: Macron telefoniert mit Putin

03.05.2022 | 23:55 Uhr
Macron spricht mit Putin, CDU-Chef Merz trifft Selenskyj in der Ukraine, russische Soldaten stürmen Stahlwerk in Mariupol. Die Lage an Tag 69 im Überblick.

Das Wichtigste in Kürze

  • Merz trifft überraschend Selenskyj
  • Stahlwerk in Mariupol wird gestürmt
  • Macron telefoniert mit Putin
  • Großbritannien sichert weitere Unterstützung zu
  • Andrij Melnyk kritisiert Scholz' Nein zu einer möglichen Kiew-Reise

Anmerkung der Redaktion

Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.

Die Lage an Tag 69 im Ukraine-Krieg:

  • Der in die Ukraine gereiste CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew getroffen. Beide hätten gut eine Stunde lang miteinander geredet, teilte ein Merz-Sprecher auf Twitter mit. "Das Gespräch war atmosphärisch und inhaltlich außergewöhnlich gut." Über die Inhalte werde der CDU-Vorsitzende zunächst mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reden.
Friedrich Merz in der Ukraine
  • Davor informierte Merz sich in Irpin nahe der ukrainischen Hauptstadt über die dortigen Kämpfe in den vergangenen Wochen. Der Oppositionsführer zollte den ukrainischen Streitkräften für ihren Abwehrkampf gegen die russische Invasion "jeden Respekt" und "große Anerkennung", wie er im Sender Welt sagte. "Ich denke, wir sind in Deutschland auch weiter verpflichtet, diesem Land weiter zu helfen und gerade einer solchen Stadt wie Irpin auch beim Wiederaufbau zu helfen."
  • Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat mit Russlands Präsident Wladimir Putin zum Krieg in der Ukraine telefoniert. Das Gespräch am Dienstag habe mehr als zwei Stunden gedauert, hieß es aus dem Élyséepalast. Der Kreml teilte mit, Putin habe Macron über die "Befreiung" der ukrainischen Hafenstadt Mariupol durch russische Truppen informiert sowie über die erfolgreiche Evakuierung von Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal. Macron habe Putin aufgefordert, die Evakuierungen dort wieder aufzunehmen, teilte der Élysée-Palast mit.
  • Putin habe laut Kreml beklagt, dass die europäischen Länder den ukrainischen Beschuss von Ortschaften im Donbass ignorierten. Moskau wirft Kiew immer wieder Angriffe gegen Zivilisten vor - ungeachtet dessen, dass Russland selbst die Ukraine am 24. Februar angegriffen hatte. Außerdem gibt es Vorwürfe gegenüber russischen Truppen im Kiewer Vorort Butscha und andernorts schwere Kriegsverbrechen begangen zu haben.
  • In der Ukraine gibt es Sorge vor einer deutlichen Ausweitung russischer Angriffe in den kommenden Wochen. Mehrere ukrainische Medien griffen einen Bericht des US-Senders CNN zu Spekulationen auf, dass Kremlchef Wladimir Putin bereits in wenigen Tagen in Russland den Kriegszustand verhängen und eine Generalmobilmachung anordnen könnte. Auch der Chef der ukrainischen Militäraufklärung, Kyrylo Budanow, sprach von russischen Vorbereitungen auf eine offene Mobilisierung von Soldaten und Reservisten. Belege dafür gibt es nicht. Bislang spricht Russland offiziell nur von einer "Spezial-Operation" in der Ukraine.
  • Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk kritisiert das vorläufige Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Reise nach Kiew. Scholz hatte am Montagabend im ZDF gesagt, die Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier durch die Ukraine stehe seiner Reise im Weg. "Es kann nicht funktionieren, dass man von einem Land, das so viel militärische Hilfe, so viel finanzielle Hilfe leistet, (...), dass man dann sagt, der Präsident kann aber nicht kommen." Melnyk erklärte daraufhin der Deutschen Presse-Agentur: "Eine beleidigte Leberwurst zu spielen, klingt nicht sehr staatsmännisch." Es gehe um den brutalsten Vernichtungskrieg seit dem Nazi-Überfall auf die Ukraine, das sei kein Kindergarten. 
Anm. der Redaktion: Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
  • Russlands Außenministerium hat in der Kontroverse mit Israel um einen Hitler-Vergleich von Außenminister Sergej Lawrow nachgelegt. Die Kritik von Außenminister Yair Lapid an Lawrow sei "antihistorisch" und erkläre, "warum Israels Regierung das Neonazi-Regime in Kiew unterstützt", zitieren israelische Medien ein Statement aus Moskau. Darin wird Lawrows Argument wiederholt, dass Selenskyjs jüdische Herkunft die Ukraine nicht daran hindere, von Neonazis regiert zu werden. "Antisemitismus im Alltagsleben und in der Politik wird nicht gestoppt, sondern im Gegenteil (in der Ukraine) gefördert", heißt es laut der Zeitung "Haaretz".

