: Trittin: Ärmere Länder gucken "in die Röhre"
06.10.2022 | 10:24 Uhr
Grünen-Außenexperte Trittin spricht sich dafür aus, eine klare europäische Linie in Sachen Energiepolitik zu fahren. Wichtig sei vor allem, den Gasverbrauch jetzt zu senken.
Jürgen Trittin, Bündnis 90/Die Grünen, spricht sich gegen einen Gaspreisdeckel aus: Das Gas kauften dann andere und die "eurozentristische Debatte" der Europäer gehe zu Lasten ärmerer Länder.
06.10.2022 | 05:22 minVor dem europäischen Gipfel in Prag hat sich der außenpolitische Sprecher der Grünen, Jürgen Trittin, im ZDF Morgenmagazin klar für ein gemeinsames europäisches Vorgehen in der Energiekrise ausgesprochen.
Trittin fordert gemeinsames Vorgehen in Europa
Es müssten Regeln gefunden werden, um beispielsweise zusammen Gas zu kaufen, sagte Trittin mit Blick auf das an diesem Donnerstag beginnende Treffen von bis zu 44 europäischen Staats- und Regierungschefs.
Die Regierungschefs von mehr als 40 europäischen Ländern werden heute zum EU-Treffen in Prag erwartet.
06.10.2022 | 02:43 minVor einer Preisobergrenze für Gasimporte, wie sie auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ablehnt, warnte Trittin. Russlands Präsident Wladimir Putin habe den Importstopp der EU vorweggenommen, dadurch sei ein Fünftel der weltweiten Gasmenge vom Markt genommen, sagte Trittin.
Da der Bedarf nicht gesunken sei, gingen die Preise nun durch die Decke.
Welche Gefahren birgt ein Preisdeckel für Gas?
Wenn die EU sage, sie kaufe nur zu einem bestimmten Preis, klinge das zwar zunächst nach einer charmanten Idee - "auf der anderen Seite verkennt sie aber, dass dann möglicherweise dieses Gas anderswo verkauft wird". Möglicherweise werde Europa dann gar kein Gas mehr bekommen, sagt Trittin. Er zeigte sich zugleich optimistisch, dass auf dem Prager Gipfel eine Einigung erzielt werden könne.
Allerdings forderte der Außenexperte auch ein Ende der "eurozentristischen Debatte" zur Energieversorgung. Was Europa gerade mache, sei "auf den Weltmärkten alles Gas zu jedem Preis zu kaufen", sagte Trittin weiter.
Und wer guckt da in die Röhre? Das sind ärmere Länder.
So habe es zum Beispiel den Fall gegeben, dass Gastanker auf dem Weg nach Asien nach Europa umgeleitet worden seien, "schlicht, weil die Deutschen und die Europäer mehr bezahlen."
Trittin: Deutschland besonders naiv
Zudem habe der Anschlag auf die Nord Stream Pipelines die Verletzlichkeit Europas in Sachen Energiepolitik deutlich gemacht. Besonders Deutschland sei bislang naiv gewesen. "Wir bekommen heute 70 Prozent unseres gesamten Primär-Energiebedarfs von außerhalb. Und das führt zu einer Abhängigkeit von Infrastruktur."
Aus all diesen Gründen sei es nun nötig, neue Mechanismen zu entwickeln. Das wichtigste sei jetzt, weniger Gas zu verbrauchen.
Der Gasverbrauch muss runter.
Das Treffen der Staats- und Regierungschefs der neuen Europäischen Gemeinschaft ist das erste in diesem Format. Auf einen Vorschlag von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hin, nehmen in Prag neben den 27 EU-Mitgliedstaaten auch die Staats- und Regierungschefs einer Reihe weiterer europäischer Staaten wie Großbritannien oder der Türkei teil.
Man wolle auf dem Gipfel in Prag "einen großen Traum beginnen", die Botschaft eines geeinten Europas an Amerika und China sowie auch ein "Signal nach Moskau" senden, so ZDF-Korrespondent Ulf Röller.
06.10.2022 | 03:03 minNicht zuletzt sei dieses Treffen der Versuch, "das mit einem Stück Pflaster zu versehen, was Großbritannien sich mit dem Brexit selber zugefügt hat", sagt Trittin im ZDF.
Man muss ja irgendeine Kompensation dafür finden, dass die Briten auf einem esoterischen Trip ins Jenseits sind.
Auf der Agenda des Austauschs stehen die Themen Energie, Klima, der Krieg in der Ukraine sowie Sicherheitsfragen.
Quelle: ZDF, AFP, Reuters