: Die Großen unter sich

von Cornelius Janzen
24.06.2022 | 13:51 Uhr
Die G7-Gipfel sind zum globalen Medienereignis geworden. Dass sie einst als Kamintreffen von Staats- und Regierungschefs im kleinen Kreis begannen, gerät dabei in Vergessenheit.

1976 kam die Gruppe der Sieben das erste Mal in Puerto Rico zusammen. In welchem Kontext fand dieses "Kamin-Treffen" statt? Und mit welchem Ziel?

27.06.2022 | 06:07 min
Ein bayerisches Schloss im Zentrum der Weltpolitik: Rund 18.000 Polizist*innen werden beim G7-Gipfel in Schloss Elmau im Einsatz sein. Geschätzte Kosten: rund 170 Millionen Euro. Kaum zu glauben, dass dieses globale Medienereignis einst als Kamintreffen im kleinen Kreis der sechs großen Industrienationen Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, USA und Japan begann.

1975: Erstes Treffen im französischen Schloss Rambouillet

1975 treffen sich deren Staats- und Regierungschefs im französischen Schloss Rambouillet das erste Mal. Das Treffen: eine Reaktion auf die Ölpreis-, Währungs- und Finanzkrise der 1970er Jahre. Initiiert vom deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt und dem französischen Präsidenten Valery Giscard d’Estaing.
Das Neue ist, dass hier ein informeller Gesprächskreis entsteht, der abgeschieden von der Öffentlichkeit die Spitzenpolitiker der Zeit vereint.
Frank Bösch, Historiker und Direktor Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Frank Bösch sagt weiter: "Dass die Regierungschefs selbst die wirtschaftlichen Probleme in die Hand nehmen und sich auch so inszenieren, dass sie die eigentlichen Macher sind, die die Krise des Westens beheben, das war zentraler Ansatz dieser Gipfel."

Die Sicherheitsmaßnahmen für den anstehenden G7-Gipfel in Schloss Elmau laufen auf Hochtouren. In Garmisch-Partenkirchen bestimmen Polizisten und Absperrungen das Bild.

23.06.2022 | 02:01 min

1976: "Gruppe der Sieben" komplett

1976 treffen sich die Staatenlenker auf der Karibikinsel Puerto Rico - mit Kanada ist die "Gruppe der Sieben" nun komplett. Ab 1977 nimmt auch die Europäische Gemeinschaft teil. Energiepolitik ist Sicherheitspolitik: Dieses Bewusstsein entwickelt sich auf den Gipfeln. Ab 1979 richtet sich das Augenmerk von G7 verstärkt auf außenpolitische Fragen.
Während der Iran-Krise treffen sich vier der sieben Staats- und Regierungschefs auf Guadeloupe, verständigen sich über die Absetzung des Schahs. Nach dem Einmarsch der Sowjets in Afghanistan werden auf einem Gipfel 1980 in Venedig Sanktionen beschlossen. Schon damals entwickeln die Treffen ihre eigene Symbolkraft: 
Das berühmte Foto, das bei den G7 entsteht, wird oft als Medienspektakel abgetan. Dabei ist es oft die zentrale Botschaft. Dass die führenden Staatsmänner und Staatsfrauen zusammenstehen und Probleme angehen.
Frank Bösch, Historiker
Teilnehmer des G7-Gipfels 2015. Quelle: dpas

Ende des Kalten Krieges: G7 wird zu G8 mit Russland

Nach dem Ende des Kalten Krieges holen Helmut Kohl und Bill Clinton auch Russland mit ins Boot - trotz großer Widerstände. 1997 ist der russische Präsident Boris Jelzin in Denver mit dabei. Clinton schafft Fakten, nennt den Gipfel kurzerhand G8.
2006 lädt der russische Präsident Wladimir Putin zu einem G8 Treffen nach St. Petersburg. Die völkerrechtswidrigen Annexion der Krim führt 2014 jedoch zum Ausschluss Russlands.

Sendehinweis

Quelle: ZDF
"G7. Zukunft braucht Frieden" - Die Sondersendung von "nano" und "Kulturzeit" läuft am Montag, 27.6.2022, ab 18:30 Uhr bei 3sat.

Format erlebt Renaissance

G7 repräsentiert nur zehn Prozent der Weltbevölkerung. Die Kritik am kleinen Kreis westlicher Staatenlenker wächst. Und doch erlebt das informelle Format eine Renaissance. So will US-Präsdient Joe Biden auf dem diesjährigen Gipfel einen gemeinsamen China-Kurs festlegen.
Ich glaube, dass G7 zukunftsfähiger geworden ist, als man denkt. Denn mit der Zunahme autoritärer Staaten, dem Ukraine-Krieg oder dem Konflikt mit China ist es wichtig geworden, dass sich Regierungen untereinander absprechen.
Frank Bösch, Historiker
"Es bedarf innerhalb demokratischer Staaten eines kleinen Kreises, der bestimmte Abstimmungen macht, und selbst wenn ein G7 Staat populistisch wird wie unter Trump, ist es ein wichtiges Gremium, um hier auch wechselseitig eine gewisse Kontrolle auszuüben", sagt Bösch.

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