: EU einigt sich auf Kompromiss bei Öl-Embargo

31.05.2022 | 06:34 Uhr
Das Öl-Embargo der EU soll kommen - aber mit Einschränkungen. Die Mitgliedsstaaten haben sich auf einen entsprechenden Beschluss geeinigt. Druck kam dabei von Ungarn.

Den 27 EU-Mitgliedsstaaten ist ein Stück Einigkeit gelungen. Der Beschluss: Vorerst werden russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbunden, nicht aber Transporte per Pipeline.

31.05.2022 | 04:26 min
Die EU-Staaten haben sich im Streit um das geplante Öl-Embargo gegen Russland auf einen Kompromiss verständigt. Mehr als zwei Drittel der russischen Öl-Lieferungen in die EU sollen von dem Einfuhrverbot betroffen sein, wie EU-Ratspräsident Charles Michel in der Nacht zum Dienstag während eines Gipfeltreffens in Brüssel mitteilte.
Auf Drängen Ungarns hin sollen vorerst nur russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbunden werden, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Nacht zum Dienstag nach Beratungen mit den Staats- und Regierungschefs in Brüssel bestätigte. Per Pipeline erfolgende Transporte werden zunächst weiter möglich sein.

Russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbinden

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach dennoch von einschneidenden Sanktionen gegen Russland. Laut von der Leyen werden die Öl-Importe der EU aus Russland trotz der Ausnahme für Pipeline-Lieferungen bis Ende des Jahres um rund 90 Prozent reduziert.
Hintergrund dieser Zahl ist, dass Deutschland und Polen bereits deutlich gemacht haben, dass sie nicht von der Ausnahme für Pipeline-Öl profitieren wollen. Beide Länder sind wie auch Ungarn, Tschechien und die Slowakei an die einzige aus Russland kommende Pipeline angeschlossen. In Deutschland versorgt die "Druschba" (Freundschaft) genannte Leitung bislang die großen ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna. Insgesamt kommt bislang ein Drittel der russischen Ölimporte über die "Druschba", zwei Drittel werden über den Seeweg transportiert.
Nach der politischen Grundsatzeinigung auf das Paket beim Gipfel soll der förmliche Sanktionsbeschluss am Mittwoch auf den Weg gebracht werden. Er muss im schriftlichen Verfahren oder von einem Ministerrat getroffen werden. Denkbar ist auch, dass es noch einmal Verzögerungen gibt, weil beim Gipfel noch nicht alle Details verhandelt wurden.

Sanktionen gegen Bank und Fernsehsender

Ungarn hatte vor dem Durchbruch beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel wochenlang auf seine große Abhängigkeit von russischem Öl verwiesen und eine Einigung auf ein Embargo blockiert. Relevant war das auch deswegen, weil es Teil eines ganzen Sanktionspaketes ist. Dieses sieht auch vor, die größte russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. Zudem sollen der staatliche Fernseh-Nachrichtensender Russia 24 (Rossija 24) sowie die ebenfalls staatlichen Sender RTR Planeta und TV Centre in der EU verboten werden.
Unklar blieb zunächst, welche Zugeständnisse Ungarn abgesehen von der Ausnahmeregelung für Pipeline-Öl bekam. Der rechtsnationale Regierungschef Viktor Orban hatte Garantien für den Fall verlangt, dass zum Beispiel wegen eines Anschlags kein Pipeline-Öl mehr nach Ungarn geliefert werden kann.

EU beschließt Finanzhilfen für Ukraine

Wie Michel außerdem mitteilte, will die EU der Ukraine weitere Finanzhilfen von bis zu neun Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Mit dem Geld soll die Ukraine laufende Kosten etwa für Rentenzahlungen und den Betrieb von Krankenhäusern decken können. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen stehen die genauen Formalitäten noch nicht fest, voraussichtlich wird das Geld in Form niedrigverzinster Langzeitkredite fließen.
Der Internationale Währungsfonds geht davon aus, dass die Ukraine Hilfen von rund fünf Milliarden Dollar pro Monat braucht, um das Funktionieren der Regierung und wichtiger staatlicher Institutionen zu gewährleisten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beziffert die Summe, um die wirtschaftlichen Verluste der Ukraine auszugleichen, auf rund 6,5 Milliarden Euro monatlich. Hinzu kämen Hunderte Milliarden für den Wiederaufbau.

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Quelle: ZDF
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Quelle: dpa, AFP

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