: Rentenreform: Hunderttausende bei Protesten

29.03.2023 | 01:06 Uhr
In Frankreich haben laut Behörden Hunderttausende gegen die geplante Anhebung des Rentenalters demonstriert. Bei einigen Protestaktionen kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei.
In Frankreich sind nach offiziellen Angaben Hunderttausende Menschen gegen die umstrittene Rentenreform auf die Straße gegangen. Das Innenministerium sprach am Dienstag von landesweit 740.000 Demonstrantinnen und Demonstranten. Dabei seien 175 der rund 13.000 Polizisten und Gendarmen, die am Dienstag im Einsatz gewesen seien, verletzt worden, schrieb Innenminister Gérald Darmanin in der Nacht zu Mittwoch auf Twitter. 201 Menschen seien nach einer vorläufigen Bilanz festgenommen worden.
Am vergangenen Donnerstag gingen noch deutlich mehr Menschen auf die Straße. Dem Innenministerium zufolge waren es knapp 1,09 Millionen, laut CGT 3,5 Millionen.

Gewerkschaft: Zahl der Demonstranten geht zurück

In einer Hinsicht war Entspannung in Sicht: Müllwerker in Paris kündigten an, ihren seit drei Wochen andauernden Streik auszusetzen. In den Straßen der französischen Hauptstadt türmt sich inzwischen nicht abgeholter Abfall. Die zuständige Gewerkschaft CGT erklärte, die Beschäftigten nähmen am Mittwoch die Arbeit wieder auf, "denn wir haben kaum noch Streikende". Die CGT meldete auch einen Rückgang bei der Zahl der Demonstranten in Paris.
Die landesweiten Proteste begannen am Dienstagmorgen zunächst friedlich. In Paris blockierten streikende Bahnbeschäftigte mit brennenden Fackeln und Flaggen die Gleise an einem der wichtigsten Bahnhöfe, dem Gare de Lyon. Der Eiffelturm blieb am Dienstag wegen des Streiks für Besucher geschlossen, wie auf der Website mitgeteilt wurde. Im Verlauf des Tages nahmen die Spannungen zu.

Frankreichs Innenminister warnt vor "radikalen" Randalierern

In der westfranzösischen Stadt Nantes wurde die Polizei nach eigenen Angaben mit Gegenständen beworfen. Sie setzte Tränengas ein, um die Menge aufzulösen. Auch aus Paris, Rennes, Bordeaux und Toulouse gab es Meldungen über Ausschreitungen.
Innenminister Darmanin warnte, mehr als 1.000 "radikale" Unruhestifter, teils aus dem Ausland, könnten sich geplanten Protestmärschen anschließen. Ihre Ziele hätten nichts mit der Rentenreform zu tun, sie wollten vielmehr die republikanischen Institutionen destabilisieren.

Geplante Erhöhung von Rentenalter sorgt für Proteste

Gewerkschaftsführer und politische Gegner von Präsident Emmanuel Macron machen dessen Regierung für die gewaltsamen Proteste verantwortlich - Auslöser sei die geplante Rentenreform. Kritiker werfen zudem Polizeibeamten übermäßige Gewalt vor.
Die seit Januar andauernden Proteste richten sich gegen die geplante Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. An der Reform führt nach Meinung von Macron kein Weg vorbei. Weil sie die nötigen Stimmen für den Beschluss der Rentenreform in der Nationalversammlung nicht sicher hatte, umging die Regierung ein Votum, indem sie einen Sonderartikel der Verfassung nutzte.

Regierung lehnt Verschiebung von Reform ab

Die Folge waren nicht nur Proteste der Opposition, sondern auch zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung, die allerdings scheiterten. Dadurch gilt die Reform als verabschiedet. Damit sie in Kraft tritt, muss nur noch der Verfassungsrat zustimmen.
Gewerkschaftsführer Laurent Berger rief dazu auf, die Umsetzung der Reform auszusetzen und in eine Vermittlung einzutreten, um die Lage zu beruhigen. Regierungssprecher Olivier Véran wies den Vorstoß zurück. Damit Gewerkschaften und Regierung miteinander redeten, sei keine Vermittlung nötig, sagte er.
Quelle: AP, dpa, Reuters

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