: Schröder klagt gegen den Bundestag
12.08.2022 | 13:17 Uhr
Im Mai hatte der Bundestag Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) seine Sonderrechte entzogen. Nun hat er Klage dagegen beim Berliner Verwaltungsgericht eingelegt.Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verklagt den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Schröder verlangt, dass ihm wieder ein Altkanzler-Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, wie sein Hannoveraner Rechtsanwalt Michael Nagel am Freitag mitteilte. Er hat in Schröders Auftrag eine entsprechende Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Die Klage ging inzwischen beim Verwaltungsgericht Berlin ein, wie ein Gerichtssprecher bestätigte.
Der Beschluss des Bundestags-Haushaltsausschusses, Schröder die Mittel für die Ausstattung seines Büros im Bundestag zu streichen und das Büro auf ruhend zu stellen, sei rechtswidrig, heißt es in einer Erklärung der Anwaltskanzlei.
Streit über "nachwirkende Dienstpflichten"
Es werde "behauptet, Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder nehme die sog. "nachwirkenden Dienstpflichten" nicht mehr wahr". Dabei sei jedoch weder festgelegt, was "nachwirkende Dienstpflichten" seien, noch, welches Vorgehen es dabei einzuhalten gebe, argumentiert Schröders Anwalt.
Dem ganzen Vorgang stehe "auf die Stirn geschrieben, dass andere Gründe, als die anhand der "neuen Regeln" vorgegebenen, für die Entscheidung des Haushaltsausschusses maßgeblich waren", so die Erklärung weiter. Schröders Hannoveraner Anwalt vertrat unter anderem auch den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU).

Gerhard Schröder wird wegen seiner Nähe zum Kreml auch parteiintern kritisiert. Anträge, den Altkanzler als Mitglied auszuschließen, hat eine Schiedskommission abgelehnt.
08.08.2022 | 02:55 minBundesregierung reagiert gelassen
Die Bundesregierung reagiert gelassen auf die Klage des Altkanzlers. "Grundsätzlich steht in einem Rechtsstreit der Rechtsweg jedem offen", sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Ähnlich reagiert Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP): "Ich halte zwar die Erfolgswahrscheinlichkeit der Klage Gerhard Schröders gegen den Deutschen Bundestag für extrem gering", sagt der stellvertretende FDP-Vorsitzende.
Dies aber gerichtlich überprüfen zu lassen, ist sein gutes Recht.
Kritik aus mehreren Parteien
Anders sieht das der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae: "Der Haushaltsausschuss hat Gerhard Schröder völlig zu Recht Leistungen für Büro und Mitarbeiter-Stellen entzogen." Die Amtsausstattung sei dafür gedacht, dass Bundeskanzler auch nach ihrer Amtszeit Aufgaben für das Land wahrnehmen könnten. Der FDP-Politiker betont:
Bei Herrn Schröder ist das genaue Gegenteil der Fall, er agiert klar gegen die Interessen Deutschlands.
Kritik auch aus der CSU
Kritik kommt auch aus der CSU. "Gerhard Schröder hat jedes Gespür für Anstand verloren", schreibt Generalsekretär Martin Huber schrieb auf Twitter.
Als Putin-Lobbyist vertritt er definitiv keine deutschen Interessen. Dafür will er Sonderrechte auf Kosten des Steuerzahlers? Dreist!
Huber kritisiert weiterhin, dass Schröder bei der SPD trotz allem "weiterhin willkommen" sei und spielt damit auf das SPD-Parteiordnungsverfahren an, in dem jede Sanktion gegen Schröder trotz seines Engagements für russische Energiefirmen und seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin abgelehnt wurde.
FDP fordert klare Regeln für Sonderrechte
Sowohl Wolfgang Kubicki als auch Stephan Thomae von der FDP kritisieren die unklaren Regeln bei der Laufzeit der Sonderrechte von Altkanzlern. Thomae schlägt vor: Die Mittel sollten mit den Jahren reduziert werden. Auch Kubicki ist für klare Leitlinien für die Nachlaufbüros der Bundeskanzler:
Eine zeitlich befristete Regelung analog derer der Bundestagspräsidenten wäre sinnvoller.
Kubicki ergänzt: "Es würde auch noch einmal verdeutlichen, dass in der Bundesrepublik nicht die Bundesregierung die maßgeblichen politischen Entscheidungen trifft, sondern das Parlament."
Massive Kritik an Schröders Putin-Nähe
Der Altkanzler steht wegen seines Engagements für russische Energiefirmen und seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik. Der Haushaltsausschuss hatte die teilweise Streichung von Schröders Privilegien aber ausdrücklich nicht mit dessen Arbeit für die Energiefirmen oder seiner Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet.
Vielmehr solle die "Ausstattung ehemaliger Kanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgen", heißt es in der Regelung. Offenbar konnten die Parlamentarier diese bei Schröder nicht erkennen. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Sein Ruhegehalt in Höhe von 8.300 Euro erhält Schröder auch nach dem Beschluss ebenso weiter wie den Personenschutz sowie den Fahrdienst.
Quelle: dpa, AFP