: EU billigt Sanktionen und Kohle-Embargo
08.04.2022 | 00:51 Uhr
Die EU hat weitere Russland-Sanktionen gebilligt, darunter einen Importstopp für Kohle, Holz und Wodka - die Entwicklungen an Tag 43. Das Wichtigste in Kürze
- EU billigt Importstopp von Kohle, Holz und Wodka
- Nato beschließt weitere Waffenlieferungen
- UN-Votum: Russland aus Menschenrechtsrat ausgeschlossen
Anmerkung der Redaktion
Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Die Entwicklungen im Ukraine-Krieg an Tag 43:
- Die 27 EU-Staaten haben das fünfte große Paket mit Russland-Sanktionen auf den Weg gebracht. Die ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten billigten am Donnerstagabend Vorschläge der EU-Kommission, die einen Importstopp für Kohle, Holz und Wodka sowie zahlreiche weitere Strafmaßnahmen vorsehen.
- Die Nato-Staaten haben sich auf zusätzliche Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine verständigt. "Wir waren uns einig, dass wir unsere Unterstützung für die Ukraine weiter stärken und aufrechterhalten müssen, damit sich die Ukraine durchsetzt (...)", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag nach einem Außenministertreffen. Die Verbündeten seien entschlossen, mittel- und langfristig mehr zu tun, "um den mutigen Ukrainern zu helfen, ihre Heimat und ihr Land zu verteidigen und die Invasoren zurückzudrängen". Welche zusätzlichen Waffen nun von Nato-Staaten an die Ukraine geliefert werden sollen, sagte Stoltenberg nicht. Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wollte dazu keine Angaben machen. "Waffen sind wie Geld. Sie lieben das Schweigen", sagte er.
- Russland beklagt nach eigenen Angaben zahlreiche Tote bei seinem vor sechs Wochen begonnenen Angriffskrieg in der Ukraine. "Wir haben bedeutende Verluste, das ist eine gewaltige Tragödie für uns", sagt der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, dem britischen Sender Sky News. Zuletzt hatte Russland von 1.351 getöteten Soldaten gesprochen. Die Ukraine geht von mehr als zehn Mal so vielen russischen Soldaten aus, die getötet wurden.
- Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärt, die Ukraine habe einen Entwurf für einen Friedensvertrag übermittelt, der unannehmbare Elemente beinhalte. Er bezieht sich dabei auf Vorschläge zum Donbass und zur Krim. Lawrow wirft der Ukraine vor, die Friedensgespräche auszuhöhlen. Russland werde aber trotzdem weiterverhandeln und gleichzeitig seine eigenen Ansprüche "absichern".
- Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat einem "Spiegel"-Bericht zufolge Funksprüche russischer Militärs abgefangen - sie enthalten neue Erkenntnisse zu den Gräueltaten in Butscha. In der abgehörten Kommunikation würden Morde an Zivilisten besprochen, einzelne Funksprüche sollen sich auch in Butscha fotografierten Leichen zuordnen lassen: Darüber habe der BND bereits die zuständigen parlamentarischen Stellen in Berlin informiert, heißt es in dem Bericht. Das Material des BND lege den Schluss nahe, dass Morde an Zivilisten Teil des üblichen Handelns der russischen Militärs geworden seien, möglicherweise sogar Teil einer Strategie. Es gehe darum, unter der Zivilbevölkerung Angst und Schrecken zu verbreiten und Widerstand zu ersticken.
- Präsident Selenskyj wirft Russland vor, weitere Kriegsverbrechen zu vertuschen. In seiner Videoansprache sagte er: "Wir wissen bereits von Tausenden Vermissten." Für deren Verbleib gebe es nur zwei Möglichkeiten - sie seien entweder nach Russland deportiert oder getötet worden. Im türkischen TV-Sender Habertürk sagte Selenskyj, Russland blockiere den Zugang zu Mariupol für Hilfsorganisationen, um die "Tausenden" Opfer dort zu verschleiern. Er rief den Westen zu härteren "schmerzhaften" Sanktionen gegen Russland auf.
- Auch Amnesty International berichtet unter Verweis auf ukrainische Augenzeugen von neuen Hinweisen auf russische Kriegsverbrechen in der Ukraine. Russische Truppen hätten ihren Informationen zufolge wiederholt unbewaffnete Menschen in deren Häusern oder auf offener Straße erschossen, teilte die Organisation am Donnerstag mit. In einem Fall sei eine Frau mehrfach vergewaltigt worden, nachdem ihr Mann getötet worden sei. "Die schockierenden Bilder aus Butscha sind ganz offensichtlich nur die Spitze eines Eisbergs der Grausamkeit und Brutalität", sagte Janine Uhlmannsiek, Expertin für Europa und Zentralasien bei Amnesty International in Deutschland.

