: Czaja fordert schärfere AfD-Überwachung

von Felix Rappsilber
08.12.2022 | 02:24 Uhr
Laut Mario Czaja (CDU) soll der Verfassungsschutz die AfD härter anpacken. Abgeordnete könnten Mitarbeiter "ohne jede Kontrolle" in den Bundestag reinbringen.

Zum bisher größten Schlag gegen die Reichsbürger-Szene am heutigen Tag, über die Themen Zuwanderung und Staatsbürgerschaft sowie über Rechtsextremismus in Deutschland

07.12.2022 | 74:59 min
Als "erschreckenden Blick in den Abgrund" bezeichnete CDU-Generalsekretär Mario Czaja die Razzia im Reichsbürger-Milieu - und doch als einen "großen Erfolg der Ermittlungsbehörden". Der Verdacht: Planung eines Staatsstreichs mit einem gewaltsamen Angriff auf den Bundestag. Die Ermittlungen: 130 Durchsuchungen, 52 Beschuldigte, 25 Festgenommene. Unter ihnen die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann.
Czaja forderte am Mittwochabend bei Markus Lanz: "Es ist notwendig, über die Überprüfung der AfD - deutschlandweit - vom Verfassungsschutz völlig neu nachzudenken, ob sie noch stärker überwacht werden muss." Zudem müsse die Tatsache überdacht werden, "dass die alle mit einem freien Bundestagsausweis reinkommen, dass Bundestagsabgeordnete Mitarbeiter haben, die sie ohne jede Kontrolle in den Deutschen Bundestag bringen können".

Czaja: Erhöhte Sicherheit macht Sinn

Bereits im Vorfeld der Razzia hatte der CDU-Politiker Veränderungen im Parlamentsalltag bemerkt: "Jetzt wird manch einem klarer, warum in den letzten Wochen die Sicherheitsvorkehrungen im Bundestag so erhöht wurden, Absperrungen rund um den Bundestag errichtet wurden." Der Fahrdienst des Bundestages habe gar gefragt, ob man die Betonpoller aufgebaut habe, weil ein Staatsgast angekündigt sei, erinnerte sich Czaja.
Er sagte: "Ich habe immer stärker gesehen, dass Personenschutz, beispielsweise für den Bundesgesundheitsminister (Karl Lauterbach, Anm. d. Red.), doch sehr dicht bis in den Bundestagssaal herangegangen ist, davor kurz wartete. Eher unüblich", bemerkte Czaja, "weil sie sich innerhalb des Bundestags doch zurückhalten und sich die Minister da relativ frei aufhalten." Das sei in den letzten Wochen nicht mehr der Fall gewesen.

Pläne zur Erstürmung des Bundestags

Am Dienstag dann habe er erfahren, dass "die Bundestagspolizei im Vorfeld der Razzia informiert wurde, dass es Bestrebungen gibt, den Bundestag in irgendeiner Art und Weise zu stürmen". Diese Sicherheitsmaßnahmen hielt Sebastian Fiedler, früherer Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, für angemessen.
Mit Blick auf die Gruppierung um die 25 Festgenommenen sagte er:
Ich halte diese Gruppe für wahnsinnig gefährlich und würde deswegen davor warnen, sich über diese Gestalten, die man jetzt gesehen hat, so wahnsinnig lustig zu machen.
Sebastian Fiedler, ehemaliger Vorsitzender des BDK
Fiedlers Kritik richtete sich gegen den Linken-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch. Dieser hatte sich bei Twitter spöttisch über den mutmaßlichen Rädelsführer der Verschwörung, Prinz Heinrich XIII. Reuß, geäußert.

Malsack-Winkemann hätte ohne Kontrolle Bundestag betreten können

Fiedler sagte: "Ich kann gar nicht so richtig darüber lachen. Diejenigen, die sich zusammengetan haben, verfügen alle über akademische Bildungsabschlüsse, weitreichende Informationen, Zugänge zu Waffen." Theoretisch hätte die gestern festgenommene Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Malsack-Winkemann mit ihrem Ausweis sogar "ohne Kontrolle, im Zweifel auch bewaffnet" den Bundestag betreten können, warnte der Kriminalbeamte.
So krude "diese ideologischen Ideen, diese Mythen, die verbreitet werden" erscheinen mögen, so real seien sie doch für "diejenigen, die in die Pläne involviert gewesen sind", betonte Fiedler: "Wenn jetzt darüber gelacht wird, dass es da einen militärischen Arm gegeben hat, mag man sich doch vergewissern, dass Typen dabei gewesen sind, die bei den KSK gedient haben."

Ermittlungen über langen Zeitraum

Lob brachte Fiedler dem "Ausmaß der Ermittlungen" entgegen. Über einen "wahnsinnig langen Zeitraum" seien verdeckte Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt worden, "personalintensiv, abgeschottet, über mehrere Bundesländer hinweg organisiert".
Er stellte klar: "Der Generalbundesanwalt führt diese Ermittlungen. Das ist der höchste Ermittlungsstandard, den Kriminalistinnen und Kriminalisten in Deutschland kennen."

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