Die Situation in den ukrainischen Städten:

  • In der westukrainische Stadt Lemberg gab es Explosionen. Etwa anderthalb Stunden nachdem Luftschutzsirenen in der Stadt und Berichten zufolge im ganzen Land ertönten, waren aus der Innenstadt mindestens vier Explosionen zu hören. Bürgermeister Andrij Sadowyj erklärte, es seien zwei Umspannwerke beschädigt worden. In Teilen der Stadt fiel der Strom aus.
  • Die russischen Truppen haben nach ukrainischen Angaben außerdem versucht, weiter von Norden her auf das Donbass-Gebiet in der Ostukraine vorzustoßen, um die dort stationierten Truppen Kiews einzukesseln. Auch ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums berichtete von ukrainischen Zielen, die getroffen worden seien - allerdings nicht, wo genau.
  • In Donezk sind infolge russischer Angriffe nach ukrainischen Angaben mindestens 21 Zivilisten getötet worden. Weitere 27 wurden verletzt, teilte die Gebietsverwaltung in ihrem Telegram-Kanal mit.
  • Russische Soldaten haben nach Angaben der ukrainischen Verteidiger der Stahlfabrik in Mariupol die Anlage gestürmt. Der stellvertretende Kommandeur des für die Stahlfabrik zuständigen Azov-Regiments bestätigte, dass die Aktion am Dienstag begonnen habe. Von russischer Seite gibt es ähnliche Informationen: Russland habe mit dem Beschuss der Stellungen begonnen, berichtet die Agentur RIA unter Verweis auf das Verteidigungsministerium.
  • Die südukrainische Stadt Mariupol ist weitgehend zerstört und unter russischer Kontrolle. Am Wochenende waren über 120 Zivilisten aus dem Stahlwerk herausgelangt. Eine weitere geplante Evakuierungsaktion am Montag scheiterte.
Traumatisierte Augenzeugen: Was die Menschen in Mariupol und Odessa erleben:

Reaktionen und Folgen des russischen Angriffs:

  • Der britische Premierminister Boris Johnson hat der Ukraine in einer Rede an das Parlament nachhaltige Unterstützung zugesichert und den russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf kritisiert. Johnson kündigte an, dass die britische Botschaft in Kiew wiedereröffnet werde. Zugleich werde Großbritannien weiterhin Waffen liefern: In den kommenden Wochen werde die Ukraine Anti-Schiffsraketen vom Typ Brimstone und Flugabwehrsysteme vom Typ Stormer erhalten. Hinzu kämen 13 gepanzerte Fahrzeuge für die Evakuierung von Zivilisten. Hinzu komme weitere Militärhilfe im Wert von 300 Millionen Pfund (357 Mio Euro).

Wie zuverlässig sind Angaben aus dem Ukraine-Krieg?

Viele Informationen, die uns aus dem Ukraine-Krieg erreichen, kommen von offiziellen russischen oder ukrainischen Stellen - also von den Konfliktparteien selbst. Solche Informationen sind deshalb nicht notwendigerweise falsch, aber zunächst nicht von unabhängigen Stellen überprüft. Eine solche Überprüfung ist wegen des Kriegsgeschehens oft nicht oder zumindest nicht unmittelbar möglich. Das ZDF trägt dieser Situation Rechnung, indem es Quellen nennt und Unsicherheiten sprachlich deutlich macht.

