: "Grüne" Atomkraft: Wien zieht vor EuGH

10.10.2022 | 20:01 Uhr
Wegen der Pläne der EU, die Atomkraft als klimafreundlich einzustufen, zieht Österreich vor den Europäischen Gerichtshof. Luxemburg will sich der Klage anschließen.
Französisches AKW in Flamanville Quelle: Charly Triballeau/AFP/dpa
Österreich hat beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Klage gegen die mögliche Einstufung von Atomkraft und Gas als klimafreundlich eingereicht. Das gab Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) in Wien bekannt.
Sie unterstütze grundsätzlich die sogenannte Taxonomie der Europäischen Union, mit der nachhaltige Energieformen klassifiziert werden.
Wogegen ich mich aber mit aller Kraft wehre, ist der Versuch, über eine Hintertüre (...) Atomkraft und Gas grün zu waschen.
Leonore Gewessler (Grüne, österreichische Klimaschutzministerin

Ab 2023 sollen Atomkraft und Gas als klimafreundlich gelten

Bereits voriges Jahr wurde entschieden, unter anderem die Stromproduktion mit Solarpaneelen, Wasserkraft oder Windkraft als klimafreundlich einzustufen. Ab Januar 2023 sollen auch bestimmte Gas- und Atomkraftwerke als klimafreundlich klassifiziert werden können.
Die Aufnahme in die Taxonomie soll Unternehmen und Bürgern dabei helfen, nachhaltige Projekte zu identifizieren und in diese zu investieren.

Wien: Risiken von Atomkraft unkalkulierbar

Die österreichische Klage gegen die EU-Kommission stützt sich auf inhaltliche und rechtliche Argumente. Laut der EU-Taxonomie dürfe eine nachhaltige Energieform zu keinen schweren Umweltproblemen führen, so Gewessler. Dies sei bei Atomkraft jedoch der Fall.
"Sie ist mit unkalkulierbaren Risiken verbunden", sagte sie und verwies auf die Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima, sowie auf die Sorgen um das russisch besetzte AKW Saporischschja in der Ukraine.

Luxemburg springt Österreich bei

Österreich betreibt keine AKW. Das Verbrennen von Erdgas setze Unmengen an CO2 frei, argumentierte Gewessler weiter. Außerdem habe die EU-Kommission ihre Kompetenzen überschritten. Diese weitreichende politische Entscheidung zur Atomkraft stehe der Kommission nicht zu.

Das EU-Parlament hat die Einstufung von Gas- und Atomenergie in der EU als umweltverträglich gebilligt.

06.07.2022 | 01:29 min
Die Regierung in Luxemburg kündigte unterdessen an, Österreich bei der Klage zu unterstützen. Konkret hieß es, Luxemburg werde einen Antrag auf Streithilfe einreichen. Nachdem dieser zugelassen werde, könne Luxemburg seine Argumente gegen die sogenannte Taxonomie bei dem Verfahren mit einbringen.

Auch SPD-Abgeordneter verklagt EU-Kommission

Ebenfalls am Montag klagte der SPD-Europaabgeordnete René Repasi vor dem EuGH gegen den Taxonomie-Rechtsakt. Auch er argumentierte, die EU-Kommission habe ihre Kompetenzen überschritten.
Eine so politische Frage dürfe nicht "über den Umweg technischer Rechtssetzung" getroffen werden. Vielmehr müsse sich das von den EU-Bürgern gewählte Europaparlament ausführlich mit einer Frage solcher Tragweite befassen.
Quelle: dpa

Thema