu verhindern. Dass Masken generell vor Infektionen schützen können, das ist nicht sinnvoll zu bestreiten." Huster formuliert einen deutlichen Vergleich:
Es würde auch niemand sagen, wenn man aus dem Flugzeug springt, braucht man keinen Fallschirm - so lange es dazu noch keine randomisierte Studie gibt.
Doch Buschmann begründet seine Skepsis auch mit dem Verweis darauf, dass eine staatlich verordnete Maskenpflicht nicht nur evidenzbasiert, sondern auch verhältnismäßig sein müsse.
Maskenpflicht muss jeweils verhältnismäßig sein
Die Frage sei also, so Huster: In welchen Situationen sei es sinnvoll, Masken vorzuschreiben? Und: "Rechtfertigt die Schutzwirkung im konkreten Fall zum Beispiel die Einschränkung der Freiheit? Oder die Nebenwirkungen, wie zum Beispiel an Schulen - wenn womöglich der Unterricht durch Masken behindert wird?" Das jedoch müsse die Politik entscheiden - und nicht der Sachverständigenrat, so Huster.
Generell sei es enorm schwierig zu sagen, welche Maßnahmen - wie Maskenpflicht, Schulschließungen, Ausgangssperren - präzise welchen Effekt auf das Infektionsgeschehen hätten, erklärt Huster. "Man kann gewisse Tendenzen feststellen - aber eine Liste mit Plus und Minus kann es nicht geben. Und es gibt auch aus anderen Ländern keine definitiven Aussagen zu jeder einzelnen Maßnahme."
Kann der Schutz durch Masken auch zu gut sein?
Der Münchner Virologe und Epidemiologe Klaus Stöhr - ebenfalls Mitglied im Expertenrat - sagte im ZDF-Morgenmagazin, dass man jetzt nicht zwingend alle Infektionen vermeiden sollte. Wer jetzt nach Masken rufe, der nehme "Menschen die Gelegenheit, sich langfristig mit dem Coronavirus zu arrangieren".
Davon gehe im Augeblick keine Gefahr aus: Trotz der Sommerwelle an Infektionen mit den Omikron-Subvarianten gebe es in den Kliniken keine Zunahme an behandelten Patienten, die Situtation sei "so entspannt, wie man es nur hoffen konnte für den Sommer", so Stöhr.
In Kombination mit der Impfung seien Infektionen der "Einstieg in die Endemie". Dadurch bringe die Sommerwelle ein schnelleres Pandemie-Ende. Kritiker halten ihm jedoch vor, damit die Gefahr von Long Covid zu unterschätzen.
Quelle: mit Material von dpa