Zudem greifen die Informationsangebote des ZDF in ihrer Berichterstattung auf viele weitere Quellen zurück: Sie berichten mit Reportern von vor Ort, befragen Experten oder verweisen auf Recherchen anderer Medien. Zudem verifiziert ein Faktencheck-Team kursierende Aufnahmen und Informationen.

Warum werden dennoch Aussagen der Konfliktparteien zitiert?

Das ZDF ist in seiner Berichterstattung dem Grundsatz der Ausgewogenheit verpflichtet. Dazu gehört, grundsätzlich beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Gleichzeitig sehen wir es als unsere Aufgabe an, Aussagen auf Grundlage der vorliegenden Informationen einzuordnen und darüber hinaus - beispielsweise in Faktenchecks - Propaganda auch als solche zu entlarven und kenntlich zu machen.

Warum ist häufig von "mutmaßlich" die Rede?

Die Sorgfalt und Ausgewogenheit, denen das ZDF verpflichtet ist, beinhalten auch, sachliche Unwägbarkeiten transparent zu machen und Vorverurteilungen zu vermeiden. Ist ein Sachverhalt nicht eindeutig bewiesen, muss diese Unsicherheit offengelegt werden. Das geschieht in der Regel durch Formulierungen wie "mutmaßlich" oder "offenbar". Damit wird klar, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse davon ausgegangen wird, dass sich ein Ereignis so zugetragen hat wie dargestellt, die letzte Gewissheit allerdings (noch) fehlt.

Das gilt zum Beispiel auch bei der Berichterstattung über Gerichtsprozesse: Eine Person gilt so lange als "mutmaßlicher Täter", bis ein Gericht ein rechtskräftiges Urteil gesprochen hat.

  • Bei der ersten Klausurtagung des Bundeskabinetts auf Schloss Meseberg ist der Ukraine-Krieg das zentrale Thema. Bundeskanzler Olaf Scholz hat dort den Regierungschefinnen Finnlands und Schwedens, Sanna Marin und Magdalena Andersson, die Unterstützung Deutschlands signalisiert, sollten beide Länder einen Beitritt in die Nato beantragen wollen.
  • Papst Franziskus hat nach eigenen Angaben um ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau gebeten, um sich für ein Ende des Krieges einzusetzen. Er habe aber keine Antwort erhalten, sagt das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche der italienischen Zeitung "Corriere Della Sera". Der Papst äußert sich auch zur Rolle des Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill: Dieser könne "nicht Putins Messdiener werden".
  • Der Außenbeauftragte der Europäischen Union (EU), Josep Borrell, erwartet bei der anstehenden Sanktionsrunde des Staatenbundes ein Ölembargo gegen Russland. Er hoffe, dass die EU in der Lage sein werde, Russlands Energieexporte deutlich zu begrenzen, sagt Borrell. Bisher gebe es noch keine Einigung zwischen allen Mitgliedern.
  • Die Slowakei und Ungarn wollen sich einem möglichen Ölembargo der EU gegen Russland nicht anschließen. Beide Länder teilten am Dienstag mit, sie würden derartige Sanktionen wegen des Kriegs in der Ukraine nicht unterstützen. Man sei zu abhängig von den russischen Lieferungen und es gebe keine unmittelbar verfügbaren Alternativen.

Ukraine: Hier können Sie spenden

Quelle: ZDF
Wenn Sie helfen wollen, können Sie das durch eine Spende tun. Alle Informationen hierzu im Überblick.

Wie arbeitet das Aktionsbündnis?

Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.

Das war an Tag 68 passiert:

Erneut hatte es in einer russischen Rüstungsfabrik gebrannt. Dabei waren zwei Menschen gestorben, wie russische Behörden mitteilten. Lesen Sie hier, was am Montag passiert ist:
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Quelle: dpa, AFP, AP, Reuters

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