: Ifo: Ampel schwächelt bei Energiepolitik

24.11.2022 | 15:26 Uhr
Ifo-Präsident Clemens Fuest hat ein gemischtes Fazit zur bisherigen Regierungsarbeit der Ampel gezogen. Vor allem in der Energiepolitik schwächele die Koalition.
Vor einem Jahr hat die Ampel ihre Arbeit aufgenommen.Quelle: dpa
Die Ampel-Koalition hat nach Einschätzung des Präsidenten des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, in ihrem ersten Jahr im Amt zwar Erfolge im Kampf gegen die Energiekrise zu verzeichnen, aber auch Versäumnisse. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Fuest:
Die Ampel hat klare Umsetzungsschwächen gezeigt.
Clemens Fuest
Grundsätzlich würden zu viele Projekte übereilig angekündigt, ohne deren Folgen zu prüfen. Als Beispiel nannte der Top-Ökonom die Gasumlage, die eigentlich strauchelnde Gas-Importeure wie Uniper stabilisieren sollte, nach starker Kritik aber zurückgezogen wurde.

Ifo-Präsident: Ampel reagierte zu spät auf drohenden Gasmangel

In der Krise würden außerdem Riesenbeträge auf den Tisch gelegt, ohne wirklich zu wissen, wofür das Geld eingesetzt werden solle. "Das ist nicht der richtige Weg." Insgesamt sei zu spät auf die zwischenzeitlich drohende Gasmangellage reagiert worden.
Im März war klar: Wir müssen was tun beim Gas, das wird teuer.
Clemens Fuest, Präsident Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung
Sechs Monate sei dann aber zu wenig passiert. "In der Politik ist die Umsetzung ganz wichtig. Damit hat man sich zu spät beschäftigt." Schon im März hätte es Gespräche mit den Versorgern geben müssen.

Fuest: Regierung konnte schlimmste Szenarien abwenden

Fuest ergänzte, die schlimmsten Szenarien seien immerhin abgewendet worden. So seien die Gasspeicher gefüllt und neue Terminals für Flüssiggas stünden bereit. Das seien auch Erfolge der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, die seit Anfang Dezember 2021 regiert.
"Aber natürlich spielt die Temperatur eine Riesenrolle." Der warme Oktober habe die Lage verbessert. Bei fehlendem Gas hätte es zu einem nie dagewesenen Wirtschaftseinbruch von acht Prozent kommen können - deutlich mehr als in der globalen Finanzkrise oder in der Corona-Pandemie. An diesem Risiko habe die Ampel gearbeitet.
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Ampel schränke AKW-Weiterbetrieb unnötig ein

Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Spätwinter zu Rationierungen bei Gas kommen könne, sei dramatisch gesunken, so Fuest.
Wir müssen jetzt schon viel Pech haben und einen sehr, sehr kalten Winter, damit eine solche Gasmangellage überhaupt noch eintreten kann.
Clemens Fuest, Präsident Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung
Richtig sei es beispielsweise gewesen, die drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke über den Winter weiter laufen zu lassen. Die Option, diese Meiler aber noch länger zu nutzen, sei allerdings leichtfertig aus der Hand gegeben worden.

Welches Atomkraftwerk soll wie lange laufen? Diese umstrittene Frage hat heute der Bundestag geklärt. Die verbleibenden AKW dürfen dreieinhalb Monate länger in Betrieb bleiben.

11.11.2022 | 01:49 min

Warum Großbritannien ein warnendes Beispiel sein soll

Fuest sagte, die neuen Schulden in der Krise seien zu rechtfertigen. Allerdings sollte die Regierung genau wissen, wofür sie die Mittel einsetzen wolle und einen Fokus auf Investitionen legen. Fuest nannte Großbritannien als warnendes Beispiel:
In Großbritannien ist die Verlagerung von Lasten in die Zukunft beendet. Die Finanzmärkte machen nicht mehr mit.
Clemens Fuest, Präsident Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung
"Ich denke, wir sind noch ein Stück weg davon", so der Ökonom mit Verweis auf die niedrigere Schuldenquote und Deutschlands Glaubwürdigkeit am Kapitalmarkt. "Das sollte Deutschland nicht verspielen."
Quelle: Reuters

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