Aus Putins Ankündigungen gehe klar hervor, dass er jetzt den Krieg in der Ost-Ukraine "konzentrieren will", berichtet ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf.
07.04.2022 | 04:03 min- Die ukrainische Regierung hat die Einwohner im Osten des Landes wegen einer befürchteten russischen Großoffensive zum sofortigen Verlassen der Region aufgerufen. Dies müsse "jetzt" geschehen, andernfalls riskierten die Menschen dort zu sterben, erklärte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk auf Telegram. Auch der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, rief die Menschen zur Flucht auf: "Bitte gehen Sie!"
Die Situation in den ukrainischen Städten und Siedlungen:
- In der seit einem Monat von russischen Truppen eingekesselten Stadt Mariupol sind nach Angaben des Bürgermeisters mehr als 5.000 Zivilisten getötet worden. 210 der Toten seien Kinder, sagte Wadym Boitschenko. Die russischen Truppen hätten Krankenhäuser bombardiert - in einem von ihnen seien 50 Menschen verbrannt. Mehr als 90 Prozent der städtischen Infrastruktur sei von russischem Beschuss zerstört worden.
- Im umkämpften ostukrainischen Gebiet Luhansk gibt es nach Angaben von Gouverneur Serhij Hajdaj keine funktionierenden Krankenhäuser mehr. "Seit Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine wurde jede medizinische Einrichtung in unserer Region beschossen", schreibt Hajdaj am bei Facebook. Dazu veröffentlicht er zwei Bilder, die das zerstörte Krankenhaus der Stadt Rubischne zeigen sollen.
- Der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj hat von großen Zerstörungen in Borodjanka berichtet. Derzeit sei die Kleinstadt "eine der am stärksten zerstörten Städte in der Region Kiew", sagte Monastyrskyj laut ukrainischen Medien. Am Mittwoch hatte der Zivilschutz mitgeteilt, dass in Borodjanka mit der Suche nach zivilen Todesopfern begonnen wurde. Man befürchte, dass dort "viele, viele Leichen" unter den Trümmern liegen, berichtet ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf, die vor Ort war.
- Der Bürgermeister von Dnipro ruft Frauen, Kinder und Ältere dazu auf, die zentralöstliche Großstadt zu verlassen, da mit einer Verschärfung der Kämpfe zu rechnen sei. "Die Lage im Donbass heizt sich nach und nach auf und der April wird wohl recht intensiv", sagt Borys Filatow in einer Online-Videoansprache.
- In einer Garage im Kiewer Vorort Hostomel wurden nach dem Abzug russischer Truppen nach ukrainischen Angaben elf Leichen gefunden. Es soll sich um Zivilisten handeln. Die Polizei habe die Toten am Mittwoch entdeckt, berichtete die "Ukrajinska Prawda". Hostomel war zu Beginn des Kriegs schwer umkämpft. Der Großteil der ursprünglich 16.000 Einwohner floh.
- Fast 5.000 Menschen sind nach ukrainischen Angaben am Mittwoch aus Kampfgebieten in Sicherheit gebracht worden. Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk sagte, 1.171 Flüchtende hätten Mariupol verlassen, 2.515 weitere die Städte Berdjansk und Melitopol sowie andere Gebiete im Süden. Zudem seien 1.206 Menschen aus der östlichen Region Luhansk evakuiert worden.
- Insgesamt sind nach UN-Angaben bereits mehr als 4,2 Millionen Ukrainer vor dem russischen Angriffskrieg geflohen. Weitere rund 7,1 Millionen Ukrainer sind nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im eigenen Land auf der Flucht. Damit ist insgesamt mehr als ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung auf der Flucht.
ZDFheute Infografik
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Reaktionen auf den russischen Angriff:
- Die UN-Vollversammlung hat sich dafür ausgesprochen, die Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu suspendieren. Eine entsprechende Resolution wurde am Donnerstag von der UN-Vollversammlung in New York verabschiedet.
Fragen und Antworten zum Russland-Ukraine-Konflikt
- Wie verhält sich die EU, wenn ein Mitgliedsland angegriffen wird?
- Warum ein Deutscher in der Ukraine kämpft
- Was ist bekannt über russische Atomwaffen?
- Ist es denkbar, dass Putin entmachtet wird?
- Alle aktuellen Entwicklungen der Russland-Ukraine-Krise im Liveblog
Das ist an Tag 42 passiert:
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg befürchtet, dass der Krieg in der Ukraine noch Jahre andauern könnte. Lesen Sie hier nach, wie sich die Lage in der Ukraine am Mittwoch entwickelt hat:
Quelle: dpa, AP, AFP, Reuters